Die Zentralbanken ließen zuletzt eine Neigung für Leitzinssenkungen erkennen, während einige umfragebasierte Indikatoren auf ein anhaltend gutes reales Wirtschaftswachstum auf globaler Ebene hinweisen. Zudem gibt es Hinweise für eine Verbesserung der bisher schlecht laufenden Bereiche auf sektoraler (Fertigung) sowie regionaler Ebene (Eurozone).
Hinweis: Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen.
Neigung für Leitzinssenkungen
Die USA und die Eurozone sind einer Leitzinssenkung näher gerückt. Zumindest schlagen das zahlreiche Reden führender Notenbanker der Fed und der Europäischen Zentralbank vor. In den USA hat der Fed-Vorsitzende, Jerome Powell, seine halbjährliche Rede vor dem US-Kongress gehalten. Auf einer allgemeinen Ebene wiederholte er die beiden Risiken für die Zinspolitik. Zu frühe oder zu starke Leitzinssenkungen könnten eine zweite Inflationswelle und weitere Leitzinsanhebungen auslösen. Zu späte oder zu geringe Zinssenkungen könnten die wirtschaftliche Aktivität übermäßig schwächen, also eine Rezession auslösen.
Powell deutet weniger restriktive Geldpolitik an
Die Kernaussagen waren jedoch nicht inflationskämpferisch, sondern lassen eine Neigung für eine Zinssenkung erkennen. Erstens klang Powell in der Rede nicht besonders über die Beschleunigung der Inflation im Monatsabstand für den Monat Jänner (Deflator für die persönlichen Konsumausgaben, Kernrate: 0,4% p.m.) besorgt. Er sprach vielmehr von einem breit basierten Inflationsrückgang sowohl bei den Gütern als auch bei den Dienstleistungen.
Zweitens meinte Powell, dass es wahrscheinlich angemessen sei, die restriktive Politik irgendwann in diesem Jahr zu verringern, wenn die Fed-Mitglieder Vertrauen in einen nachhaltigen Inflationsrückgang erlangen.
Dabei bräuchte es drittens, keine Datenverbesserung, lediglich eine Bestätigung der jüngsten Entwicklung. Viertens wurde er hinsichtlich des Zeitpunktes sogar etwas genauer, indem er meinte, dass die Fed nicht weit von diesem Zeitpunkt entfernt sei.
Noch nicht genügend Zuversicht in der EZB
In der Eurozone fand am vergangenen Donnerstag die jüngste Sitzung der Europäischen Zentralbank statt. Die EZB-Präsidentin, Christine Lagarde, meinte, der EZB-Rat hat zwar nicht über eine Leitzinssenkung, aber über eine Verringerung der restriktiven geldpolitischen Haltung zu diskutieren begonnen. Die Inflation habe gute Fortschritte auf dem Weg zum Inflationsziel (von 2%) gemacht, auch wenn das Ziel noch nicht erreicht worden ist (Schnellschätzung für die Konsumentenpreise im Monat Februar: 2,6% p.a.).
Lagarde meinte weiters, dass im April nur ein bisschen mehr an Information zur Verfügung stehen wird, im Juni hingegen viel mehr. Das hat die Tür für eine Leitzinssenkung im Juni als Möglichkeit geöffnet. Laut Lagarde konzentriert sich die EZB auf die Entwicklung der Löhne („stark“, Entlohnung pro Beschäftigung im vierten Quartal 2023: 4,6%) und Gewinne (Unit Profits: 2,8% p.a.). Denn es gibt immer noch Bedenken hinsichtlich der Inlandsinflation („zu hoch“), die weitgehend vom Dienstleistungssektor (Konsumentenpreise im Februar: 3,9% p.a.) getrieben wird. Das ist nachvollziehbar, den erst bei einem Anstieg des Produktivitätswachstums auf 1% (viertes Quartal: minus 1,1% p.a.) wäre eine Lohnwachstum pro Beschäftigung von 3% mit dem Inflationsziel von 2% vereinbar.
