Angesichts der weiter grassierenden Corona-Pandemie hat die EU-Kommission zuletzt ihre Wachstumsprognosen für 2021 gesenkt. Mit den Verzögerungen bei den Impfkampagnen einiger EU-Ländern könnten sich auch die Lockdowns weiter in die Länge ziehen und damit auch die erwartete Wirtschaftserholung verzögern, heißt es in der Begründung der Kommission.
Im laufenden ersten Quartal dürfte die Wirtschaft der Eurozone vor diesem Hintergrund noch schrumpfen, mit dem Anlaufen der Impfaktionen aber dann in Folge anziehen. Die Prognose beruht auf der Annahme, dass es gegen Ende des zweiten Quartals zu ersten Öffnungsmaßnahmen und in der zweiten Jahreshälfte dann zu spürbareren Lockerungen kommen wird. „Auch ein verbesserter Ausblick für die Weltwirtschaft dürfte der Konjunktur Auftrieb geben“, so die Kommission.
Im Gesamtjahr dürfte die Wirtschaft im Euroraum laut der aktuellen EU-Prognose damit aber nur um 3,8 Prozent wachsen. Zuletzt war die Kommission noch von einem Wachstum des Bruttoinlandsprodukts (BIP) von 4,2 Prozent ausgegangen. Für die gesamte EU prognostiziert sie nun ein BIP-Wachstum von 3,7 Prozent.
Optimistischer ist hingegen der Ausblick auf das kommende Jahr. Die Kommission erwartet für 2022 nun ein Wachstum von 3,8 Prozent in der Eurozone. Bei ihrer letzten Prognose im Herbst hatte sie noch ein Plus von 3,0 Prozent vorhergesehen. Auch im abgelaufenen Jahr 2020 dürfte die Eurozone etwas glimpflicher davon gekommen sein als erwartet. Nachdem die EU zuletzt noch ein Minus von 7,8 Prozent prognostiziert hatte, zeigten erste Schätzungen der Statistikbehörde Eurostat nun einen Konjunktureinbruch von nur 6,8 Prozent.
Prognose für Österreich halbiert
Die Aussichten für Österreichs Wirtschaft haben sich laut der EU-Prognose etwas verschlechtert. Für 2021 hat die EU ihre Wachstumsprognose von zuletzt 4,1 auf jetzt 2 Prozent halbiert. Die Kommission begründet ihre Revision mit dem Lockdown im ersten Quartal und den Auswirkungen der Reisebeschränkungen auf den Wintertourismus. 2022 dürfte Österreichs Wirtschaft den Prognosen zufolge aber wieder in Schwung kommen und 5,1 Prozent zulegen.
Für Deutschlands Wirtschaft erwartet Brüssel ein Wachstum von 3,2 Prozent im Jahr 2021 und von 3,1 Prozent im Folgejahr. In Deutschland hatte zuletzt eine Verlängerung des Lockdowns neue Konjunktursorgen geschürt. Denn die Einschränkungen wegen der Pandemie kommen der deutschen Wirtschaft teuer zu stehen. Pro Woche entgeht Deutschland laut aktuellen Umfragedaten und Berechnungen des Münchner Forschungsinstituts ifo eine Wertschöpfung von 1,5 Milliarden Euro.
Die Corona-Rezession bei wichtigen Handelspartnern hat der deutschen Wirtschaft zudem den schwersten Exporteinbruch seit der Finanzkrise 2009 eingebrockt. Die Ausfuhr von Waren sank 2020 um 9,3 Prozent auf 1.204,7 Mrd. Euro, wie das Statistische Bundesamt zuletzt mitteilte.
Deutliche Erholung in Spanien und Italien
Eine deutliche Wirtschaftserholung könnten laut den Prognosen der EU-Kommission 2021 die von der Krise schwer getroffenen Länder Italien und Spanien sehen. Für Italien erwartet die Kommission nach einem Minus von 8,8 Prozent im abgelaufenen Jahr eine Erholung von 3,4 Prozent. Für Spanien prognostiziert die EU nach dem Rekordeinbruch von 11 Prozent im Vorjahr ein Wachstum von 5,6 Prozent. Spaniens Wirtschaft hatte bereits im vierten Quartal 2020 mit einem kleinen Wachstum von 0,4 Prozent positiv überrascht. Für die zweitgrößte Volkswirtschaft der Eurozone, Frankreich erwartet die Kommission ein Wachstum von 5,5 Prozent im laufenden Jahr und von 4,4 Prozent 2022.
Insgesamt sieht die EU-Kommission die Risiken ihrer Prognosen ausgewogener als noch im Herbst, aber weiter hoch. Das tatsächliche Ausmaß der Wirtschaftserholung dürfte vor allem mit der weiteren Entwicklung der Pandemie und dem Erfolg der Impfkampagnen abhängen. So könnten Impfstoff-Fortschritte unerwartet schnelle Lockerungen und damit eine kräftigere Erholung bringen. Auf der anderen Seite könnte eine unerwartet hartnäckige Pandemie-Entwicklung oder etwaige Impfstoffverzögerungen sich auch negativ niederschlagen.
„Außerdem besteht das Risiko, dass die Krise im wirtschaftlichen und sozialen Gefüge der EU tiefere Narben hinterlassen könnte, insbesondere wenn es verbreitet zu Insolvenzen und Arbeitsplatzverlusten kommt“, schreibt die Kommission. Dies würde auch den Finanzsektor treffen, die Langzeitarbeitslosigkeit erhöhen und Ungleichheiten verschärfen.
Inflationsausblick weiter gedämpft
Die Inflationsentwicklung dürfte laut der aktuellen EU-Prognose verhalten bleiben. Die Kommission erwartet eine Inflation von nur 0,3 Prozent im Jahr 2020. Im laufenden Jahr 2021 dürfte die Teuerung dann auf 1,4 Prozent ansteigen. Gegenüber der Herbstprognose wurde die Inflationserwartung für den Euroraum und die EU damit für 2021 leicht hochgeschraubt, bleibt insgesamt aber weiterhin niedrig. „Da sich die Erholung verzögert, dürfte der von der gesamtwirtschaftlichen Nachfrage ausgehende Preisdruck gering bleiben“, schreibt die Kommission. Die Teuerung liegt damit weiter klar unter dem mittelfristig angestrebten Inflationsziel von 2,0 Prozent der Europäischen Zentralbank (EZB).
Quelle für die angegebenen Prozentzahlen: EU-Kommission
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.