„Mülltrennung ist in Österreich heutzutage mehr oder weniger Allgemeingut“
Meine Frau kommt aus Brasilien. Das erlaubt mir, Dinge zu sehen, die man sonst nicht zu sehen bekäme. So kam ich bei meinem letzten Brasilienurlaub auf einer Kuhweide in der Nähe von Tres Rios im Norden der Provinz Rio de Janeiro zu stehen. Dort sah ich etwas, das mich zum Denken brachte. Eine leere Batterie, einfach weggeworfen auf einer Weide liegend.
Ich bin 1970 in Wörgl, Tirol auf die Welt gekommen. Die Straße vor unserem Haus war noch nicht asphaltiert und „Isolation“ hat man mit Seitentälern des Inntals im Winter und nicht mit Wärmedämmung beim Hausbau assoziiert. Unseren Müll haben wir in regelmäßigen Abständen in einem Loch im Wald versenkt. Das ist jetzt kein Scherz, sondern war damals unsere städtische Mülldeponie. Unseren ganzen Müll? Nein! Schon damals in den 70ern waren Batterien etwas anderes: Sondermüll! In meiner Erinnerung der erste Sondermüll überhaupt.
Heute, 40 Jahre später, ist Mülltrennung in Österreich mehr oder weniger Allgemeingut. Ich werde oft gefragt, ob es kulturelle Unterschiede zu Brasilien gibt. Mülltrennung ist einer. Wir tun Dinge automatisch (nicht). Das ist für mich einer der Gründe, warum Nachhaltigkeit wirtschaftlich relevant ist.
Wenn etwas Teil der Gesellschaft geworden ist, dann hat das seine Auswirkungen. Es gibt Regeln, die einzuhalten sind. Genauso ist das auch im nachhaltigen Bereich. Wir als Gesellschaft wollen Regelungen, wie mit Müll umzugehen ist. Wir wollen, dass uns Unternehmen Rechenschaft darüber ablegen, was mit Sondermüll wie Batterien passiert. Wenn Unternehmen da nicht mitspielen, werden sie bestraft. Direkt vom Staat, indirekt durch eine kritische Öffentlichkeit und den Konsumenten.
Ich wäre kein Optimist, wenn ich diesem Thema keine positive Note abgewinnen könnte. Nachhaltigkeit wird sehr oft als postmaterialistisches Thema gesehen. Frei nach Brecht: „Zuerst kommt das Fressen, dann die Moral!“. Brasilien hat heute ein ähnliches BIP pro Kopf wie Österreich 1970. Ich denke, es wird keine 47 Jahre brauchen, bis Nachhaltigkeit in Schwellenländern Teil der Gesellschaft sein wird.