Das wirtschaftliche Umfeld in den USA bleibt trotz der Anhebungen bei den Leitzinsen günstig, wie jüngste Daten zeigen. Die Wirtschaft scheint weiterhin kräftig zu wachsen, während die Inflation zunehmend in Richtung des Zentralbankziels von 2% sinkt – wenn auch nicht ganz so schnell wie erhofft. Fragt sich nur, wie lange dieses Szenario aufrecht bleiben kann und vor allem: Wie reagiert die US-Notenbank heute bei ihrer ersten von insgesamt acht Zinssitzungen im heurigen Jahr?
Hinweis: Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Ein Investment in Wertpapiere beinhaltet neben Chancen auch Risiken.
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Wie wirken sich die höheren Leitzinsen aus?
Noch vor einem Jahr wurde von vielen Analysten eine Rezession befürchtet. Schon in der Vergangenheit hatten solch schnelle und deutliche Anhebungen der Leitzinsen wie in den USA in den vergangenen beiden Jahren, einen Wirtschaftsabschwung bewirkt. Als sich die Wirtschaft jedoch weiterhin robust zeigte und immer mehr gegen eine Rezession sprach, wurde das Szenario einer „weichen Landung“ immer wahrscheinlicher. In diesem Szenario sinkt die Inflation in Richtung des Zentralbankziels von 2%, ohne dass die Wirtschaft in eine Rezession abrutscht.
Die US-Wirtschaftsdaten aus den vergangenen beiden Quartalen sprechen jedoch mehr für das Szenario „keine Landung“, also eine fallende Inflation, während das Wirtschaftswachstum trotz der Leitzinsanhebungen weiterhin robust bleibt. Zu Jahresende 2023 ist die Wirtschaft in den USA inflationsbereinigt überraschend deutlich um 0,8% gewachsen, auf das Jahr hochgerechnet wäre das ein Wert von 3,3%. Schon im dritten Quartal lag das bereinigte und auf das Jahr hochgerechnete Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) bei starken 4,9%. Gleichzeitig lag die Kerninflation, auf Basis des jeweiligen Vorquartals und auf das Jahr hochgerechnet, bereits das zweite Quartal in Folge bei 2%.
Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen.
Ein genauerer Blick auf den Arbeitsmarkt zeigt jedoch erste Hinweise für eine Abschwächung der Nachfrage, darunter ein Rückgang der offenen Stellen in den USA. Leitzinsanhebungen wirken sich meist zeitverzögert und auch nicht immer gleich auf die Wirtschaft aus. Gut möglich also, dass die restriktivere Geldpolitik das Wirtschaftswachstum letztendlich nach unten drückt. Wahrscheinlich befinden wir uns somit in einer Übergangsphase von einem hohen zu einem niedrigen Wachstum.
Was macht die US-Notenbank heute?
Das bringt uns zu der Frage wie die US-Notenbank Fed auf das aktuelle Umfeld reagiert. Am heutigen Mittwoch steht die erste von insgesamt acht Zinsentscheidungen der weltweit wohl wichtigsten Notenbank an. Auch wenn am Markt für das heurige Jahr einige Zinssenkungen erwartet werden, dürfte sich im Rahmen der heutigen Sitzung sehr wahrscheinlich nichts an dem Leitzinssatz ändern.
Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen.
Aktuell liegt das obere Ende der Bandbreite für den Leitzinssatz bei 5,5%. Die in den vergangenen Monaten zurückgegangene Inflation hat auch das vorherrschende Marktthema geändert. Während zuvor noch darüber diskutiert wurde, auf welches Niveau die Leitzinsen angehoben werden sollen, steht jetzt im Fokus, wann die Zinsen wieder gesenkt werden.
Balanceakt bei den Leitzinsen
Sehr wahrscheinlich wird sich der Zentralbankchef Jerome Powell in seiner Rede nach der Leitzinssitzung aber bemühen, gegen frühe und generell gegen kräftige Leitzinssenkungen zu argumentieren. Allgemein gilt nämlich: Zu frühe Leitzinssenkungen erhöhen das Risiko einer zweiten Inflationswelle, während bei zu späten Leitzinssenkungen die Gefahr einer Rezession lauert.
Wann die Zinsen wieder gesenkt werden, hängt nicht nur von der Inflation, sondern auch von den erwarteten Auswirkungen der Leitzinsanhebungen auf das Wirtschaftswachstum ab. Weil das Wirtschaftswachstum und der Arbeitsmarkt weiter robust sind, ist die Zuversicht der Zentralbanker, dass die Inflation bei 2% bleiben wird, aber eher gering. Die Zentralbank wird deshalb mit Zinssenkungen vorsichtig vorgehen und ihre Geldpolitik vorerst restriktiv halten.
Günstiges Umfeld am Aktienmarkt
Der Aktienmarkt hat in den vergangenen zwei Wochen unterdessen teilweise neue Höchststände erreicht und damit die vorherigen Hochs von Ende 2021 egalisiert. Bemerkenswert dabei ist: Nicht die Hoffnung auf Leitzinssenkungen der Fed waren der treibende Faktor. Die am Markt eingepreisten Leitzinsen sind zuletzt sogar angestiegen. Vielmehr haben die guten Wirtschaftsdaten aus den USA auch die Stimmung am Aktienmarkt begünstigt.
Angesichts der aktuell guten Daten scheint es nicht mehr allzu relevant zu sein, ob die erste Senkung der Leitzinsen in den USA Ende des ersten, im zweiten oder erst im dritten Quartal kommt. Inflationskämpferische, also hawkishe, Aussagen von Zentralbankchef Powell sollten daher auch keine nachhaltig negativen Auswirkungen auf den Aktienmarkt haben. Gleichzeitig gibt es auch aktuelle Risiken: In der Vorwoche sind die Ölpreise nach einem Raketenangriff auf einen Öltanker im Golf von Aden stark angestiegen. Die erhöhten Eskalationsrisiken im Mittleren Osten könnten auch die positive Marktstimmung in Mitleidenschaft ziehen.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet.
Fazit
Auch wenn der Markt damit rechnet, dass die Leitzinsen in den USA heuer sinken werden, dürfte zumindest bei der heutigen Zinssitzung alles beim Alten bleiben. Der Notenbankpräsident Jerome Powell dürfte sich eher zurückhaltend äußern hinsichtlich erster Zinssenkungen. Gleichzeitig sollte das den Aktienmarkt nicht allzu sehr belasten, da vor allem die robusten US-Wirtschaftsdaten die Märkte zuletzt unterstützt haben. Trotz der positiven Marktstimmung bleibt aber das geopolitische Risiko mit dem Konflikt im Mittleren Osten bestehen.
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