„Sucht ist eine der wichtigsten Krankheiten der Gegenwart“

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„Sucht ist eine der wichtigsten Krankheiten der Gegenwart“
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Interview mit Prof. Dr. Reinhard Haller

Univ.-Prof. Prim. Dr. med. Reinhard Haller wurde 1951 in Vorarlberg geboren, ist Facharzt für Psychiatrie und Neurologie und zählt zu den renommiertesten Gerichtspsychiatern Europas. Reinhard Haller hat über 400 wissenschaftliche Studien zu den Themen Sucht, Suizid, Depression und forensische Psychiatrie publiziert und unterrichtet an der Universität Innsbruck. Unter seinen zahlreichen Gutachten (ca 8.000) finden sich auch besonders prominente Fälle wie der Sexualmörder Jack Unterweger, der Bombenbauer Franz Fuchs, der Inzesttäter Josef Fritzl sowie der Amokläufer von Winnenden.

Herr Dr. Haller, Sie sind Chefarzt im Krankenhaus Maria Ebene und halten zugleich einen Lehrauftrag an der Universität Innsbruck. Was waren Ihre Beweggründe die Suchtforschung zum Schwerpunkt Ihrer Arbeit zu machen?

Dr. Haller: Innerhalb des Fachgebietes Psychiatrie scheinen mir die Suchterkrankungen mit ihren vielen Wurzeln, ihrer komplexen Symptomatik und ihrem umfassenden Therapieanspruch eines der interessantesten Spezialgebiete zu sein. Kein anderes Krankheitsbild greift so sehr in den körperlichen, psychischen und sozialen Gesundheitsbereich ein und betrifft so viele Personen aus dem Umfeld der Betroffenen. Sucht gehört zu den sieben wichtigsten Krankheiten der Gegenwart und hat leider eine große Zukunft vor sich. Deshalb habe ich es gewählt.

Wie hoch ist der Anteil der Spielsüchtigen, die im Krankenhaus Maria Ebene behandelt werden?

Dr. Haller: Der Anteil der Spielsüchtigen in unserem Krankenhaus hat seit der Jahrtausendwende einen Quantensprung gemacht. Dies hängt nicht nur mit der Zunahme der Spielsüchtigen, sondern auch mit unserem speziellen ambulanten und stationären Behandlungsangebot zusammen. Personen mit pathologischem Spielen als Monoabhängigkeit machen 6% unserer Patienten aus. Bei etwa 15% jener Patienten, die wegen Alkohol- oder Medikamentenabhängigkeit behandelt werden, liegt zumindest ein problematisches Spielen vor.

Gibt es den typischen Spieler? Oder anders gefragt, lässt sich ein Zusammenhang zwischen Sozialisierung, Bildung, Geschlecht, Alter und Anfälligkeit zur Spielsucht empirisch feststellen?

Dr. Haller: Der typische Spieler ist weder psychisch behindert noch in irgendeiner Form psychisch krank. Oft aber leidet er unter neurotischen Problemen, unter Persönlichkeitsstörungen oder unter sozialen und lebensgeschichtlichen Belastungen. Emotional instabile, ängstliche und unter Selbstwertzweifel leidende Menschen weisen ein höheres Risiko für Spielsucht auf. Burnout-Patienten suchen oft die Atmosphäre des Casinos, um aus ihrem überlasteten Alltag in eine künstliche Welt zu flüchten. Bei jungen Menschen liegen die Hauptmotive in Sinnlosigkeits- und Leeregefühlen, sie suchen oft den Kick der „Angst-Lust-Spannung“.

Gibt es Anzeichen, anhand derer man an sich selbst erkennt, ob aus einer Freizeitbeschäftigung bereits eine Sucht geworden ist?

Dr. Haller: Der Mensch ist auch ein „homo ludens“, also ein spielendes Wesen. Spielen ist a priori nicht krankhaft, sondern dient der Vorbereitung auf das Leben, dem Erlernen verschiedener Fähigkeiten, auch dem Wettkampf und dem Vergnügen. Problematisch wird das Spielen erst dann, wenn es dem Ausweichen vor Problemen, der „Flucht in die Sucht“ dient. Abhängigkeit liegt vor, wenn sich das gesamte Denken, Fühlen und Wollen, ja die ganze Lebensführung, nur noch nach dem Spiel richtet.

Kann ein Spielsüchtiger vollständig geheilt werden oder bleibt eine lebenslange Anfälligkeit?

Dr. Haller: Sucht ist immer ein „Epi-Phänomen“, also eine Störung, die auf zugrunde liegende psychosoziale Probleme aufbaut. Deshalb richtet sich die Therapie stets auf die Basisstörungen, also auf Erschöpfungszustände, Depressionen, Ängste oder Selbstwertzweifel. Die Therapie ist dann erfolgreich, wenn der Betroffene das Spielen gar nicht mehr braucht, um seine Situation zu ertragen und mit seinen Problemen fertig zu werden. Suchttherapie zielt also nicht auf eine manchmal gar nicht mögliche Heilung, sondern auf die Befähigung für ein Leben mit der Gefahr ab.

Was sagen Sie zu dem Argument „Es wird niemand zum Spielen gezwungen“?

Dr. Haller: Jede Abhängigkeitserkrankung, so auch die Spielsucht, hängt immer von der Persönlichkeit des Konsumenten, von den soziokulturellen Umständen und vom Angebot bzw. der Griffnähe der suchtmachenden Substanz oder der zur Abhängigkeit führenden Verhaltensweisen ab. Kein Spieler hat anfangs das Gefühl des Zwanges. Bei einem kleinen Teil der Spielenden wird der Drang zum Zwang und führt manchmal zur Aufhebung der Willensfreiheit.

Welche Verantwortung trifft das Glücksspielunternehmen – welche Rolle sollte hier der Regulator einnehmen?

Dr. Haller: Durch gesetzliche Maßnahmen lässt sich ein Suchtproblem niemals lösen, sondern nur regulieren. Tatsächliche Lösungen sind nur individuell möglich. Der gesetzliche Schutz muss sich aber vor allem auf Jugendliche, Gefährdete und bereits Süchtige beziehen. Den Glücksspielunternehmern obliegt die Verantwortung, gefährdete Personen zu erkennen und ihnen den Zugang zu verwehren. Zudem sollte ein Teil des großen Gewinns der Prävention, Therapie und Rehabilitation zukommen.

 

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