Wenn man heutzutage über Biodiversität liest, dann vor allem mit der Zusatzinformation, dass wir in den letzten Jahrzehnten Zeugen eines massiven Verlusts der Artenvielfalt wurden. Auch heißt es oft, dass die Biodiversitätskrise eine noch viel größere Bedrohung für die Menschheit darstellt als die Klimakrise. Während die Klimakrise entscheidet, wie wir zukünftig unseren Alltag auf der Erde gestalten können, entscheidet die Biodiversitätskrise, ob es diese Zukunft für den Menschen überhaupt gibt.
Eine Welt voller Krisen
Das sind allesamt sehr starke und auch richtige Botschaften. Allerdings werden wir durch die multiplen Krisen, die uns seit Jahren begleiten, auch immer abgestumpfter. Ähnlich wie in vielen Teilen der Ukraine, wo trotz täglicher Bedrohung eines Raketeneinschlags, versucht wird, bestmöglich den Alltag zu beschreiten.
Das Wunder Natur
Deshalb der Versuch, statt über eine Krise, vielmehr über das Wunderwerk der Natur zu schreiben. Während wir Menschen unter hohem Ressourceneinsatz versuchen, Methoden zu finden, um Treibhausgase aus der Atmosphäre zu bekommen, hat unsere Natur seit Millionen von Jahren funktionierende Lösungen im Echteinsatz. Bäume zum Beispiel, die im Gegensatz zu industriellen Anlagen völlig geräuschlos arbeiten, schön anzusehen sind und zu unserem Wohlbefinden beitragen. Während wir begeistert nach künstlicher Intelligenz suchen, vergessen wir auf die natürliche Intelligenz, die uns umgibt.
Ursprung der Biodiversitätskrise
Während die Klimakrise auf die Treibhausgaskonzentration in der Atmosphäre und damit auf unseren massiven CO2-Ausstoß seit der industriellen Revolution zurückgeführt werden kann, ist die Biodiversitätskrise weniger klar greifbar. Dabei könnte ihr Ursprung ebenfalls auf die Zeit um die industrielle Revolution datiert werden, als begonnen wurde von Permakulturen auf Monokulturen umzustellen. Diese sind leichter skalierbar und ermöglichen den Einsatz immer größerer Maschinen bei immer weniger Humaneinsatz. Und damit einhergehend eine zunehmende Entfremdung von der Natur.
Moderne Portfoliotheorie vs. Milliarden Jahre alte Biodiversität
Harry Markowitz erhielt den Nobelpreis für die Erkenntnis, dass ein diversifiziertes Portfolio weniger riskant ist als die Summe der einzelnen Investments. Vereinfacht wird dies damit beschrieben, dass man nicht alle Eier in einen Korb legen sollte, denn wenn dieser Korb runterfällt, sind alle Eier kaputt.
Gleiches gilt für die Natur: Fichtenmonokulturen sind nicht nur für die Vielfalt an Waldorganismen schädlich, sie erhöhen dadurch auch die Gefahr von Wertverlust durch Schädlinge wie Borkenkäfer. Bei einem naturnahen Wald hätten diese keine Chance für eine solche Ausbreitung. Statt der Natur mehr Platz zu geben und die natürlichen Selbstverteidigungskräfte der Pflanzen zu stärken, ist unsere Lösung ein immer stärkerer Einsatz von Pestiziden.
Wer sich selbst eine Grube gräbt
Es erscheint geradezu absurd, dass die größten Gegner einer Renaturierung der Landwirtschaft jene politischen Vertreter sind, die den Anspruch haben, unsere Bäuerinnen und Bauern bestmöglich zu vertreten. Statt den Teufelskreis von mehr Pestiziden, resistenteren Schädlingen und noch mehr Pestiziden zu durchbrechen, wird vor Ernteausfällen gewarnt. Ein recht kurioses Argument in Anbetracht der Unmengen an Lebensmittel die täglich wegen Überproduktion entsorgt werden. Dabei würde eine Rückkehr zur Natur die Lebensgrundlage für die nachfolgenden Bäuer:innen aufbereiten. Durch eine EU weite Regulierung wäre zudem sichergestellt, dass dieselben Standards für alle gelten und nicht unterboten werden können. Der einzige Verlierer wäre die Agrochemie.
Machen wir den ersten Schritt
Es liegt in der Hand von uns allen die Biodiversitätskrise zu bekämpfen. Ein Rasen mit Thujenhecke ist keine natürliche Umgebung und benötigt dementsprechend viel Pflegeaufwand. Vogelnester machen vielleicht ein wenig Schmutz, sie sind zugleich aber auch Garanten, dass weniger Fliegen und Mücken das Abendessen im Garten stören. Und nebenbei fressen sie den lästigen Buchsbaumzünsler, der sonst die Hecken kahl frisst.
Erfreuen wir uns der Natur und lassen wir uns von ihr helfen, statt zu versuchen sie zu dominieren. Die Natur heilt sich von selbst und hat auch schon die Dinosaurier überlebt, deren Fußspuren bis heute in Brijuni, Kroatien sichtbar sind.
Auch im Bereich der Kapitalanlage kann ein positiver Beitrag geleistet werden. Einerseits direkt, wie im Fall der Erste AM mit ihrer jahrelangen Partnerschaft mit dem WWF und gemeinsamen Investitionen in Biodiversitätsprojekte. Andererseits auch indirekt, bei der Investition und dem Dialog mit den Unternehmen. Aus diesem Grund haben wir unter der Leitung unserer Biodiversitätsexpertin eine neue Policy für die Erste AM verfasst, die dem hohen Stellenwert der Biodiversität nicht nur gerecht wird, sondern auch öffentlich einsehbar ist, um möglichst viele Nachahmer zu finden.
Weitere Informationen, Insights und Expert:innenstimmen zum Thema Biodiversität erhalten Sie in unserem neuen ESGenius Letter.
Erläuterungen zu Fachausdrücken finden Sie in unserem Fonds-ABC.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.