Es ist unbestreitbar, dass der Schutz unseres Planeten auch in der Finanzindustrie angekommen ist und eine hohe Priorität hat. Dennoch hat das anfängliche Interesse an ESG-Produkten in der Finanzwelt nachgelassen und wird oft als vorübergehender Trend betrachtet. ESG steht in diesem Fall für Environmental (Umwelt), Social (Soziales) und Governance (Unternehmensführung) und ist ein Überbegriff für nachhaltige Investments.
In den vergangenen Jahren hatten die steigenden Zinsen die Attraktivität von ESG-Investitionen verringert, da sie oft kapitalintensive Sektoren wie saubere Energie betreffen, die stark von Finanzierungskosten abhängen. In einigen Ländern, insbesondere in den USA, gab es politischen Widerstand gegen ESG-Investitionen. Dies hat zu einer erhöhten Skepsis und zu regulatorischen Herausforderungen geführt. Es gab zunehmende Bedenken hinsichtlich der Transparenz und Glaubwürdigkeit von ESG-Bewertungen. Viele Investoren sind vorsichtiger geworden, da sie befürchten, dass einige Unternehmen ihre Nachhaltigkeitsbemühungen übertreiben.
Allerdings hat sich die Zinslandschaft geändert und ESG spielt auf Ebene des Risikomanagements und bei der Auswahl von Einzeltiteln und Fonds eine wichtige Rolle. Dies liegt daran, dass ESG-Kriterien helfen können, langfristige Risiken zu identifizieren und zu managen, die sonst übersehen werden könnten. Unternehmen, die ESG-Praktiken integrieren, sind oft besser auf regulatorische Änderungen vorbereitet und können von einem positiven öffentlichen Image profitieren.
Neue Transparenz ab dem Jahr 2025
Ab dem Jahr 2025 sind Unternehmen, die bereits unter die CSR-Richtlinie fallen, verpflichtet, erstmals für das Geschäftsjahr 2024 nach den neuen Vorgaben der Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) zu berichten. Diese Anforderung betrifft Unternehmen, die zwei der folgenden Kriterien erfüllen: mehr als 250 Beschäftigte, einen Umsatz von mehr als 40 Millionen Euro oder eine Bilanzsumme von mehr als 20 Millionen Euro in zwei aufeinander folgenden Geschäftsjahren.
Die CSRD wird die ESG-Landschaft erheblich beeinflussen. Sie zielt darauf ab, Unternehmen dazu zu bewegen, Nachhaltigkeit in den Mittelpunkt ihrer Geschäftsstrategien zu rücken und ihre Auswirkungen auf Umwelt und Gesellschaft umfassend zu berücksichtigen. Dies wird nicht nur die Transparenz und Vergleichbarkeit von Nachhaltigkeitsberichten verbessern, sondern auch Unternehmen dazu anregen, langfristige und nachhaltige Geschäftspraktiken zu entwickeln.
Unternehmen müssen über Umwelt-, soziale, und Governance-Themen berichten
Diese neuen Anforderungen sollen die Qualität und Konsistenz der ESG-Berichterstattung verbessern, was es Investoren und anderen Stakeholdern erleichtert, die Nachhaltigkeitsleistung von Unternehmen zu bewerten und fundierte Entscheidungen zu treffen. Auch Investor:innen und Verbraucher:innen werden somit die ESG-Leistungen verschiedener Unternehmen besser vergleichen können.
Die CSRD betrifft nicht nur große kapitalmarktorientierte Unternehmen, sondern auch viele nicht-kapitalmarktorientierte große Unternehmen und Konzerne innerhalb der EU. Auch Nicht-EU-Unternehmen mit Tochtergesellschaften oder Niederlassungen im EU-Binnenmarkt werden bis 2028 berichtspflichtig. Unternehmen müssen ihre Nachhaltigkeitsberichte als Teil des Lageberichts veröffentlichen, der zusammen mit dem Jahresabschluss geprüft wird. Dies erhöht die Verlässlichkeit und Relevanz der Berichte. Auch wenn die Richtlinie ein zentraler Bestandteil des Europäischen Green Deals ist, der darauf abzielt, Europa bis 2050 klimaneutral zu machen, fördert sie nicht nur Umweltaspekte, sondern legt auch großen Wert auf soziale und Governance- Themen. Dies umfasst Aspekte wie Mitarbeiterzufriedenheit, Aus- und Weiterbildung sowie gute Unternehmensführung. Die Berichte müssen von einem Wirtschaftsprüfer geprüft werden, was die Glaubwürdigkeit und Genauigkeit der Angaben sicherstellt.
