Erste Asset Management Blog

Ein etwas anderer Blick auf Russland

Ein etwas anderer Blick auf Russland
© iStock.com

Alexandre Dimitrov, Senior Fondsmanager des Russland-Aktienfonds der Erste Asset Management fasst seine persönlichen Eindrücke die er in Moskau bei einer Investorenkonferenz Ende Oktober gemacht hat zusammen. Das Bild ist überraschend positiv….

Alexandre Dimitrov, Senior Fondsmanager

Herr Dimitrov, Sie kommen gerade aus Moskau von einer Investorenkonferenz zurück. Welche Eindrücke haben Sie mitgebracht?

Dimitrov: Ich habe mit vielen russischen Unternehmen Einzelgespräche geführt, auch mit Aktienanalysten und Volkswirten. Bemerkenswert ist, dass die gewonnenen Eindrücke ziemlich konträr zur internationalen Nachrichtenlage über Russland sind. Es ist fast so, als ob ich ein ganz anderes Land besucht hätte als das Russland das in unseren Medien dargestellt wird. Ich bin seit mehr als 15 Jahren als Fondsmanager für russische Aktien tätig und ich kann Ihnen sagen: so eine Diskrepanz habe ich bisher noch nicht erlebt. Und mit dieser Meinung bin ich nicht alleine.

Das Land hat eine schlechte Presse, aber der russische Aktienmarkt zählt mit einem Plus von rund 30% weltweit zu den besten Börsen in diesem Jahr. Das Marktrisiko, also die Volatilität, befindet sich auf dem historischen Tief, und die Ratingagentur Fitch hat unlängst den Ausblick für Staatsanleihen von negativ auf stabil hinaufgestuft. Daher ist die berechtigte Frage: Was ist da los, wie kommt es zu dieser Diskrepanz? Und noch wichtiger – was können wir als Aktieninvestoren und Kapitalmarktteilnehmer mittel- bis langfristig erwarten?

Könnte man nicht sagen, dass die Investoren die offensichtlich schwierigen wirtschaftlichen Rahmenbedingungen ignorieren?

Dimitrov: Nein, denn die Schwächen der russischen Wirtschaft sind weithin bekannt. Jeder weiß, dass der Verwaltungsapparat schwach und die staatliche Kontrolle der Unternehmen hoch ist. Auch die nach wie vor ausgeprägte Korruption ist ein großes Thema. Investoren ist natürlich klar, dass die für die russische Volkswirtschaft relevanten Rohstoffpreise im Durchschnitt um mehr als dreißig Prozent seit den Höchstständen im März 2011 gefallen sind. Und last but not least gibt es wenig Zweifel daran, dass die aufgrund der Ukraine-Krise eingeführten Sanktionen aller Wahrscheinlichkeit noch eine lange Zeit aufrecht bleiben werden.

Alles zusammen ist zugegebenermaßen nicht rosig. Aber Investoren sehen gleichzeitig die positiven Entwicklungen, die der breiteren Öffentlichkeit hier nicht so bekannt sind.

Sie haben sicher Beispiele?

Dimitrov: Besonders hervorstechend ist die Zentralbankpolitik – und zwar sowohl die Geld- und Währungspolitik als auch die Bankenregulierung. Aus Sicht der monetären Politik ist Russland eigentlich ein Musterschüler: Seit 2014 wird eine flexible Währungspolitik gefahren, die die externen Schocks mildert. Gleichzeitig ist die Währung frei konvertierbar, es gibt keinerlei Einschränkungen oder Kapitalkontrollen was den Rubel betrifft. Heutzutage dürfen Sie als Anleger russische Aktien und Anleihen von überall auf der Welt handeln und zu jeder Depotbank ihrer Wahl transferieren lassen.

Aber auch als Regulator ist die Zentralbank effektiv: Das Bankensystem wird im Rekordtempo saniert. Seit 2014 haben mehr als 100 Banken ihre Lizenz wegen undurchsichtiger Transaktionen und einer zu geringen Eigenkapitalausstattung verloren.

Die unabhängige monetäre Politik trägt bereits Früchte. Die Inflation ist bereits auf das Niveau gesunken wie vor der Ukraine-Krise und wird voraussichtlich in den nächsten Jahren weiter fallen. Die Bruttoauslandsverschuldung wurde seit Ende 2013 um ganze 218 Milliarden US-Dollar reduziert (auf geschätzte 510 Milliarden US-Dollar per Ultimo 2015). Eigentlich ist und bleibt Russland ein Kapital-„Exporteur“, d.h. die Staatsverschuldung ist nicht das Problem.

