Waren Sie schon einmal in Monte Carlo beim Grand Prix? Dann kennen Sie ja das Problem, wenn man zu spät in eine Kurve einlenkt! Schneller als man reagieren könnte, streift der Rennwagen die Leitplanke – und eine Menge Geld geht drauf für die Reparaturen.
Aber was hat ein Autorennen mit den Finanzmärkten zu tun? An den Anleihemärkten gibt es ähnliche Kriterien für die Performance. Wenn Sie am falschen Ende der Zinskurve positioniert sind, kann das auch eine Menge Geld kosten!
Die Zinskurve mit der besten Bonität hat Deutschland
Die Zinskurve (genauer gesagt: Renditestruktur-Kurve) zeigt die Rendite bezogen auf die Restlaufzeit. Üblicherweise ist bei längerer Bindung ein höherer Zinssatz zu erzielen (längere Laufzeit = höheres Risiko = höhere Rendite). Werfen wir daher einen Blick auf die aktuelle Zinskurve für europäische Benchmark-Anleihen (deutsche Bundesanleihen).
Die Grafik zeigt die deutsche Zinskurve per 04.04.2017 für Restlaufzeiten von zwei bis zehn Jahren:

Grafik: Renditestruktur-Kurve deutsche Bundesanleihen, 2 bis 10 Jahre Restlaufzeit
Quelle: Datastream, per 04.04.2017
Eingezeichnet ist auch die Null-Prozent-Linie. Wenn wir eine Kurven-Diskussion beginnen wollen, so gilt es einige Aspekte zu beleuchten. Beginnen wir mit den objektiven Kriterien „Lage der Kurve“ und „absolute Höhe der Rendite“:
- Steilheit der Kurve: Die Rendite für kurze Restlaufzeit (RLZ) ist deutlich tiefer als jene für längere RLZ. In diesem Fall spricht man von einer „steilen Zinskurve“ (was in der Historie den Normalzustand darstellt, man spricht daher auch von einer „normalen Zinskurve“).
- Lage der Zinskurve: Interessanter ist dagegen die absolute Höhe der Zinskurve. Angesichts der eingezeichneten Null-Prozent-Linie kann man sehr gut erkennen, dass bis zu einer RLZ von 8 Jahren die Anleihen eine negative Rendite aufweisen. Erst bei einer RLZ ab 9 Jahren ist eine positive (wenn auch nur sehr kleine) Rendite vorhanden.
Gehen wir nun einen Schritt weiter und fragen uns, was das für potenzielle Investoren bedeutet:
- Deutsche Staatsanleihen werfen nominell betrachtet einen negativen bzw. sehr geringen Ertrag (bei langer Laufzeit) ab. Wenn man berücksichtigt, dass beim Kauf noch Spesen anfallen und beim Halten auf einem Depot noch Depotgebühren zu bezahlen sind, so ist dieses Investment aus Ertrags-Überlegungen wenig attraktiv.
- Berücksichtigt man noch die erwartete Inflation, so ergibt sich die Sicht auf den „realen Ertrag“, was die Attraktivität dieser Anlage-Alternative weiter schmälert.
Warum die Renditen derzeit so niedrig sind, bzw. die Kurse für diese Anleihen so hoch sind
Hohe Kurse bedeutet, dass es eine hohe Nachfrage nach den entsprechenden Papieren gibt. Doch wer sind die Käufer für derartige Anleihen? Zu nennen sind hier vor allem Institutionen oder Großanleger, die in diese Anleihen veranlagen bzw. aufgrund diverser Überlegungen veranlagen müssen, wie z.B.
- Die Europäische Zentralbank (EZB) im Rahmen des Anleihen-Ankaufprogramms
- Versicherungen und Pensionskassen
- Banken für die Eigenveranlagungen
- Investmentfonds aufgrund von Fondsbestimmungen usw.
Wir möchten nochmals anhand eines konkreten Beispiels zeigen, was ein solches Investment für die Privatanlegerin bzw. den Privatanleger bedeutet.
Die vorhin gezeigte Zinskurve stellt die Rendite echter Anleihen dar. Zur Darstellung wählen wir exemplarisch jene Anleihe mit 2 Jahren Restlaufzeit. Es handelt sich dabei um die 0,00 % Bundesrepublik Deutschland 2017-19 (ISIN: DE0001104677).
Die Fakten im Überblick:
- Laufzeitbeginn: 02.03.2017, Emissionskurs 101,89 %
- Laufzeitende: 14.03.2019, Tilgungskurs 100,00 %
Eine negative Rendite bedeutet: Investoren, die EUR 101.890,- bei Emission bezahlt haben, bekommen 2 Jahre lang KEINE Zinsen und dann nur EUR 100.000,- zurück. Bei einem Investment in diese Anleihe geht somit auf jeden Fall Kapital verloren!
Die Bedeutung für unsere Anlegerinnen und Anleger
Eine Veranlagung bei der im Vorhinein klar ist, dass Kapital verloren geht, kann nicht als „Chancenreiche Anlage-Alternative“ bezeichnet werden. Investments in Euro Staatsanleihen mit bester und hoher Bonität sind wenig attraktiv. Dies gilt demgemäß auch für Investmentfonds, die in diese Anleihen veranlagen. Anlegerinnen und Anleger sollten sich daher nach anderen Anlagemöglichkeiten umsehen. Um nochmals den Grand Prix von Monte Carlo als Vergleich heranzuziehen: Es wäre an der Zeit in die Boxen zu fahren und andere Reifen zu montieren!
Fazit:
Wie das Beispiel der deutschen Bundesanleihen zeigt, haben Euro Staatsanleihen mit sehr guter und guter Bonität aktuell einen hohen Preis. Dies drückt sich in der Rendite aus, die teilweise sogar negativ ist. Und eine negative Rendite bedeutet: Anlegerinnen und Anleger wissen schon im Vorhinein, dass sie weniger Kapital heraus bekommen, als sie einzahlen.
Es gibt auch Anlagen, die attraktive Renditen aufweisen. Doch hierzu ist es notwendig entsprechende Risiken einzugehen – denn ohne Risiko wird in den kommenden Jahren weder nominell und noch weniger „real“ eine positive Wertentwicklung zu erzielen sein.
Für risikoreichere Anlagen gilt: Besonders wichtig ist eine breite Streuung, wie sie beispielsweise durch Investmentfonds erreicht werden kann.
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