Beim Tennis entscheidet häufig der Aufschlag über Sieg oder Niederlage in einem Match. Wenn Anleihe-Investoren von „Aufschlag“ sprechen, dann meinen sie höhere Zinsen bei der Anleihe „A“ im Vergleich zur Anleihe „B“. Dieser Zinsaufschlag wird auch „Spread“ genannt.
Im dritten Teil dieser BLOG-Serie „Berge und Täler“ haben wir uns mit der Zinsdifferenz aufgrund unterschiedlicher Restlaufzeiten (RLZ) beschäftigt (= Term Spread). In diesem Artikel möchten wir uns dem Zinsaufschlag zwischen Euro-Staatsanleihen mit gleicher RLZ widmen. Bei gleicher Laufzeit ist eine unterschiedliche Rendite zumeist auf eine unterschiedliche Bonität (= Credit Spread) zurückzuführen.
Deutsche Staatsanleihen vs. Staatstitel aus Frankreich
Die Grafik zeigt die Rendite für deutsche Staatsanleihen mit 10 Jahren RLZ (blau) im Vergleich zu jener aus Frankreich (schwarz, gepunktet) mit der gleichen Restlaufzeit. Uns interessiert hier nicht die absolute Höhe der Rendite sondern der Unterschied in der Rendite zwischen den beiden Papieren (Credit Spread).
Auf den ersten Blick kann man erkennen, dass die Anleihe aus Deutschland eine niedrigere Rendite als jene aus Frankreich aufweist. Weiters ist ersichtlich, dass sich die Renditen eigentlich ziemlich parallel immer in die gleiche Richtung bewegen. Doch der Blick auf die Zinsdifferenz (als grüne Fläche eingezeichnet) zeigt den wahren Unterschied zwischen den beiden Emittenten auf:
- Über den Beobachtungszeitraum verändert sich die Zinsdifferenz laufend, ist also keine konstante Größe.
- Es gibt Phasen, in denen der Spread kleiner wird (sich einengt) und andere Phasen, in denen der Spread größer wird (sich ausweitet).
- Während Deutschland das beste Rating mit „AAA“ hat, kann Frankreich „nur“ ein „AA“ vorweisen. Der Zusammenhang ist nachvollziehbar: Niedrigere Bonität bedeutet höhere Zinsen!
Die Auswirkung von Spread-Veränderungen
Wenn wir in die vorige Grafik hinein „zoomen“ und uns die letzten 12 Monate anhand der Spread-Veränderung ansehen, zeigt sich ein interessantes Bild:
Im Beobachtungszeitraum hat sich die Zinsdifferenz von 0,27 % (per 19.04.2016) bis auf 0,73 % (per 18.04.2017) ausgeweitet.
Das bedeutet: Die Zinsen (Renditen) der französischen Anleihe sind im Vergleich zur deutschen Anleihe angestiegen. Steigende Zinsen bedeuten eine schlechtere Wertentwicklung für jene Anleger, die bereits investiert sind.
Um eine Differenz in der Wertentwicklung feststellen zu können, benötigen wir zwei „echte“ Anleihen mit 10 Jahren Restlaufzeit. Wir wählen dazu die 6,50 % Bundesrepublik Deutschland (1997/27) und die 2,75 % Frankreich (2012/27). Beide weisen die gleiche Restlaufzeit auf.
Zur einfacheren Darstellung – und um die Investments vergleichbar zu machen – wurde der Startwert für beide Anleihen mit 100 % normiert und Ausschüttungen berücksichtigt. Die Darstellung zeigt also den Gesamtertrag. Der untere Teil (grüne Fläche) stellt die relative Entwicklung der beiden Anlagen (inklusive Zinsen) zueinander dar.
Die Zinsen (Rendite) für die Anleihe aus Frankreich sind im Vergleich zu jenen aus Deutschland angestiegen (um knapp ½ Prozent). Entsprechend war die Performance der französischen Anleihe um knapp 3,5 % schlechter.
Wozu brauchen Anlegerinnen und Anleger diese Informationen?
Verglichen wurden zwei europäische Staatsanleihen mit gleicher Laufzeit und hoher, aber unterschiedlicher Bonität („AAA“ vs. „AA“). Zinsdifferenzen (Spreads) schwanken im Zeitverlauf. Somit kommt es zu unterschiedlichen Entwicklungen der Kurse der Anleihen durch Ausweitungen bzw. Einengungen von Zinsdifferenzen (Credit Spread). Im Beobachtungszeitraum blieben die Ratings (Bonitätsbeurteilung durch externe Rating-Agenturen) der beiden Emittenten konstant. Die Ausweitung des Spreads spiegelt das höhere Risiko der französischen Anleihe wider, welches Investoren möglicherweise gesehen haben. Eine mögliche und plausible Erklärung für diese Entwicklung, die v.a. in den letzten 3 Monaten des Beobachtungszeitraums stattgefunden hat, können die in diesem Zeitraum abgehaltenen Wahlen in Frankreich – und die damit verbundenen politischen Risiken – sein.
Fazit:
Wie beim Tennis entscheidet auch bei Anleihe-Investments der Aufschlag (Zinsdifferenz, Credit Spread) bzw. dessen Entwicklung im Zeitverlauf über die Performance im Beobachtungszeitraum. Es kann Phasen geben, in denen es sich bezahlt macht auf schlechtere Bonität (höhere Rendite) zu setzen. Es kann aber auch Zeiträume geben (wie oben gezeigt), in denen man mit einem Investment in die höhere Bonität einen höheren Ertrag erzielen kann.
In unserem Beispiel war ein Investment in deutsche Staatstitel ertragreicher als in vergleichbare französische Papiere. Dies kann in Zukunft aber auch wieder in die Gegenrichtung laufen, denn: Credit Spreads sind volatil!
Credit Spread-Management ist Bestandteil des aktiven Managements bei den Fonds der Erste Asset Management.
Mehr Informationen zur Produktpalette der Erste Asset Management finden Sie der auf unserer Homepage www.erste-am.at
Hinweis:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.