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Brexit: Insellösung statt Gemeinschaftsprojekt? – Teil III

Brexit: Insellösung statt Gemeinschaftsprojekt? – Teil III
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Was uns die Finanzmärkte über den Brexit sagen

Der Austritt Großbritanniens aus der EU („Brexit“) wäre sowohl in wirtschaftlicher als auch politischer Hinsicht ein Mega-Ereignis, für Großbritannien ebenso wie für Europa und den Rest der Welt. Zwar handelt es sich beim Brexit nicht um das wahrscheinlichste Szenario (siehe dazu auch unseren ersten Blog-Beitrag dieser Serie), doch die Möglichkeit, dass es dazu kommt, lässt sich nicht ausschließen. Dies wirft die Frage nach der Reaktion der Finanzmärkte auf. In der heutigen Kolumne analysieren wir, welche Auswirkungen die Befürchtungen eines Brexit auf die Märkte bisher hatten, bzw. welche zukünftigen Entwicklungen zu erwarten sind.

Welche Finanzanlagen wären von einem Brexit betroffen?

Die einfache Antwort lautet: alle – in unterschiedlichem Ausmaß. An vorderster Front stünden natürlich britische Vermögenswerte, gefolgt von europäischen und schließlich dem Rest.

Laut einer regelmäßig aktualisierten Umfrage der britischen Bank Barclays ist bezüglich des britischen Pfund eine breite Mehrheit (mehr als 50%) an Investoren überzeugt, dass ein Brexit selbigen in Mitleidenschaft zöge. Eine geringere Mehrheit erwartet bei europäischen Risikoanlagen eine unterdurchschnittliche Performance, während die Meinungen bezüglich britischer Aktien und Unternehmensanleihen ausgewogen sind.

Der größte (relative) Gewinner nach Investorenmeinung wären Staatsanleihen, vor allem deutsche Bundesanleihen, die traditionell in Europa den Status eines „sicheren Hafens“ genießen; darüber hinaus gehen Anleger auch davon aus, dass britischen Staatsanleihen Schutz bieten…

Allerdings ist mit ziemlicher Gewissheit davon auszugehen, dass die Skepsis der Investoren gegenüber europäischen Finanzanlagen im Falle eines Brexit generell zunehmen würde und es zu einer Reallokation in andere Regionen, vor allem in die USA käme. Der US Dollar und US-Staatsanleihen – traditionell Gewinner in Zeiten gestiegenen Risikos – würden von Brexit profitieren…

Was sagen uns die Märkte?

Bisher haben sich die Brexit-Effekte vor allem auf die Währungsmärkte konzentriert. Das britische Pfund hat seit Mitte 2015 mehr als 10% gegenüber dem US-Dollar eingebüßt und ist seit Anfang 2016 die schwächste europäische Währung.

Die Tatsache, dass der Hauptreiber der Pfund-Performance vornehmlich die Unsicherheit hinsichtlich des Ausgangs des Referendums ist, lässt sich klar an der am Risk Reversal des Pfund/Dollar-Kurses für unterschiedliche Laufzeiten erkennen. (Der Risk Reversal definiert sich als implizite Volatilität von „aus-dem-Geld“-Kauf-Optionen minus der impliziten Volatilität von „aus-dem-Geld“-Verkauf-Optionen auf eine Basiswährung mit demselben Delta, d.h. mit derselben Sensitivität bezüglich des Kassakurses der Basiswährung).

Der Risiko Reversal begann im 4. Quartal 2015 nach unten zu drehen, als die Brexit-Debatte an Tempo gewann, zunächst über alle Laufzeiten hinweg (mit Ausnahme von ganz kurzen Laufzeiten). Im Februar, nachdem das Datum für das Referendum fixiert worden war (23. Juni 2016), beschleunigte sich der Verfall der 6M-Laufzeit (welche sich zu dem Zeitpunkt bereits über dieses Datum hinaus erstreckte), während die 1-Monats- und 3-Monats-Laufzeiten stabil blieben. Letztere fielen erst am 23. März signifikant, als sich auch für die Laufzeit das Eventrisiko eines negativen Volksentscheids auszuwirken begann.

Im Gegensatz dazu haben weder britische Staatsanleihen noch die Aktienmärkte bis dato eine starke Reaktion gezeigt. Während sich das Pfund nunmehr deutlich auf Krisen-Niveau befindet, ist die Renditedifferenz zwischen britischen Staatsanleihen und US Treasuries (10J) negativ, klar unter dem historischen Durchschnitt und auf dem niedrigsten Niveau seit 2006. Der Spread zum deutschen Bund liegt zwar über dem langjährigen Durchschnitt, doch fand dieser Anstieg lange Zeit vor der Brexit-Debatte statt und hat sich zuletzt auch kaum ausgeweitet.