Das erklärt wohl, warum Frau Nabiullina, die Gouverneurin der russischen Zentralbank, 2015 von Euromoney während der IMF-Jahrestagung als Best Central Gouverneur ausgezeichnet wurde. Aber gibt es auch neben der Zentralbankpolitik weitere Erfolgsmeldungen?

Dimitrov: Zwei wichtige Erfolge sind zu erwähnen. Erstens, die fiskalpolitischen Reformen aus den 2000er-Jahren, die nach wie vor wirksam sind. Die Einführung einer Flat-Tax im Bereich der allgemeinen Einkommensteuer und die progressive Besteuerung des Ölsektors haben bewirkt, dass der Staat Geldreserven anhäufen konnte und gleichzeitig die Unternehmen trotz niedriger Rohstoffpreise höchst profitabel blieben.

Und aus der jüngsten Zeit: Im jährlichen „Ease of Doing Business“ Bericht der Weltbank findet sich Russland 2016 auf Platz 51 (2015 auf 54), etwa vor Israel und der Türkei. Und wenn sie sich die Bewertungen im Detail anschauen, werden sie staunen. Bei der Registrierung von Grundeigentum findet sich Russland auf Platz 8 des Rankings, weit vor Österreich (Platz 26) und Deutschland (62), bei der Kategorie „Enforcing Contracts“ belegt Russland den 5. Platz weltweit (hier ist Österreich auf Platz 6 und Deutschland auf Platz 12).

Die einzige wirklich problematische Kategorie ist „Trading accross borders“, wo Russland an 170. Stelle in der Welt noch hinter der Republik Kongo und Djibouti eingestuft wurde. Der Hauptgrund dafür sind natürlich die Sanktionen…

Am Status Russlands als Rohstoffland ändert sich allerdings wenig?

Dimitrov: Daran wird sich nichts ändern, und warum auch. Die eigentliche Frage ist, wie effizient man mit diesen Ressourcen umgeht. „Gazprom“ als Beispiel eines sehr ineffizienten Rohstoffunternehmens ist zugegeben präsent. Ich denke aber, man sollte nicht alle Unternehmen in einen Topf werfen. Es gibt genügend positive Beispiele. Beinahe alle Unternehmen im Sektor Metallindustrie und Bergbau, im Düngemittelsektor und in Goldproduktion sind privat, gut geführt und profitabel. Sogar im Ölsektor gibt es kaum Regulierungen, die Infrastruktur wurde in den letzten zehn Jahren ausgebaut. Heutzutage exportieren die Unternehmen Öl und Ölprodukte über Seehäfen und in den letzten Jahren wurde auch Asien erschlossen (Stichwort: ostsibirische Pipeline, China).

Im Gasbereich wird das gerade nachgeholt. Spät aber doch. Die Pipelines nach China und in den pazifischen Raum werden gerade gebaut. Zum Beispiel wird Novatek in etwa einem Jahr den ersten großen privaten LNG-Terminal (LNG = Flüssiggas) in Betrieb nehmen.

Um in den staatskontrollierten Aktiengesellschaften (SOE) die wirtschaftliche Effizienz zu steigern, wir zunehmend Druck auf das Management gemacht, die Auszahlungsquote – als den Teil der Gewinne, der als Dividende ausgeschüttet wird – zu erhöhen.

Einer der Sektoren, der von den Sanktionen – genauer von Russlands Gegensanktionen – profitieren sollte, ist der Agrarsektor. Ist das sichtbar?

Dimitrov: Ja, im Agrarsektor tut sich einiges. Russland entwickelt sich zum ersten Mal in seiner Geschichte zum Nahrungsmittel-Exporteur. Und zwar nicht nur bei Getreide, sondern unter anderem auch bei Fleisch. Und es sind nicht nur die Sanktionen, die in dem Fall natürlich helfen, es sind massive Investitionen im Sektor – auch durch börsennotierte Unternehmen -, welche die Produktion vorantreiben.

