Die Coronakrise hat auch der Autobranche historische Absatzeinbrüche beschert. So hat der europäische Herstellerverband ACEA zuletzt dramatische Einbrüche bei den Autozulassungen vermeldet. Im April wurden in der EU 270.682 Neuwagen zugelassen, das waren um 76 Prozent weniger als ein Jahr zuvor.
Laut ACEA ist das der stärkste monatliche Rückgang seit Beginn der Aufzeichnungen. Insgesamt kamen in der EU von Jänner bis April 2,75 Millionen Neuwagen auf die Straße, ein Einbruch von 39 Prozent gegenüber demselben Zeitraum im Vorjahr. Grund war der fast vollständige Stillstand sowohl der Autoproduktion als auch des Autohandels in Folge der Maßnahmen zur Eindämmung der Pandemie.
In Österreich fiel der Rückgang der Autoneuzulassungen im Monat April mit knapp 65 Prozent etwas glimpflicher aus, von Jänner bis April liegt der Einbruch am heimischen Automarkt mit rund 42 Prozent aber nahe dem EU-Schnitt.
Stärkster Einbruch an Neuzulassungen in Italien und Spanien
Am stärksten fielen die Einbrüche in den besonders stark von der Pandemie betroffenen Ländern aus: Im April kamen die Neuzulassungen in Italien mit minus 98 Prozent und in Spanien mit minus 97 Prozent praktisch völlig zum erliegen. In den Monaten Jänner bis April zusammengerechnet fielen die Neuzulassungen in beiden Ländern auf rund die Hälfte des Vorjahreswerts.
Ähnlich dramatisch ist der Rückgang in dem mittlerweile aus der EU ausgetretenen Großbritannien mit minus 97 Prozent im April und minus 43 Prozent von Jänner bis April. In Skandinavien, wo die Einschränkungen des öffentlichen Lebens weniger stark waren, sank der Absatz im April hingegen nur um rund ein Drittel.
Auch die großen europäischen Automobilschmieden waren von den Einbrüchen entsprechend betroffen. So gingen von Jänner bis April die Neuzulassungen von Automobilen der Konzerngruppen Fiat Chrysler (minus 48 Prozent), Renault (minus 47 Prozent), Peugeot (minus 44 Prozent) und Volkswagen (minus 33 Prozent) massiv zurück. Noch deutlicher waren die Rückgänge bei den japanischen Herstellern Mazda (minus 54 Prozent) und Honda (minus 51 Prozent). Am glimpflichsten davon kamen hingegen Toyota (minus 24 Prozent) und Volvo (minus 29 Prozent).
Europas größter Autohersteller Volkswagen hatte zuletzt für April einen Absatzeinbruch in Deutschland von rund zwei Drittel gemeldet. Damit habe sich der Heimatmarkt verglichen mit anderen europäischen Ländern noch einigermaßen gut gehalten, sagte VW-Marken-Vertriebschef Jürgen Stackmann bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten.
Europaweit sei der Absatz der Marke VW um mehr als 83 Prozent eingebrochen. In den am stärksten von der Pandemie betroffenen Ländern Großbritannien, Italien, Spanien und Frankreich seien im vergangenen Monat fast gar keine Autos verkauft worden.
Weiter gefragt sind trotz der Krise Elektroautos. So hat sich laut einer Untersuchung des Center of Automotive Management die Zahl der neuzugelassenen Elektrofahrzeuge in Deutschland von Jänner bis April im Vergleich zum Vorjahreszeitraum auf 63.000 verdoppelt.
Rasante Einbrüche weltweit, aber erster Lichtblick in China
Auch weltweit fällt der Autoabsatz derzeit rasant. In den USA, wo die Viruskrise gerade ihre volle Wucht entfaltet, sanken die Verkäufe im April um 47 Prozent. In Brasilien, wo das Virus ebenfalls grassiert, brach der Absatz um 77 Prozent ein.
