Das Corona Virus geht auch am Ölmarkt nicht spurlos vorüber. Innerhalb von nur 2 Wochen verzeichnete Öl seinen besten sowie seinen schlechtesten Tag dieses Millenniums.
Am 09.03. fielen die wichtigsten Öl-Benchmarks um über 35 Prozent, einen stärkeren Preisverfall hat man zuletzt zum Start des zweiten Golfkriegs gesehen. Am 20.03. stiegen die Preise um fast 24 Prozent – der stärkste Preisanstieg der je verzeichnet wurde.
Um zu verstehen was hinter der extremen Volatilität an den Ölmärkten steckt muss man sich die Besonderheiten des Erdöl-Markts vor Augen führen.
„Freier“ Markt
Im Gegensatz zu normalen Märkten, welche von Angebot und Nachfrage bestimmt werden, gibt es im Ölmarkt ein Kartell, welches versucht die Ölmärkte zu stabilisieren.
Die OPEC, mit Sitz in Wien, ist der Zusammenschluss erdölexportierender Länder, welcher sich zum Ziel setzt den Öl-Markt im Gleichgewicht zu halten. Erreicht wird dies vor allem durch freiwillige Produktionskürzungen – man verzichtet also auf einen Teil seiner möglichen Produktion um einen höheren Erdölpreis zu gewährleisten.
Doch die Macht der OPEC ist in den letzten Jahren geschwunden, weshalb man sich mit Russland zusammengetan hat, welche die Entscheidungen der OPEC „ratifiziert“ und auch ihrerseits Produktion-Kürzungen mitträgt.
Enter Corona
Beim Treffen der OPEC am 06.03. plädierte Saudi Arabien dafür, die bereits aktiven Produktions-Kürzungen von 2,1 Millionen Barrel pro Tag (b/d) auf 3,6 Mio. b/d zu erweitern. Als Grund wurde die sinkende Nachfrage im Zusammenhang mit der Corona-Krise genannt. Russland wollte nur die bestehenden Kürzungen in Höhe von 2,1 Mio. verlängern, bis die Auswirkungen des Virus auf die Wirtschaft besser absehbar seien.
Die unterschiedlichen Ansichten führten zur einer Verhärtung der Fronten und zur politischen Eskalation. Die bereits bestehenden Produktionskürzungen wurden aufgelassen, Russland und Saudi Arabien baten sich einen erbitterten Preiskampf und fluteten die Ölmärkte.
Dies ging einher mit einem Nachfrage-Rückgang den der Ölmarkt so noch nicht gesehen hat, der Bedarf nach dem „schwarzen Gold“ ließ aufgrund der Corona- Maßnahmen rasant nach. Dies führte zu einer äußerst prekären Lage am Ölmarkt – steigendes Angebot bei sinkender Nachfrage. Erdölpreise fielen innerhalb von nur 16 Tagen um über 50 Prozent.
The Art of the Deal
Sowohl Saudi Arabien als auch Russland können einen Preiskampf über längere Zeit aufrecht erhalten und auch niedrige Preise lange überdauern.
Am stärksten trifft der niedrige Öl-Preis die USA. Der Schiefergas Boom machte diese zum größten Erdöl-Produzenten der Welt, allerdings rentiert sich die komplexe Extraktion erst ab Preisen von ~ 45 US-Dollar pro Barrel. Viele Schiefergas-Bohrtürme müssen bei niedrigen Ölpreisen aufgelassen werden, tausende Jobs in der Erdöl-Branche könnten verloren gehen.
Dies rief auch US-Präsident Donald Trump auf den Plan, welcher ankündigte, in den Disput zwischen Russland und Saudi Arabien einzuschreiten, wenn dieser unvermindert weiterginge. Die Ankündigung allein reichte aus um den Erdölpreis zum höchsten Tages-Plus in seiner Geschichte zu verhelfen, am 20.03. stieg der Preis der amerikanischen Sorte WTI um fast 24 Prozent. Telefonate mit Vladimir Putin und Mohamad Bin Salman führten tatsächlich zur einer Aufweichung der Fronten, die OPEC kündigte ein Notfalls-Meeting am 09.04. an.
Ein Oster-Wunder?
In Verhandlungen welche sich als schwierig herausstellten und bis Oster-Sonntag andauerten, einigten sich die OPEC auf Produktionskürzungen von 9,7 Mio. b/d. Zusätzlich wollen auch andere G-20 Staaten (bspw. USA, Kanada, Brasilien, Norwegen) die Produktion reduzieren, ohne genaue Zahlen zu nennen.
Während der Ölpreis auf Nachrichten der Einigung erst fast 8 Prozent ansprang schloss er mit -1 Prozent im negativen Bereich, was die kritische Haltung der Marktteilnehmer bezüglich der Erdöl-Nachfrage wiederspiegelt.
Trotz Fridays for Future, Green New Deals und Zusagen von Politikern, die Welt grüner zu machen ist der Erdöl-Verbrauch in den letzten Jahren weiterhin konstant gestiegen.
Die Corona-Krise führt momentan dazu, dass viele Geschäftsreisen als Videokonferenzen abgehalten werden und mehr Menschen von daheim aus arbeiten. Beides gut für die Umwelt, Klima-Initiativen wie das 2 Grad Ziel des Pariser Klimaabkommens scheinen endlich in greifbarer Nähe.
Wenn wir einige im Corona-Virus gelernte Gewohnheiten beibehalten, können wir es schaffen unsere Abhängigkeit von Mineralöl zu reduzieren.
Aus der Krise lernen, die Welt würde es uns danken. In diesem Sinne: Hallelujah!
Unser Dossier zum Thema Coronavirus mit Analysen: https://blog.de.erste-am.com/dossier/coronavirus/
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