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Quo Vadis, Federal Reserve? – Teil 2

Quo Vadis, Federal Reserve? – Teil 2
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Taylor Rule – Präzise Formel, schwammige Inputs

Seit 2008 scheinen die Leitzinsen in den USA, gemessen an einer Taylor Regel, deutlich zu niedrig zu sein. Nachdem einige Ökonomen der lockereren Geldpolitik und Alan Greenspan Mitschuld an der großen Finanzkrise 2008 geben, stellt sich die Frage, ob uns ein Déjà-vu bevorsteht.

So einfach und elegant die Taylor Rule auch ist, um die Wirkungsweise bzw. Treiber der Geldpolitik der US-Notenbank zu analysieren, so sehr muss man sich der Limitationen bewusst sein. Die prägnante Formel der Taylor Rule steht leider in Widerspruch zu der Schwierigkeit, einige der zentralen Parameter zu bestimmen. Aber der Reihe nach. Kritik an der Taylor Regel setzt an vielen Ebenen an:

  • Selbst wenn die Taylor Rule das optimale Verhalten der US-Notenbank beschriebe, macht es Sinn, sich geldpolitisch an eine fixe Regel zu binden? Geprägt durch die monetaristische Schule der 60er und 70er war es lange Konsensus in den Zentralbanken, dass vor allem eine stabile und berechenbare Geldpolitik, implementiert durch das sogenannte Inflation Targeting, langfristig zu einem optimalen Ergebnis führt. In diesem Ansatz ist das vorrangige Ziel der Geldpolitik die Erreichung eines Inflationsziels. Nach der Krise 2008, der keine Phase hoher Inflation vorausgegangen war, wird diese Auffassung massiv hinterfragt. Es wird gefordert, dass sich Zentralbanken beim Setzen der Leitzinsen nicht nur an der Inflation, sondern auch an makroökonomischen Ungleichgewichten orientieren. Eine umfassende Herangehensweise berücksichtigt zum Beispiel auch auf die Gefahr von Blasenbildungen auf den Aktien- und Immobilienmärkten, ein auffällig hohes Kreditwachstum oder ein hohes Leistungsbilanzdefizit.
  • Hängt die Inflation überhaupt noch an der nationalen Geldpolitik oder treiben Einflussfaktoren außerhalb der Kontrolle der Zentralbank(en) die Entwicklung des Preisniveaus? Bei kleineren offenen Volkswirtschaften wie Österreich war diese Frage immer schon ein Thema. Inzwischen stellt sich die Frage aber auch bei großen Volkswirtschaften wie den USA. Die Globalisierung hat zu einer Auslagerung der Produktion in Länder mit niedrigeren Produktionskosten geführt. Der Import von billigen Industrieprodukten drückt auf die Preise und der „flexibilisierte“ Arbeitsmarkt auf die Lohnkosten. Beides drückt die Inflation, selbst bei relativ gutem Wirtschaftswachstum. Der Zusammenhang zwischen Wirtschaftswachstum und Inflation ist damit nicht stabil. Die Taylor-Regel geht allerdings von „starren“ Zusammenhängen aus.

Beide Argumente wurden im Nachgang zur Finanzkrise des Jahres 2008 sehr häufig diskutiert. Seit damals ist auch klar, dass sich zu niedrige Zinsen nicht unbedingt in zu hohen Inflationsraten, sondern auch in einem destabilisierenden Anstieg der Asset Preise (z.B. den Immobilienpreisen in Spanien und den USA) sowie der Verschuldung widerspiegeln können. In dem Fall wäre der ganze der Taylor Regel zugrundeliegende Zugang zur Geldpolitik falsch.

Neben diesen strukturellen Kritikpunkten gibt es aber auch noch einige ganz praktische. Viele Inputs für die Taylor Regel sind nicht beobacht- und damit messbar, sondern müssen definiert bzw. geschätzt werden.