Im Übrigen rechnen wir damit, dass auch andere Sektoren in den nächsten zwei bis drei Jahren von erhöhter Inlandsnachfrage profitieren können. Warum? Weil die Russen in den letzten zwei Jahren weniger konsumiert, dafür aber mehr auf die Seite gelegt haben. Zusätzlich sind die Rahmenbedingungen gegenüber dem Vorjahr deutlich besser: die Währung ist relativ stabil und es sind weitere Zinssenkungen möglich und wahrscheinlich, was den Konsum und Investitionen unterstützen werden.

Ihre Eindrücke von der Investorenkonferenz haben Ihre positive Einschätzung des russischen Aktienmarktes bestärkt?

Dimitrov: Trotz der guten Performance im heurigen Jahr sollte es weiter Rückenwind geben.

Erstens: Vor dem Hintergrund einer Makrostabilisierung gehe ich von einer Umkehr des wirtschaftlichen Abwärtstrends aus. Ich bin optimistisch, dass die Unternehmen ihre Gewinne wieder deutlich steigern werden. Diese Meinung teilen auch die Analysten. Laut Bloomberg wird für den russischen Gesamtmarkt im Konsensus ein Gewinnanstieg von 13% erwartet (Bloomberg; per 27.10.2016).

Zweitens: Die Dividendenrendite in Höhe von ca. 5% für den Gesamtmarkt ist eine der attraktivsten weltweit. Die Dividenden sind relativ gut abgesichert und könnten gerade bei dem vom Staat kontrollierten Unternehmen noch weiter ansteigen, zumal auch das Staatsbudget höhere Einnahmen unter diesem Tittel veranschlagt hat.

Drittens: Eine niedrigere Volatilität, eine Rückkehr zu einem wenn auch niedrigen Wirtschaftswachstum und ein Zinsniveau im einstelligen Prozentbereich sprechen für eine höhere Bewertung des russischen Gesamtmarktes. Derzeit handelt die Börse auf Basis der Gewinnerwartungen für heuer mit einem Bewertungsabschlag von 55% gegenüber den globalen Schwellenländerbörsen (Globale Emerging Markets). Das ist im historischen Vergleich sehr hoch.

Viertens, Geopolitik. In Bezug auf Russland wird oft Sir Winston Churchill zitiert: „I cannot forecast to you the action of Russia. It is a riddle wrapped in a mystery inside an enigma“. Sie kennen das. Aber ich finde, wenn schon, dann muss man gut zitieren und den zweiten Teil des Zitats nicht ignorieren. Denn Churchill hat hinzugefügt: „… but perhaps there is a key. That key is Russian national interest.“ D.h. Russland ist ein weitaus stabilerer und berechenbarer Faktor im internationalen Konzert der Interessen, als manchmal vermittelt wird.

Dividendenrendite russischer Aktien im Vergleich mit globalen Schwellenländern (Emerging markets), Industrieländern (Developed markets), Polen (Poland) und der Türkei (Turkey); 1997-2016:

Quelle: Thomson Reuters Datastream; per 23.10.2016
Hinweis: Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung zu.

Charts/Links:
http://www.doingbusiness.org/data/exploreeconomies/russia
http://www.euromoney.com/Article/3488964/Nabiullina-named-Euromoney-Central-Bank-Governor-of-the-Year-2015.html

REAGIEREN SIE AUF DEN ARTIKEL

WICHTIGE RECHTLICHE HINWEISE

Hierbei handelt es sich um eine Werbemitteilung. Sofern nicht anders angegeben, Datenquelle Erste Asset Management GmbH. Die Kommunikationssprache der Vertriebsstellen ist Deutsch und jene der Verwaltungsgesellschaft zusätzlich auch Englisch.

Der Prospekt für OGAW-Fonds (sowie dessen allfällige Änderungen) wird entsprechend den Bestimmungen des InvFG 2011 idgF erstellt und veröffentlicht. Für die von der Erste Asset Management GmbH verwalteten Alternative Investment Fonds (AIF) werden entsprechend den Bestimmungen des AIFMG iVm InvFG 2011 „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“ erstellt.

Der Prospekt, die „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“ sowie das Basisinformationsblatt sind in der jeweils aktuell gültigen Fassung auf der Homepage www.erste-am.com jeweils in der Rubrik Pflichtveröffentlichungen abrufbar und stehen dem/der interessierten Anleger:in kostenlos am Sitz der jeweiligen Verwaltungsgesellschaft sowie am Sitz der jeweiligen Depotbank zur Verfügung. Das genaue Datum der jeweils letzten Veröffentlichung des Prospekts, die Sprachen, in denen das Basisinformationsblatt erhältlich ist, sowie allfällige weitere Abholstellen der Dokumente, sind auf der Homepage www.erste-am.com ersichtlich. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte ist in deutscher und englischer Sprache auf der Homepage www.erste-am.com/investor-rights abrufbar sowie bei der Verwaltungsgesellschaft erhältlich.