Kein Zinssenkungszyklus
Eine Leitzinssenkung bedeutet allerdings noch keinen Zinssenkungszyklus. Denn weiterhin herrscht Ungewissheit darüber, wie restriktiv, also wachstums- und inflationsdämpfend, das aktuelle Zinsniveau tatsächlich wirkt. Solange die Wirtschaften in den USA und der Eurozone eine Rezession vermeiden können, wird es wahrscheinlich keine schnellen Leitzinssenkungen geben. Vielmehr werden die Zentralbanken vorsichtig vorgehen.
Mittlerweile rechnet der Markt mit einem Leitzinssatz von 3,75% in den USA für Ende 2025. Der Wert für die Eurozone liegt bei 2,25%. Die Argumente dafür, dass wir nicht mehr zum Umfeld vor der Pandemie zurückkehren werden, haben zugenommen. Nullzins- und Negativzinspolitik gehören wahrscheinlich wirklich der Vergangenheit an. Nimmt man das nominelle Wirtschaftswachstum als zugeben groben Referenzwert für den Leitzinssatz auf die lange Sicht, erhält man für die USA einen Wert von 4% (2% reales Wachstum plus 2% Inflation) und für die Eurozone einen Wert von 3% (1% Wachstum plus 2% Inflation).
Ansteigender Wachstumsindikator
Auf der Ebene der wirtschaftlichen Aktivität ist der weitere Anstieg des Einkaufsmanagerindex (PMI) für den Monat Februar bemerkenswert. Mit einem Wert von 52,1 deutet die Gesamtzahl auf ein Trendwachstum der Weltwirtschaft von rund 2,5% (im Quartalsabstand und auf das Jahr hochgerechnet). Im vergangenen Jahr war das Wachstum jedoch äußerst unterschiedlich zusammengesetzt.
Hierbei ist vor allem die Stärke in den USA hervorzuheben, während andere Regionen und Länder (Europa) in den entwickelten Volkswirtschaften stagnierten. Weiters wurde das Wachstum vom Dienstleistungssektor getragen, während die Fertigung stagnierte. Der Einkaufsmanagerbericht deutet nunmehr auf einen möglichen Abbau der regionalen und sektoralen Ungleichheiten hin.
Möglicher Abbau der Ungleichheit
In der Eurozone ist der Einkaufsmanagerindex mit 49,2 zwar immer noch niedrig, aber mittlerweile deutlich vom letzten Tief (Oktober 2023: 46,5) entfernt. Der ansteigende Trend liefert einen Hinweis dafür, dass die seit dem vierten Quartal 2022 andauernde Stagnationsphase überwunden werden könnte. Dabei wäre das Überschreiten der Marke von 50, die (theoretisch) ein Wachstum der Wirtschaft bedeutet, ein wichtiges Signal.
Auf der sektoralen Ebene fällt auf, dass der Einkaufsmanagerindex für den Fertigungssektor (50,3 / +0,3 Punkte) stärker angestiegen ist als jener für den Dienstleistungssektor (52,4 / +0,1 Punkte). Das Signal für ein Verlassen der Seitwärtsbewegung im Fertigungssektor (im OECD-Raum seit dem Ende 2021) ist aber (noch) schwach.
Günstiges Umfeld, aber auch Warnsignale
Das aktuelle Umfeld ist günstig für risikobehaftete Wertpapierklassen, wie etwa Aktien:
- Gutes globales Wachstum
- fallende Inflation
- Signale für Leitzinssenkungen
- mögliche Wachstumsverbesserung in der Eurozone und im Fertigungssektor.
Wenn das zu gut klingt, um wahr zu sein, liegt das vor allem daran, dass die diversen Bewertungskennzahlen (Kurs-Gewinnverhältnis, Renditeaufschläge für das Kreditrisiko) bereits „teuer“ sind. Das heißt, die Marktpreise reflektieren bereits ein günstiges Szenario. Die von Powell skizzierten Risiken (zu frühe vs. zu späte Zinssenkungen) könnten durchaus erweitert werden. Denn zu frühe und kräftige Leitsenkungen könnten nicht nur eine zweite Inflationswelle, sondern auch zu starke Kursanstiege bei den Wertpapieren bewirken.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet. Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen.