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Hauptversammlungen 2024: Disput um Aktionärsrechte

Hauptversammlungen 2024: Disput um Aktionärsrechte

Die proxy-Hauptsaison neigt sich dem Ende zu und auch heuer waren die Hauptversammlungen, an welchen auch wir unsere Stimmrechte ausübten, Schauplatz für Divergenzen ausgetragen wurden Verhandlungen über alte und neue Themen aus den Umwelt- Sozialbereichen, aber auch bzgl. der Berücksichtigung von Umwelt und Sozialem in Anlagestrategien im Allgemeinen und hinsichtlich grundsätzlicher Aktionärsrechte. 

Anti-Woke-Anträge erhalten nur geringe Zustimmung

Seit April gibt es für den US-Markt die ersten Auswertungen unseres proxy-Partners, ISS, welche uns informieren, dass die Anzahl an Anträgen mit Umwelt- und Sozialthemen, weiterhin steigt oder zumindest nicht weniger wird. Grund für den rasanten Anstieg im Jahr 2023 war die Änderungen einer SEC-Verordnung, welche es Unternehmen erschwerte, Anträge zurückzuhalten. Durch die Änderung kam es 2023 zu einem Maximum von 643 eingebrachten Anträgen, von welchen auch 372 zur Abstimmung kamen. Für 2024 rechnet man mit ähnlichen Werten.

Auch 2024 sind es Klimathemen, welche dominieren, aber auch DEI (Diversity, Equity & Inclusion) sowie unternehmerische Lobbyaktivitäten. Schwerpunkte gab es aber auch erstmals bzgl. der Preisgestaltung und Zugänglichkeit von Arzneimitteln, reproduktiver Gesundheit, Künstlicher Intelligenz oder Biodiversität. In unseren Auswertungen finden sich seit geraumer Zeit auch sogenannte „counter“ Anträge ein – was meint, dass diese auch Umwelt- oder Sozialthemen zugeordnet werden können, aber einen teilweise gegensätzlichen Zugang haben: gemeint sind „Anti-ESG“ oder „Anti-Woke“ Anträge, welche auch 2024 zur Abstimmung kamen. Jene Anträge nehmen gegenüber wichtigen E- und S-Themen, wie Klimaschutz oder Diversität, eine skeptische Rolle ein, im Allgemeinen, oder wenn es um vorgeschlagene Lösungskonzepte geht.

Eine Auswertung von Teneo’s „CEO and Investor survey“ , welche die Abstimmungsergebnisse von 500 S&P-Unternehmenfür den Zeitraum Jänner-Mai 2023 und 2024 , analysierten, ergab, dass „Anti-ESG“ Anträge zwar in der Anzahl stiegen, die durchschnittliche Unterstützung aber nur bei 1,9% lag (2% im Vorjahr). Nach den Ergebnissen der Studie scheinen die Argumente der Anti-ESG-Fraktionen, in Verbindung mit den jüngsten diesbezüglichen Regulierungsinitiativen, bei großen institutionellen Anlegern, nur wenig Anklang zu finden. 

Ist ESG treuhänderische Pflicht?

Und wie sieht es mit der generellen Zustimmung zu Umwelt- und Sozialthemen aus? Nachdem diese 2023 am US-Markt weniger Unterstützung fanden, bleibt die Frage, ob sich dieser Trend 2024 in diesem Ausmaß fortsetzt. Nach ersten Schätzungen des Sustainable Investment Instituts von April 2024 , sei damit zu rechnen, dass größere Investmenthäuser ihre Unterstützung weiterhin zurückziehen würden. Ein ausschlaggebender Teil der Debatte dreht sich um Anlagestrategien und die treuhänderische Verpflichtung/Notwendigkeit soziale oder ökologische Aspekte darin zu berücksichtigen. Auch das globale Umfeld, im Sinne von Konflikten welche Energiepreise in die Höhe treiben etc., sind Teil der Diskussion.Diese Punkte führten zu diversen Rechtsstreitigkeiten: Im Allgemeinen wurde von Anti-ESG Parteien in Frage gestellt, ob Aktionärsanträge weiterhin eingebracht werden sollten/dürften.

Exxon Mobil, in etwa, verklagte Investor:innen für das Einbringen eines Klimaantrags Nachdem der Antrag schlussendlich zurückgezogen wurde, werden die Bemühungen von Seiten Exxon Mobil fortgesetzt, solche Anträge auch in Zukunft zu verhindern.

Ähnlich der Fall von TotalEnergies: die Forderung, gegenüber dem französischen Öl- und Gaskonzern war, die Rollen des CEO und des Vorstandsvorsitzenden aufzuteilen, um die Abkehr von fossilen Brennstoffen zu beschleunigen. „Die Trennung der Funktionen könnte den Dialog mit dem Vorstand…. über Fragen des Klimawandels verbessern und ein besseres Gleichgewicht der Kräfte sicherstellen, in einer Zeit, in der viele Investor:innen der Meinung sind, dass die Übergangsstrategie von TotalEnergies nicht ehrgeizig genug ist“, wie es laut Reuters, im Antrag heißt. Auch in diesem Fall konnte der Antrag schlussendlich nicht zur Abstimmung gebracht werden.

Erste AM tritt für grundlegende Aktionärsrechte ein

Als Erste Asset Management haben wir uns gegen alle Versuche positioniert, grundlegende Aktionärsrechte einzuschränken und von Aktionär:innen geforderte Abstimmungen zu verhindern, welche die stärkere Ausrichtung von Unternehmen gemäß den Pariser Klimazielen erreichen wollen.