  • Welche Inflationsrate zählt? Der Deflator des BIP, d.h. die Veränderung der Preise aller im Inland produzierten Güter und Dienstleistungen? Die Veränderung der Konsumentenpreise? Die sogenannte Kernrate der Konsumentenpreise, d.h. ohne die schwankungsfreudigeren und von der Zentralbank kaum steuerbaren Komponenten Energie und Lebensmittel? Oder die Veränderung der Preise des persönlichen Konsums? In den USA wissen wir, dass die Notenbank die Preisstabilität mit der Kernrate der persönlichen Konsumausgaben (Core Personal Consumption Expenditure [CPCE]) definiert. In der Eurozone greift die Notenbank in ihrer Definition von Preisstabilität hingegen auf ein anderes Konzept, die Veränderung der harmonisierten Konsumentenpreise, zurück.
  • Innerhalb welchen Zeitraums soll das Inflationsziel erfüllt werden? Ein Jahr, fünf Jahre, zehn Jahre? Da es weder möglich ist, Abweichungen der tatsächlichen Inflation vom Inflationsziel innerhalb eines Jahres zu korrigieren, noch auf ein bestimmtes Datum in der Zukunft zu fixieren, beschränken sich die Zentralbanken auf einen „mittelfristigen Horizont“. Immerhin: seit der Einführung des Euro beträgt die durchschnittliche Inflation 1,7% p.a.. Das entspricht dem Zentralbankziel einer Inflation von maximal knapp unter 2%. In den USA betrug die Kerninflation im selben Zeitraum ebenfalls 1,7% p.a. Wählt man diesen Zeitraum hätte die Zentralbank das Inflationsziel von 2% im Durchschnitt verfehlt, die Geldpolitik wäre sogar zu straff gewesen.
  • Wie hoch und vor allem wie stabil ist der neutrale Zins? Der neutrale Zins ist de facto nicht beobachtbar. Ursprünglich wurde dieser in den 90er Jahren für die USA mit real 3% angenommen. Geht man von einem Inflationsziel der Fed von 2% aus, sollte der neutrale (nominale) Zins damit bei 5% liegen. Inzwischen geht die US Notenbank aber von einem deutlich niedrigeren Wert aus. Und dieser Wert ist auch nicht stabil. Vor vier Jahre wurde von den Mitgliedern der US-Notenbank der langfristig nominelle Leitzinssatz (eine Möglichkeit den neutralen Zinssatz zu schätzen) bei 4% gesehen (https://www.federalreserve.gov/monetarypolicy/files/fomcprojtabl20130619.pdf). Aktuell liegt diese Zahl bei 3%. Die regionale Notenbank von San Francisco rechnet sogar mit einem Wert von nur 0% für den inflationsbereinigten, d.h. realen neutralen Zinssatz (https://www.google.at/search?q=laubach+williams&rlz=1C1GCEA_enAT752AT752&oq=laubach+williams&aqs=chrome..69i57.6661j0j9&sourceid=chrome&ie=UTF-8). Inklusive des Inflationsziels von 2% läge der neutrale nominelle Leitzins damit bei 2%. Da der neutrale Zinssatz in den Modellen meist als r* bezeichnet wird, sprechen Ökonomen im Zusammenhang mit der zum Teil heftig geführten Diskussion von R-Star Wars.
  • Wie hoch ist die gesamtwirtschaftliche Kapazitätsauslastung? Auch die gesamt­wirt­schaft­liche Produktionslücke ist nicht beobachtbar. Für die meisten von Ihnen ist das wahrscheinlich auch sehr einfach nachvollziehbar. Was ist ihr persönliches Produktions­potential? Und wann liegt man drunter oder drüber? Ich könnte die Frage zumindest für mich nicht so einfach beantworten. Der IMF schätzt für die USA für das Jahr 2017 einen Output Gap von 0%, die OECD geht von -0,8% aus, das Congressional Budget Office, eine Behörde, die den US-Kongress bei der Budgeterstellung unterstützt, von -0,8% im März 2017 und die San Francisco Fed rechnet mit +1,1% im März 2017.

Damit kann man, aus meiner Sicht, Entwarnung geben: Die von der klassischen Taylor Regel ausgewiesene extrem lockere Geldpolitik ist in dieser Form sicherlich überzeichnet und einer Änderung der zentralen Inputparameter dahinter geschuldet. Die Wirtschaft hat sich verändert und entsprechend muss man auch sein Rüstzeug zur Analyse der wirtschaftlichen Zusammenhänge anpassen.

Ist die Taylor Rule damit obsolet geworden? Und was heißt das letztendlich für die Einschätzung der zukünftigen Zinsentwicklung? Das wird im dritten Teil der Quo Vadis Fed Reihe beantwortet.

 

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