
Alexandre Dimitrov, Manager des Aktienfonds ERSTE STOCK RUSSIA
Börsianer hatten 2019 allen Grund zu feiern: Quer über den Globus gab es mehr oder minder deutliche Kurssteigerungen an den Aktienmärkten. Der Dow Jones legte um knapp ein Viertel zu, der US-Technologieaktien-Index Nasdaq gar um knapp 38 Prozent. Noch viel besser schnitten die an der Börse Moskau gelisteten Aktien ab: Sie legten um mehr als 47 Prozent zu (siehe Tabelle).
Alexandre Dimitrov, Fondsmanager des ERSTE STOCK RUSSIA erläutert im Interview die Gründe für den Kursanstieg und erwartet für das Jahr 2020 eine Beschleunigung des Wachstums.
Börsen-Wertveränderung 2019 (in Euro)

Quelle: Bloomberg
Der russische Aktienmarkt lief 2019 fantastisch. Damit hat kaum jemand gerechnet. Was waren die Gründe für die starke Performance?

(c) LUKOIL
Es sind mehrere Faktoren, die zu diesem erfreulichen Kursverlauf beigetragen haben: Einerseits hat der Ölpreis um über 27 Prozent zugelegt (bezogen auf die Sorte Brent, Euro-Basis, Quelle Bloomberg, Anm.) was auch die Ölwerte beflügelte. Die OPEC hatte Förderkürzungen angekündigt. Der Kurs von Lukoil erreichte ein Allzeit-Hoch, und der von Gazprom stieg um 80 Prozent.
Im Schnitt legten die Ölwerte 2019 um 47 Prozent zu. Einen maßgeblichen Anteil an der neu entfachten Börsen-Hausse hatten auch die Zinssenkungen der russischen Zentralbank von 7,75 auf 6,25 Prozent. Zudem sind die Reserven der Zentralbank auf 500 Milliarden US-Dollar gewachsen, was ihr einen erheblichen Gestaltungsspielraum in der Zinspolitik ermöglicht. Und auch die Währung Rubel war zu Jahresende gegenüber dem Euro um mehr als 12 Prozent stärker als noch zu Beginn des Jahres 2019 (Quelle: Bloomberg).
Das klingt alles sehr positiv, aber die Sanktionen gegen Russland und auch das eher schwache Wirtschaftswachstum könnten 2020 Bremsspuren hinterlassen?
Sagen wir so: Die politischen Rahmenbedingungen sind schon seit der Ukraine-Krise problematisch und mit den Sanktionen leben wir ebenfalls seit Jahren. Das muss man als Investor als politisches Risiko einkalkulieren.
Ich gebe aber zu bedenken, dass drei Viertel der russischen Aktien von US-Investoren gehalten werden. Also es wird manchmal heißer gekocht als gegessen. Natürlich können jederzeit weitere Konflikte entstehen und die Entwicklung an der Börse beeinflussen. Wir als Investoren orientieren uns an den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen, der Zinspolitik und der Gewinnentwicklung der Unternehmen. Das ist eine gute Betrachtungsweise, die sich bewährt hat, und an der Börse zählen langfristig diese Werte.
Wie bewertet Erste Asset Management die Aussichten für russische Aktien 2020?
Die russische Wirtschaft ist im letzten Jahr eher verhalten mit real 1 Prozent gewachsen. 2020 wird eine Beschleunigung des Wachstums auf 1,8-2 Prozent erwartet (Quelle: Konsensus-Schätzung, Bloomberg). Positiv bewerten wir die steigenden Realeinkommen, getrieben durch die niedrige Arbeitslosenrate von 4,6 Prozent.
Treibende Kraft für den gesamten Aktienmarkt bleiben – so wie 2019 – die hohe Dividenden-Rendite von etwa 7 Prozent und steigende Gewinnausschüttungen der staatsnahen Unternehmen. Was die Zinsentwicklung betrifft, so hat die Notenbank Spielraum für weitere Zinssenkungen. Sinkende Zinsen und eine stabile Preisentwicklung sind Rahmenbedingungen, die die Börsen lieben.
Kurs-Gewinn-Verhältnis Russland verglichen mit Europa und Österreich
Die Unternehmensgewinne werden also tendenziell steigen?
Ja, Telekomwerte könnten um rund 17 Prozent höhere Gewinne einfahren, Konsumwerte sogar um ein Fünftel mehr. Bei Finanz- und Immobilienwerten liegt das erwartete Gewinnwachstum zwischen 10 und 20 Prozent. Also summa summarum bietet die Gewinnsituation der Unternehmen Fantasie für weitere Kursanstiege.
Mit einem Kurs-Gewinn-Verhältnis von 7 und einer Dividendenrendite von 7 Prozent ist Russland der am niedrigsten bewertete Aktienmarkt der Welt mit der höchsten Dividenden-Rendite.
Erwartete Dividenden-Rendite 2020 für Russland, Europa und Österreich
Welche Aktien stechen dabei ins Auge?
Ein gutes Beispiel (Schwergewicht im Portfolio) für die Markt-Performance und die Erwartungen ist die Aktie von Lukoil. Dieses Ölunternehmen zahlt nun 100 Prozent des erwirtschafteten Free Cash Flows aus und startet schon das zweite Aktien-Rückkauf-Programm
Insgesamt wird erwartet, dass die Dividenden-Rendite in den nächsten 2 Jahren auf über 10 Prozent steigen wird. Lukoil ist übrigens ein Schwergewicht im Aktienfonds ERSTE STOCK RUSSIA. Prominente Beispiele aus anderen Sektoren, die ihre Ausschüttungen deutlich erhöht haben, sind das Bergbau-Unternehmen Norilsk Nickel, einer der Hauptprofiteure der Nachfrage nach Elektrobatterien, das weltweit größte Erdgasförderunternehmen Gazprom und der größte russische Mobilfunkanbieter Mobile TeleSystems.
Ein Kauf russischer Aktien ist für Privatanleger nur über „Umwege“ möglich. Aktienfonds wie der ERSTE STOCK RUSSIA, bieten AnlegerInnen und Anlegern eine bequeme Möglichkeit gleich mehrere der attraktivsten Aktien zu erwerben und das schon ab regelmäßig 50 Euro im Monat.Wie sind Sie aktuell im Fonds positioniert? Welche Branchen sehen Sie 2020 im Vorteil?
Der ERSTE STOCK RUSSIA umschließt ein konzentriertes Portfolio mit 27 Aktien, die wir als attraktiv und aussichtsreich einstufen. Energiewerte haben einen Anteil von 40 Prozent. Nachdem diese schon 2019 erhebliche Kursgewinne erzielt haben, setzen wir nun stärker auf Finanzwerte, Konsumwerte und Telekom-Unternehmen.
Noch immer finden wir gute Investitionsmöglichkeiten im Metall- und Minensektor. Tendenziell bevorzugen wir Unternehmen mit starken Bilanzen und hohen Dividendenauszahlungen. Ja und sie sollten idealerweise Marktführer in ihrem Segment sein.
Fazit:
Nach dem starken Börsenjahr 2019 stehen die Chancen gut für weitere Kursgewinne an der Börse in Moskau. Ein anziehendes Wirtschaftswachstum, die extrem niedrige Bewertung der Aktien und die hohen Ausschüttungsraten machen russische Aktien zu einem der attraktivsten Börsensegmente.
Die politische Situation dürfte sich weder verbessern noch verschlechtern. Als Anlegerin und Anleger muss man auf große Schwankungen in die eine oder andere Richtung vorbereitet sein. Eine lange Anlagedauer ist auf jeden Fall ratsam.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.