Wir treten diesen Bestrebungen entgegen, einerseits als Mitunterzeichnerin eines offenen Briefs an die US-Aufsichtsbehörde United States Securities and Exchange Commission (SEC). Andererseits im Fall von Total Energies durch die Unterstützung eines Eilantrags vor dem französischen Handelsgericht. (Anm. genauere Erklärungen zu unserem Engagement bei TotalEnergies finden Sie im Bericht von Nadja Othman und Varvara Shershneva)

Auch in unserem Stimmverhalten verfolgen wir weiterhin das Ziel Umweltrelevantes und Soziales zu unterstützen: per 12.6.2024 konnten wir unsere Stimmrechte bereits bei knapp 500 Unternehmen ausüben und unterstützten dabei 41 Anträge aus dem Umweltbereich, 141 Anträge aus dem sozialen Bereich sowie 64 Anträge welche beiden Bereichen zugeordnet werden können.

Das aktive Ausüben unserer Stimmrechte ist ein zentrales Instrument um Unternehmen zu nachhaltigem Wirtschaften zu bewegen. Ausführliche Informationen zu unserem Stimmverhalten bei Hauptversammlungen im Vorjahr finden Sie in unserem Engagement & Voting Report 2023

Biodiversität auch auf Hauptversammlungen ein Thema

Seit letztem Jahr unterstützen wir, gemäß der entsprechenden Optimierung unser Stimmrechtsrichtlinie, verstärkt Anträge zum Schutz der Biodiversität bzw. von Leistungen wichtiger Ökosysteme.

So wurde zum Beispiel auf der diesjährigen PepsiCo-Hauptversammlung gefordert, eine Bewertung der Abhängigkeit von der biologischen Vielfalt durchzuführen und einen entsprechenden Bericht zu veröffentlichen. Dabei geht es vor allem um die Lieferketten des Unternehmens. Im Antrag heißt es, der Verlust der biologischen Vielfalt sei ein globales, systemisches Risiko, und gerade in der Lebensmittel- und Getränkeindustrie seien 1,4 Billionen Dollar an Wertschöpfung von natürlichen Leistungen abhängig. Ein Versagen bei der Bewertung dieses Risikos, könnte für den Sektor ein erhebliches Risiko darstellen. Auch von der regulatorischen Seite sei hier noch mit mehr Reporting-Vorgaben zu rechnen. (Quelle: ISS)

Als Erste Asset Management haben wir uns entschlossen, in unseren Engagements mit Biodiversität-Schwerpunkt das Reporting nach TNFD (Anm. Taskforce on Nature-related Financial Disclosure) -Standards zu empfehlen. Die Inhalte sollten dabei mit dem Kunming-Montreal Global Biodiversity Framework (GBF) abgestimmt sein, welcher darauf abzielt den Verlust der Biodiversität bis 2030 Einhalt zu gebieten. 320 Unternehmen haben sich bereits verpflichtet, nach diesen Standards zu berichten, der Antrag würde PepsiCo hier gerne als Teil davon sehen- was von uns unterstützt wurde. (Anm. mehr Informationen zu unseren Engagements zu diesem Thema, finden in Sie im Bericht von Varvara Shershneva).

Den Wunsch nach TNFD Standards gab es auch auf derdiesjährigen Home Depot Hauptversammlung. Als weltgrößter Einzelhändler für Heimwerkerbedarf sei das Unternehmen, antragsgemäß, neben den Abhängigkeiten von Biodiversität auch Risiken in Bezug auf Entwaldung ausgesetzt. Die Produkte des Unternehmens könnten außerdem zu einem Verlust der biologischen Vielfalt beitragen, was ausgewiesen und verbessert werden sollte. (Quelle: ISS)

Tag der Ozeane: Zunehmende Plastikverschmutzung

Schließlich ist auch die globale Herausforderung der Plastik-Verschmutzung als negativer Impact auf die Biodiversität, zu erwähnen. Am 8. Juni wurde auch heuer wieder der internationale Tag der Ozeane zelebriert, welche 80% der globalen Biodiversität bergen und durch andauernde Plastik-Verschmutzung belastet sind.

In den Ozeanen besteht rund drei Viertel des Abfalls aus Plastik, konkret gelangen jedes Jahr 4,8-12,7 Millionen Tonnen davon in die Ozeane, wie der WWF Deutschland berichtet. Auch UNEP FI warnt, dass rund die Hälfte des produzierten Plastiks für den einmaligen Gebrauch bestimmt ist.

Wie der Plastikeinsatz reduziert werden kann, wurde heuer auch bei Amazon von Aktionär:innen adressiert: der Plastik-Fußabdruck des Unternehmens sollte sich verringern, sowie eine Zielsetzung festgelegt werden, welche sicherstellt, dass Verpackungen bis z.B. 2025 recyclebar, wiederverwendbar oder kompostierbar sind. Für Amazon ergäben sich durch das Mitwirken an der globalen Plastikverschmutzung Risiken, finanzieller als auch betrieblicher, Art – wenn es um den guten Ruf des Unternehmens geht. Im entsprechenden Antrag wurde erläutert, dass Unternehmen von Regierungen zur Rechenschaft gezogen werden könnten, wenn es darum geht ihren Abfall zu bezahlen. Dadurch könnten Kosten in der Höhe von rund 100 Milliarden Dollar entstehen. (Quelle: ISS)

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