Die Förderländer der Ölallianz OPEC+ haben zum Wochenstart mit der unerwarteten Ankündigung einer Förderkürzung die Märkte überrascht und damit auch die Rohölpreise nach oben geschickt. Nach ersten Ankündigungen einzelner Länder am Sonntag hat die OPEC+ dann am Montag in Wien offiziell über das Ergebnis ihrer virtuellen Sitzung am Wochenende informiert: Um insgesamt 1,66 Mio. Barrel (je 159 Liter) wollen die in der Allianz vereinten Länder ihre tägliche Produktion reduzieren.
Acht Staaten, allen voran Saudi-Arabien, Irak, die Vereinigten Arabischen Emirate und Kuwait, wollen ihr Öl ab Mai drosseln. Zusätzlich kündigte Moskau an, seine schon jetzt bestehende Drosselung der Ölproduktion um 500.000 Barrel am Tag bis Jahresende beizubehalten. Moskau hatte diesen Schritt im Februar als Reaktion auf westliche Sanktionen wegen des Ukraine-Kriegs angekündigt und später zunächst bis Ende Juni verlängert.
Die Kürzungen seien eine „Vorsichtsmaßnahme, die das Ziel hat, die Stabilität des Ölmarktes zu stützen“, teilte OPEC+ nach der Sitzung mit. Kremlsprecher Dmitri Peskow sagte in Moskau, dass die Entscheidung dazu diene, die Preise auf einem bestimmten Niveau zu halten.
Rohölpreise und Kurse von Ölkonzernen legen stark zu
An den Rohstoff- und Finanzmärkten kam die Ankündigung überraschend. Analysten hatten im Vorfeld damit gerechnet, dass die OPEC-Länder ihre Ölfördermenge konstant halten würden. Doch die Ängste vor einer sinkenden Nachfrage und damit auch weiter fallenden Ölpreisen dürften zu einem Umdenken geführt haben. Die OPEC+ hatte davor ihre Fördermenge bereits ab November um 2 Mio. Fass pro Tag reduziert.
Die Ölpreise reagierten zum Wochenstart mit starken Gewinnen auf die angekündigte Förderkürzungen. Die Notierungen für die Referenzölsorten Brent aus der Nordsee und WTI aus den USA waren zum Wochenstart um jeweils mehr als vier Dollar je Barrel nach oben gesprungen. Das war der stärkste Tagesanstieg der Ölpreise seit etwa einem Jahr.
Auch die Aktien von Ölkonzernen legten nach der OPEC-Entscheidung stark zu. So haben die Titel der Ölgiganten Shell und BP am Montag über 4 Prozent gewonnen. Im Euro-Stoxx-50 waren die Aktien des französischen Ölkonzerns TotalEnergies mit einem Kursplus von 5,9 Prozent die mit Abstand größten Gewinner.
Ölpreisanstiege bringen Inflationssorgen zurück an die Märkte
Energiepreise gelten aber auch als der stärkste Inflationstreiber, an den Finanzmärkten hat die Ankündigung der OPEC+ daher die zuletzt etwas geschwundenen Inflationsängste zurück aufs Parkett gebracht. Davor hatten noch Rückgänge der Energiepreise und damit auch rückläufige Inflationsraten Hoffnung gemacht, dass die Notenbanken bei ihren Zinserhöhungen im Kampf gegen die hohe Inflation das Tempo drosseln. Ob sich der Schritt der OPEC nun auch auf die Zinspolitik der großen Notenbanken auswirkt, bleibt abzuwarten.
Der US-Notenbanker James Bullard sagte in einer ersten Reaktion, dass die Drosselung der Fördermenge den Job der Notenbank Fed in der Inflationssenkung zwar nicht einfacher mache. Ein nachhaltiger Einfluss der Entscheidung sei aber noch offen. Zudem habe er die Ölpreise ohnehin bereits höher erwartet, sagte Bullard.
Die OPEC-Entscheidung könnte Experten zufolge nun auch das Verhältnis von USA und Saudi-Arabien eintrüben, denn die Ankündigung kommt zu einem schwierigen Zeitpunkt. Die US-Regierung hatte seit März insgesamt rund 180 Mio. Barrel Erdöl aus ihrer Reserve frei gegeben, um den infolge des russischen Angriffskriegs gegen die Ukraine in die Höhe geschnellten Energiepreisen entgegenzuwirken. Doch nun sind die Reserven schon merklich geschrumpft. Das US-Energieministerium wollte bei seinem geplanten Wiederauffüllungsprogramm Öl eigentlich zu einem Preis zurückzukaufen, der deutlich unter dem Verkaufspreis liegt. Doch der OPEC-Schritt macht das Öl nun teurer.
US-Politiker kritisieren Schritt, bleiben aber gelassen
Die ersten Reaktionen von US-Spitzenpolitikern waren gemischt ausgefallen. US-Präsident Joe Biden sieht von der angekündigten Produktionskürzung nur begrenzte Auswirkungen auf die US-Wirtschaft. „Es wird nicht so schlimm sein, wie Sie denken“, sagte Biden am Montag vor Journalistinnen und Journalisten.
Washington glaube zwar „nicht, dass Produktionskürzungen zum jetzigen Zeitpunkt ratsam sind, da der Markt unsicher ist“, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates im Weißen Haus, John Kirby. Seit der letzten Produktionssenkung der OPEC+-Gruppe vor einem Jahr habe sich die Situation aber verbessert, sagte Kirby. Damals hatte die US-Regierung verärgert auf die Förderkürzungen der Ölförderländer reagiert. Nun aber sei die Marktsituation eine andere, sagte Kirby.
Die US-Finanzministerin Janet Yellen sprach von einem „unkonstruktiven Schritt“, der den Verbrauchern in Zeiten hoher Inflation eine zusätzliche Bürde aufbrumme. Auf die von westlichen Regierungen auferlegte Preisobergrenze von 60 Dollar je Fass auf russisches Öl dürfte der OPEC-Schritt nach Einschätzung von Yellen jedenfalls vorerst keine Auswirkungen haben. Die Länder könnten die Höhe der Preisobergrenze überdenken, wenn eine Änderung für angemessen erachtet würde, „aber ich sehe nicht, dass dies zum jetzigen Zeitpunkt angebracht ist“, sagte Yellen.
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