Einziger Lichtblick ist China, wo sich der Pkw-Markt nach der Coronakrise inzwischen erholt. Nach einem Zusammenbruch des chinesischen Automarkts zu Jahresbeginn, geben die Absatzzahlen von April erstmals Anlass für vorsichtigen Optimismus, zumal die Regierung verschiedene Maßnahmen ergriffen hat, um die Autokonjunktur wieder anzukurbeln.
Im Februar wurde in China noch ein Zusammenbruch der Autoabsätze um fast 80 Prozent verzeichnet, im März lag der Rückgang noch bei 40 Prozent. Im April betrug das Minus laut Daten des Branchenverband China Passenger Car Association (PCA) nur mehr 5,5 Prozent.
Die Zahlen des Herstellerverband China Association of Automobile Manufacturers (CAAM) zeigen für April überhaupt nur mehr ein glimpfliches Minus von 2,6 Prozent. Die CAAM misst den Absatz der Hersteller an Händler, die PCA zählt den Verkauf an Endkunden. Chinas größter Autobauer SAIC erwartet nun für das zweite Quartal dank einer Erholung der Nachfrage und staatlicher Unterstützung eine Zunahme der Autoverkäufe.
Gesamtjahr 2020 dürfte Chinas Automarkt Minus bescheren
Das Gesamtjahr 2020 dürfte Chinas Automarkt aber dennoch ein dickes Minus bescheren. Der Branchenverband CAAM erwartet, dass der Absatz in China heuer um bis zu 25 Prozent einbrechen könnte. Sollte sich die Corona-Pandemie eindämmen lassen, könnte sich der Rückgang laut CAAM auf rund 15 Prozent eindämmen lassen.
Damit würde der größte Automarkt der Welt das dritte Jahr in Folge schrumpfen. Wegen des Zollstreits mit den USA und der schleppenden Konjunktur hatte der chinesische Markt bereits in den beiden vergangenen Jahren geschwächelt.
Betroffen sind davon auch die deutschen Automobilkonzerne Volkswagen, BMW und Daimler, für die China der wichtigste Einzelmarkt ist. Volkswagen rechnet aber angesichts der jüngsten Absatzzahlen damit, in Mai in China wieder die Vorjahresniveaus zu erreichen.
„Es ist klar zu erkennen, dass China die V-Form durchlaufen wird“, sagte der Volkswagen-Vertriebschef Stackmann mit Blick auf die Erholungskurve. Demnach folgt auf einen rasanten Rückgang bei Ausbruch der Pandemie, ein sehr schneller Wiederanstieg der Pkw-Verkäufe. Für Europa sieht Stackmann eine solche Entwicklung aber nicht, vor allem in Südeuropa dürfte die Erholung noch dauern.
Im Mai sollte sich die Lage entspannen
Im Mai dürfte sich die Lage in Europa zwar etwas entspannen, da viele Länder die Corona-Beschränkungen schon lockern. Branchenvertreter und Berater halten trotzdem ein Konjunkturprogramm für notwendig, um die Nachfrage wieder anzukurbeln.
Viele Menschen dürften wegen der Wirtschaftskrise vorsichtig sein und kostspielige Neuanschaffungen aufschieben. Die Lockerungen und Wiedereröffnungen der Autohäuser werden sich nach Meinung von Experten daher noch nicht in höheren Verkaufszahlen niederschlagen.
Mit raschen Konjunkturhilfen kann die deutsche Autobranche aber vorerst nicht rechnen. Hersteller, Händler und Kunden müssen bis in den Juni hinein auf eine Entscheidung der Regierung warten, ob der Staat die von der Branche dringend ersehnten Auto-Kaufprämien zahlt und damit der Industrie auf die Beine hilft.
Unser Dossier zum Thema Coronavirus mit Analysen: https://blog.de.erste-am.com/dossier/coronavirus/
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