Auch britische Aktien zeigten bisher noch keinerlei Schwäche gegenüber ihren internationalen Vergleichswerten. In den vergangenen Wochen verzeichneten britische Indizes gegenüber US-Indizes zwar Einbußen, doch gleichzeitig konnten sie Gewinne gegenüber kontinentaleuropäischen Indizes verbuchen. Der Bewertungsabschlag von britischen Aktien hat sich in den letzten 18 Monaten reduziert; gegenüber dem Kontinent werden sie derzeit sogar mit einer Prämie gehandelt.

Zusammenfassend kann man konstatieren, dass die Anleger derzeit anscheinend über den Währungsmarkt eine Hedging-Strategie zur Absicherung gegen das Ergebnis des Referendums verfolgen (oder aber auf ein bestimmtes Resultat wetten); gleichzeitig scheinen sie überraschend gelassen gegenüber den langfristigen Auswirkungen eines Brexit zu sein.

Das Abwärtspotenzial des britischen Pfund im Falle eines Brexit

Nach Monaten der Schwäche wird das britische Pfund nunmehr gegenüber dem US-Dollar auf Niveaus gehandelt, die man in den letzten 25 Jahren erst drei Mal beobachten konnte. Allerdings beträgt das Abwärtspotenzial gegenüber dem Tiefststand Mitte der 1980er (ca. 1,05) nach wie vor 25%.

Ein Blick auf den realen Wechselkurs legt die Annahme nahe, dass weiteres Abwärtspotenzial gegeben ist. Das derzeitige Niveau liegt etwa 8% unter dem langfristigen Durchschnitt, aber nur 4% unter dem Trendwert. Allerdings beträgt das Abwärtspotenzial bezogen auf die Tiefststände während der vergangenen Finanzkrise weitere 12-15%.

Ein anderer Zugang zur Währungsfrage ist es, den derzeitigen Wechselkurs des Pfunds als gewogenen Durchschnitt aus dem vom Markt erwarteten Kurs für den Fall des Brexit und jenen für den Fall des Bremain darzustellen. Als unmittelbare Implikation dieser Herangehensweise ergibt sich, dass – angenommen der Pfundkurs erholt sich kräftig falls Großbritannien bei der EU bleibt – der aktuelle Kurs auf ein weiteres signifikantes Abwärtspotenzial für den Brexit-Fall hindeutet. Wie massiv, ist schwierig einzuschätzen, da wir es mit einer Gleichung mit vier Variablen zu tun haben (momentaner Wechselkurs, Wechselkurs im Falle von Brexit und Bremain sowie die Wahrscheinlichkeit eines Brexit), von denen nur eine bekannt ist – womit viel Raum für Spekulation bleibt. Nichtsdestotrotz hilft die Modellierung dieser Beziehung dabei, ein Gespür für die Sensitivität des Pfundkurses zu entwickeln.

Unter der Prämisse beispielsweise, dass der Markt im Falle des Votums für den Verbleib in der EU von einem Anstieg des Pfunds bis zu seinem langfristigen Durchschnitt von USD 1,65 ausgeht und dass die Brexit-Wahrscheinlichkeit bei 40% liegt (also in etwa mittig zwischen den Meinungsumfragen und den Wettquoten), wäre bei Brexit zu erwarten, dass das Pfund unter 1,07 zum Dollar fiele. Es ist allerdings in Anlehnung an Anatole Kaletsky, der unlängst eine ähnliche Analyse durchführte (“The Case For Sterling”, Gavekal Research, 4. April), darauf hinzuweisen, dass das Pfund bei einem Kurs unterhalb von USD 1,10 die weltweit billigste Währung und „auch signifikant billiger als zu irgendeinem anderen Zeitpunkt seit dem Auseinanderbrechen des Bretton-Woods-Abkommens“ (Kaletsky) wäre.

Zusammenfassend lässt sich sagen, dass die Entwicklung der britischen Währung in den vergangenen Monaten größtenteils von Befürchtungen in Zusammenhang mit dem Referendum und dessen Ergebnis getrieben wurde. Die Schwäche des Pfunds zu einem Zeitpunkt, da ein Brexit nur eine entfernte Möglichkeit darstellt, ist ein Hinweis darauf, dass falls der Austritt Realität würde, von einer weiteren, deutlichen Korrektur auszugehen wäre.

Vor diesem Hintergrund ist die bisher verhaltene Reaktion der Aktienmärkte erstaunlich. Es wäre überraschend, wenn die Volatilität auf den britischen und europäischen Aktienbörsen nicht im Vorlauf zum Referendum anstiege – was auch das Thema unseres nächsten und zugleich letzten Blog-Beitrags in dieser Serie darstellt.

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