Als Bayer 2018 endlich die Übernahme des US-amerikanischen Agrochemie- und Agrarchemiekonzerns Monsanto bekanntgab, war die Erleichterung in den Führungsetagen beider Unternehmen über den erfolgreichen Abschluss der Transaktion groß. Der mit rund 64 Mrd. USD bewertete Deal warf jedoch eine Reihe von Fragen auf. So hat Monsantos Historie an kontroversen Praktiken, wie z.B. aggressive Klagen gegenüber Landwirten und die unzureichende Kennzeichnung von gentechnisch veränderten Organismen (GVO), Empörung in der Öffentlichkeit hervorgerufen1. Durch die Fusion mit Monsanto sah sich plötzlich Bayer für diese Praktiken in der Verantwortung und könnte damit seinen eigenen ESG-Ruf beschädigen.
Ein kurzer Blick auf die ESG-Agenden der Bayer AG
Anhand des von der Erste AM entwickelten ESGenius Score lässt sich das ESG-Profil von Bayer leicht ermitteln. Es gibt einige positive Aspekte, wie z.B. einen von SBTi genehmigten Dekarbonisierungsplan. Dieser würde Bayer bis 2050 zu einem Netto-Null-Unternehmen machen2. Wie das rote Kästchen in der unteren linken Ecke andeutet, gibt es jedoch auch einige negative Aspekte. Dieses Kästchen bezieht sich auf die potenzielle Investierbarkeit in die Responsible-Funds-Familie der Erste AM. Zu den von uns definierten Ausschlusskriterien gehören Beziehungen zur Produktion von gentechnisch veränderten Nutzpflanzen und Düngern3. Anhand der relativ niedrigen Umweltbewertung können wir außerdem deutlich erkennen, dass der Umweltaspekt durch die Übernahme von Monsanto ins Hintertreffen geraten ist.
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Der weit verbreitete Einsatz von Herbiziden auf Glyphosatbasis von Monsanto hat tiefgreifende Kollateralauswirkungen auf Nicht-Zielorganismen und Ökosysteme. So wurde besagter Einsatz von Glyphosat bereits mit dem Rückgang lebenswichtiger Bestäuber wie Bienen und anderer Insekten, die für die Bestäubung von Nutzpflanzen und die allgemeine Gesundheit der Ökosysteme entscheidend sind4, in Verbindung gebracht. Darüber hinaus stellt die Kontamination von Böden und Gewässern mit Glyphosat ein Risiko für Wasserlebewesen dar und kann das empfindliche Gleichgewicht unserer Ökosysteme stören.
Das betreffende Produkt, „Roundup“, wurde in zahlreichen Sammelklagen gegen Monsanto angeführt. Aus diesem Grunde sah sich Bayer dazu genötigt, sich mit den Auswirkungen5 der prozessualen Vergangenheit von Monsanto auseinanderzusetzen. Diese Situation wird vermutlich zu einem erhöhten Risikoprofil im Vergleich zu vielen seiner Konkurrenten führen. Risiken, die potenzielle Anleger letztendlich tragen müssen, wenn sie in das Unternehmen investieren.
Artenvielfalt in Gefahr
Zu guter Letzt möchte ich noch die Auswirkungen nachhaltiger landwirtschaftlicher Praktiken auf die Zukunft beleuchten. Monsantos Fokus auf chemieintensiver Landwirtschaft in Verbindung mit der Entwicklung herbizidresistenter Pflanzen hat einen Kreislauf verstärkten Einsatzes von Pestiziden aufrechterhalten. Diese Abhängigkeit von Agrochemikalien hat sich als schädlich für die Ökosysteme erwiesen und zu Bodendegradation, Wasserverschmutzung und der Zerstörung natürlicher Lebensräume beigetragen. Solche Praktiken stehen in krassem Gegensatz zu den Prinzipien nachhaltiger Landwirtschaft, die das ökologische Gleichgewicht, die Gesundheit der Böden und die Erhaltung der Artenvielfalt in den Vordergrund stellen.
Zusammenfassend lässt sich festhalten, dass die Übernahme von Monsanto durch Bayer ein interessantes Beispiel dafür ist, wie Wachstum durch Übernahmen nach hinten losgehen kann: Verschärfter Argwohn seitens der Investor:innen bei Anlageentscheidungen, ein ererbter schlechter Ruf und ein potenzielles Milliardenrisiko durch verschiedene Sammelklagen stehen zu Buche.
Darüber hinaus wird der hartnäckige Makel, dass Monsantos Produkte mit negativen Risiken für die Gesundheit und die Artenvielfalt in Verbindung gebracht werden, auch weiterhin eine harte Nuss sein, die es für Bayer zu knacken gilt.
Weitere Informationen, Insights und Expert:innenstimmen zum Thema Biodiversität erhalten Sie in unserem neuen ESGenius Letter.
Erläuterungen zu Fachausdrücken finden Sie in unserem Fonds-ABC.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.
[1] Monsanto’s history of lawsuits: implications for farmers and biotech companies (the-kingfisher.org)
[2] Target dashboard – Science Based Targets
[3] Publikationen & Richtlinien | Erste Asset Management (erste-am.at)