Die Lieferketten erhalten zusätzliche Aufmerksamkeit
Die neue EU-Lieferkettenrichtlinie, auch bekannt als Corporate Sustainability Due Diligence Directive (CSDDD), wurde nach langen Verhandlungen im März 2024 von den ständigen Vertretern der EU-Mitgliedsstaaten angenommen.Die Mitgliedstaaten haben nun zwei Jahre Zeit (bis 26. Juli 2026), die Richtlinie in nationales Recht umzusetzen.
Durch die neue EU-Lieferkettenrichtlinie müssen Unternehmen menschenrechtliche und umweltbezogene Risiken in ihrer gesamten Wertschöpfungskette identifizieren und bewerten. Dies umfasst sowohl direkte als auch indirekte Geschäftspartner. Unternehmen sind verpflichtet, Maßnahmen zu ergreifen, um identifizierte Risiken zu verhindern oder zu minimieren. Sie müssen regelmäßig über ihre Sorgfaltspflichten und die ergriffenen Maßnahmen berichten. Diese Berichte sollen transparent und öffentlich zugänglich sein. Nachhaltigkeits- und Menschenrechtsaspekte müssen in die Geschäftsstrategie der Unternehmen integriert werden.
Einige prominente Beispiele verdeutlichen die Notwendigkeit dieser Richtlinie: Im Jahr 2018 stand H&M in der Kritik, weil einige seiner Zulieferer in Asien unter schlechten Arbeitsbedingungen produzierten und Umweltstandards nicht einhielten. Ein weiteres Beispiel ist Apple, das wegen der Arbeitsbedingungen bei seinen Zulieferern in China, insbesondere bei Foxconn, in den Jahren 2010 und 2012 in die Schlagzeilen geriet. Diese Fälle zeigen, wie wichtig es für Unternehmen ist, ihre Lieferketten sorgfältig zu überwachen und sicherzustellen, dass sie den ESG-Standards entsprechen.
Relativ positive Rendite von ESG-Investment immer eindeutiger
Die Statistiken zu ESG-Indizes zeigen, dass die Integration von nachhaltigen Aspekten und Kriterien langfristig zu finanziellen Renditen führt, die (mindestens) mit denen von Indizes ohne ESG vergleichbar sind. Je nach Zeithorizont, Index und Region variieren die Ergebnisse jedoch. So war beispielsweise das Jahr 2022 für die meisten ESG/SRI-Indizes (Socially Responsible Investments; sozial nachhaltige Investitionen) ein schwieriges Jahr.
Unternehmen mit hohen ESG-Ratings sind jedoch laut einer Auswertung von BofA Merrill Lynch aus dem Jahr 2018 weniger anfällig für systemische Marktrisiken und weisen eine geringere Gewinnvolatilität auf. Über die vergangenen 15 Jahre liegt zB. die Performance des MSCI World SRI über jener des MSCI World. Beide Indizes repräsentieren den weltweiten Aktienmarkt in den entwickelten Ländern, während der MSCI World SRI bei der Indexzusammensetzung auf Unternehmen mit guten ESG-Ratings achtet und Firmen deren Produkte einen negativen ökologischen oder sozialen Impact aufweisen ausschließt. Zu beachten ist jedoch, dass Investitionen in Wertpapiere neben Chancen immer auch Risiken beinhalten.
Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen.
Fazit
Die Berücksichtigung von ESG-Kriterien (Environmental, Social, and Governance) ist für Aktienbewertungen von entscheidender Bedeutung, da sie eine Vielzahl von Einflussfaktoren umfasst.
Das Investoreninteresse stellt einen weiteren Aspekt dar, der im Kontext der ESG-Kriterien von Relevanz ist. Die Berücksichtigung von Nachhaltigkeitskriterien gewinnt für Investoren zunehmend an Bedeutung, da dies Risiken bei den Unternehmen reduzieren und somit den Wert langfristig steigern kann. ESG-Investitionen werden gemeinhin als nachhaltiger und weniger volatil angesehen.
Unternehmen, die sich durch starke ESG-Praktiken auszeichnen, genießen in der Öffentlichkeit häufig ein besseres Image und weisen eine höhere Kundentreue auf. Dies kann zu einem Wettbewerbsvorteil führen und den Markenwert steigern.
Unternehmen mit hohen ESG-Ratings weisen meistens eine bessere finanzielle Performance auf. Dies lässt sich darauf zurückführen, dass sie effizienter arbeiten, weniger rechtliche Probleme haben und besser auf zukünftige Herausforderungen vorbereitet sind.
ESG stellt somit ein zentrales Element bei der Bewertung von Aktien dar, da es nicht nur zur Risikominderung beiträgt, sondern auch das Potenzial für langfristige Wertsteigerungen bietet.
Mehr Infos zu unseren nachhaltigen Investmentansatz und Fonds die nachhaltige Kriterien berücksichtigen, finden Sie unter www.erste-am.at/nachhaltigkeit.