Die Verwaltungsgesellschaft kann beschließen, die Vorkehrungen, die sie für den Vertrieb von Anteilscheinen im Ausland getroffen hat, unter Berücksichtigung der regulatorischen Vorgaben wieder aufzuheben.

Hinweis: Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das schwer zu verstehen sein kann. Bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen, empfehlen wir Ihnen, die erwähnten Fondsdokumente zu lesen. Diese Unterlagen erhalten Sie zusätzlich zu den oben angeführten Stellen kostenlos am jeweiligen Sitz der vermittelnden Sparkasse und der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG. Sie können die Unterlagen auch elektronisch abrufen unter www.erste-am.com.

Wichtig: Die im Basisinformationsblatt angeführten Performance-Szenarien beruhen auf einer Berechnungsmethodik, die in einer EU-Verordnung vorgegeben ist. Die künftige Marktentwicklung lässt sich nicht genau vorhersagen. Die dargestellten Performance-Szenarien zeigen nur mögliche Erträge auf, basieren dabei aber auf den Erträgen in der jüngeren Vergangenheit. Die tatsächlichen Erträge könnten niedriger ausfallen als angegeben.

Unsere Analysen und Schlussfolgerungen sind genereller Natur und berücksichtigen nicht die individuellen Merkmale unserer Anleger:innen hinsichtlich des Ertrags, der steuerlicher Situation, Erfahrungen und Kenntnisse, des Anlageziels, der finanziellen Verhältnisse, der Verlustfähigkeit oder Risikotoleranz.

Bitte beachten Sie: Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Fonds zu. Eine Veranlagung in Wertpapieren birgt neben den geschilderten Chancen auch Risiken. Der Wert von Anteilen und deren Ertrag können sowohl steigen als auch fallen. Auch Wechselkursänderungen können den Wert einer Anlage sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Es besteht daher die Möglichkeit, dass Sie bei der Rückgabe Ihrer Anteile weniger als den ursprünglich angelegten Betrag zurückerhalten. Personen, die am Erwerb von Investmentfondsanteilen interessiert sind, sollten vor einer etwaigen Investition den/die aktuelle(n) Prospekt(e) bzw. die „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“, insbesondere die darin enthaltenen Risikohinweise, lesen. Ist die Fondswährung eine andere Währung als die Heimatwährung des/der Anleger:in, so können Änderungen des entsprechenden Wechselkurses den Wert der Anlage sowie die Höhe der im Fonds anfallenden Kosten - umgerechnet in die Heimatwährung - positiv oder negativ beeinflussen.

Wir dürfen dieses Finanzprodukt weder direkt noch indirekt natürlichen bzw. juristischen Personen anbieten, verkaufen, weiterverkaufen oder liefern, die ihren Wohnsitz bzw. Unternehmenssitz in einem Land haben, in dem dies gesetzlich verboten ist. Wir dürfen in diesem Fall auch keine Produktinformationen anbieten.

Zu den Beschränkungen des Vertriebs des Fonds an amerikanische oder russische Staatsbürger entnehmen Sie die entsprechenden Hinweise dem Prospekt bzw. den „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“.

In dieser Mitteilung wird ausdrücklich keine Anlageempfehlung erteilt, sondern lediglich die aktuelle Marktmeinung wiedergegeben. Diese Mitteilung ersetzt somit keine Anlageberatung und berücksichtigt weder die Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen, noch unterliegt sie dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen.

Die Unterlage stellt keine Vertriebsaktivität der Verwaltungsgesellschaft dar und darf somit nicht als Angebot zum Erwerb oder Verkauf von Finanz- oder Anlageinstrumenten verstanden werden.

Die Erste Asset Management GmbH ist mit den vermittelnden Sparkassen und der Erste Bank verbunden.

Beachten Sie auch die „Informationen über uns und unsere Wertpapierdienstleistungen“ Ihres Bankinstituts.

Druckfehler und Irrtümer vorbehalten.

Beitrag teilen:
Die mobile Version verlassen