Klimawandel und Nachhaltigkeit sind trotz gegenwärtigem Gegenwind in aller Munde. Viele fragen sich, wie man Unternehmen dazu bringen kann, umweltfreundlicher und sozialer zu wirtschaften, oder wie man Nachzügler zur aktiven Verbesserung bewegen kann. Wie kann man dies erreichen? Eine Möglichkeit ist, dass Investoren, wie z.B. Kapitalanlage- oder Fondsgesellschaften, Druck auf die investierten Unternehmen ausüben. Um Veränderungen anzustoßen oder zu beschleunigen, kann dies entweder über die Nutzung von Stimmrechten und/oder direkten Unternehmensdialogen erfolgen. Aber hat das wirklich einen Effekt? Machen die Unternehmen dann tatsächlich mehr für Umwelt und Gesellschaft?
Um diese Fragen zu beantworten, haben wir uns drei aktuelle Studien angesehen. Wie beurteilt die Wissenschaft diese Thematik derzeit? Eine Studie analysiert die Nachhaltigkeitsberichte von Firmen und versucht herauszufinden, ob Unternehmen, die viel versprechen, tatsächlich mehr als andere Unternehmen tun. Eine weitere Studie untersucht, ob Aktionärsanträge mit konkreten Vorschlägen, z.B. zum Thema Klimaschutz, dazu führen, dass sich die Unternehmen in diesen Bereichen verbessern. Die dritte Studie testet, ob sich Firmen ehrgeizigere Umweltziele setzen, wenn ein wichtiger Indexanbieter sie direkt dazu auffordert.
Die Kernfragen:
- Kann man Unternehmen zu mehr Nachhaltigkeit und Klimaschutz bewegen?
- Bleiben die Unternehmen bei schönen Worten oder handeln sie wirklich?
- Welche Strategien funktionieren am besten?
Diesen Fragen gehen wir im Folgenden nach. Zuerst stellen wir die drei Studien kurz vor, dann vergleichen wir ihre Erkenntnisse. Schließlich diskutieren wir, was das für Investor:innen und Unternehmen bedeutet und welche weiteren Forschungen notwendig sind.
Die Studien im Überblick
Die drei Studien untersuchen auf unterschiedliche Art, wie Investor:innen auf Unternehmen einwirken. Zusammen ergeben sie ein umfassenderes Bild.
Die erste Studie von Bingler und Kollegen untersucht Nachhaltigkeitsberichte großer Firmen im Zeitraum 2010 bis 2020. Ein spezielles Computerprogramm sucht nach Stellen, an denen die Unternehmen unverbindliche Versprechungen – in der Studie als „Cheap Talk“ bezeichnet – machen. Es wird analysiert, ob Firmen, die eher oberflächlich informieren, auch weniger für Klima und Umwelt tun.
Die Studie von Levasseur und Mazza untersucht die Auswirkungen von Aktionärsanträgen mit konkreten Vorschlägen, z.B. für den vermehrten Einsatz von erneuerbaren Energien, die auf Hauptversammlungen eingebracht wurden. Dafür wurden über den Zeitraum von 2010 bis 2020 475 Aktionärsvorschläge von 210 im S&P-500 oder Stoxx-Europe-600-Index enthaltenen Unternehmen analysiert, um herauszufinden, ob die Vorschläge die finanzielle und nicht-finanzielle (ESG) Leistung der Firmen verbessern.
Die dritte Studie von Kölbel und Heeb untersucht mittels eines Feldexperiments, ob das Engagement eines Indexanbieters die Klimaziele von Unternehmen beeinflusst. Hierfür wurde mit einem Indexanbieter zusammengearbeitet, der Indizes berechnet und zur Verfügung stellt, welche die Mindeststandards für die EU-Referenzwerte für den klimabedingten Wandel und für Paris-abgestimmte EU-Referenzwerte erfüllen. Dafür wurden an 300 zufällig ausgewählte Firmen von insgesamt 1227 Unternehmen Briefe verschickt, in denen diese vom Indexanbieter aufgefordert wurden, sich wissenschaftlich fundierte Klimaziele zu setzen, um weiter im Index verbleiben zu können. Dann wurde ausgewertet, wie viele Firmen der Aufforderung Folge geleistet haben.
Vergleich der Ergebnisse
Die Studien beleuchten das Thema aus verschiedenen Perspektiven und mit unterschiedlichen Methoden, kommen jedoch zu ähnlichen Kernaussagen.
Bingler und Co. schließen, dass Unternehmen, die in ihren Berichten eher unverbindliche Aktivitäten darstellen, auch häufig weniger für Klima und Umwelt tun. Sie sind auch öfters das Ziel von NGOs und Medien. Unverbindliche Initiativen deuten also eher in Richtung „mehr Schein als Sein“.
Levasseur und Mazza finden heraus, dass Aktionärsanträge mit konkreten Vorschlägen oft eine verbesserte nicht-finanzielle Performance, also Umwelt- und Sozialleistung von Firmen, nach sich ziehen, dies aber auch negativen Einfluss auf den Gewinn haben kann.
Heeb und Kölbel zeigen mit ihrem Experiment, dass ein Anbieter von Klimaindizes, welcher Unternehmen direkt zum Handeln auffordert, diese dazu ermuntert, sich häufiger und ehrgeizigere Klimaziele zu setzen.
Insgesamt deuten die Studien darauf hin, dass Unternehmensdialoge und Stimmrechtsabgabe Unternehmen durchaus zu mehr Nachhaltigkeit ermutigen können. Diese Aktivitäten müssen aber konkret sein und Druck ausüben. Nur schöne Worte reichen nicht.
Schlussfolgerungen und offene Fragen
Was bedeuten die Ergebnisse nun? Engagement muss strategisch geplant und konsequent durchgezogen werden. Vage Appelle bringen wenig. Stattdessen müssen klare Forderungen gestellt und deren Umsetzung genau verfolgt werden. Die Zusammenarbeit mit anderen Investor:innen erhöht dabei den Druck.
Und für die Unternehmen? Sie sollten die Signale ernst nehmen. Statt Nachhaltigkeitsberichte mit Phrasen zu füllen, sollten sie ihre Ziele und Erfolge ehrlich und genau beschreiben. Firmen, die glaubwürdig vorangehen, können punkten. Sie verbessern ihr Image und vermeiden Ärger.
Doch noch sind nicht alle Fragen geklärt. Wie lange halten die Effekte an – machen die Firmen langfristig mehr für Klima und Umwelt? Gelten die Ergebnisse auch für kleinere Firmen und andere Länder? Welche Taktiken der Investor:innen sind am wirksamsten?
Hier ist weitere Forschungsarbeit nötig. Fachleute müssen die Zusammenhänge weiter untersuchen und die besten Vorgehensweisen herausfinden. Die Studien zeigen aber schon jetzt: Investor:innen können eine wichtige Rolle spielen, um die Wirtschaft umweltfreundlicher und sozialer zu machen. Packen wir es gemeinsam an!
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