2007 wurde „Komasaufen“ zum Unwort des Jahres gewählt. Dem vorausgegangen war eine umfangreiche mediale Berichterstattung und Diskussion darüber, wie Jugendliche mit vorwiegend stark gesüßten Mixgetränken exzessiven Alkoholmissbrauch betreiben. Auf der einen Seite verstehe ich die Relevanz des Themas und auch die Verschärfung durch ein geändertes und speziell auf eine minderjährige Klientel abgestimmtes Getränkeangebot.
Auf der anderen Seite habe ich die Diskussion rund um das Komasaufen auch ein wenig scheinheilig empfunden. Der Name Komasaufen war für mich immer auch der Versuch eine sprachliche Grenze zu errichten, zwischen dem was „man“ früher vielleicht selbst getan hat und dem was Jugendliche heute tun. Ja, auch ich, auch wir, haben zu früh zu viel Alkohol getrunken.
Wasser wird zu Wein
Keine Angst, mein Argument ist jetzt nicht „… und aus mir/uns ist auch was geworden.“ Mein Argument ist, Alkohol ist in unseren Breiten eine gesellschaftlich akzeptierte Droge, bei der es meiner Ansicht nach nicht um ein komplettes Verbot gehen kann und sollte. Kann, weil ich es nicht für realistisch halte, dass das erfolgreich sein wird. Zu tief verwurzelt, quasi wie ein alter Weinstock im Boden, ist Alkohol in unserer Gesellschaft. Auf Staatsbanketten wird ein Toast ausgebracht, bei Familien und Firmenfeiern prostet man sich zu und Priester wandeln Wein zum Blut Christi. Und sollte, weil ich glaube, dass ein Verbot durchaus erwartete Nebenwirkungen, die wir alle nicht wollen, haben würde. Hollywood schaffte es nicht grundlos, Namen wie Al Capone und Eliot Ness für immer in das kollektive Gedächtnis der Menschheit zu brennen.
Wenn verbieten nicht funktioniert und auch keinen Sinn macht ist die Frage, was man machen kann. Umdrehen, das Thema abhaken und das nächste Achterl bestellen? Natürlich nicht. Wir müssen mit dem Thema Alkohol umgehen. Persönlich, in der Familie, am Arbeitsplatz und in der Gesellschaft. Im Mittelalter war Starkbier ein nahrhaftes Frühstück für die ganze Familie. Vom Kind bis zu Erwachsenen. Heute würde ein Bier zum Frühstück als klarer Hinweis auf ein Alkoholproblem interpretiert werden. Und als Kind würden sie das Bier gar nicht erst serviert bekommen. Egal ob zum Frühstück oder später. Das ist gesellschaftlich nicht akzeptiert. Ein klares No-Go.
Die Verantwortung von Unternehmen
Hier setzt aus meiner Sicht auch die Verantwortung von Unternehmen an. Unternehmen sind Teil der Gesellschaft und müssen natürlich auch mit ihrer Verantwortung umgehen. Das beginnt bei der Produktion und den Produktionsbedingungen und beim Angebot Ist es gesellschaftlich verantwortlich, eigene Produktlinien zu kreieren, die de facto vor allem Minderjährige anziehen? Beim Verkauf, wird hier wirklich darauf geachtet, dass Alkohol in die Hände derer kommt, die auch bewusst damit umgehen können?
Schlussendlich ist auch der Umgang von Unternehmen mit der Tatsache wichtig, wie sie mit den ca. 340.000 in Österreich als alkoholkrankgeltenden Menschen umgehen. Jedes Unternehmen mit ca. 100 Mitarbeitern sollte also durchschnittlich mit drei Alkoholkranken in seinen Reihen rechnen. (Eigentlich mehr, wenn wir davon ausgehen, dass Kinder weniger betroffen sind und Alkoholiker wohl im Durchschnitt auch nicht so alt werden, wie der Rest der Bevölkerung.)
Aus unserer Sicht ist es das Ziel von nachhaltigen Investoren, Unternehmen dazu zu bringen, ihre gesellschaftliche Verantwortung ernst zu nehmen und Alkoholmissbrauch einzudämmen und mit seinen Folgen umzugehen.
Den gesamten ESG* Letter finden Sie hier.
*ESG steht für „Environmental, Social and Governance“ – zu Deutsch: Umwelt, Soziales und Unternehmensführung. Das sind die drei groben Kategorien, nach denen Unternehmen beim nachhaltigen Investieren geprüft werden.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.