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Ist dies bereits das Ende von ESG?

Ist dies bereits das Ende von ESG?
(c) unsplash

Lange waren die ESG Skeptiker nicht zu hören. Zu laut waren die Fanfaren rund um den Megatrend Nachhaltigkeit, der sich in den letzten Jahren aufgebaut und keine Branche ausgelassen hat. Es gibt kaum eine Unternehmensstrategie, in der nicht auf Nachhaltigkeit eingegangen wird, kaum ein Lifestyle Produkt, bei dessen Kauf keine Bäume gepflanzt werden.

Zuviel des Guten?

Megatrends werden nach einer gewissen Zeit auf die Probe gestellt. Dadurch endet der Trend oder er wird durch eine Bereinigung und Konkretisierung verstärkt. Insofern kann der Gegenwind, der ESG-Investments momentan entgegenbläst, auch positiv gesehen werden. Was sind nun die zentralen Kritikpunkte?

1. Hypothese: ESG geht am eigenen Erfolg zugrunde

In separaten Blogbeiträgen gehen meine KollegInnen noch im Detail auf ein kürzlich publiziertes wissenschaftliches Paper ein. An dieser Stelle sei nur die Grundannahme beschrieben: Aufgrund des Megatrends nachhaltig zu investieren, versuchen sämtliche Investoren jene Unternehmen zu erwerben, die aus nachhaltiger (ESG) Beurteilung zu den Besten gehören. Wenn allerdings alle Investoren den ESG-Vorreiter in ihr Portfolio gekauft haben, wird dieses Unternehmen in Zukunft keine Kursgewinne verzeichnen können. Einfach weil es keine Käufer mehr gibt. Da an der Börse die Zukunft gehandelt wird, sollte dadurch die erwartete Rendite von braunen (=nicht-nachhaltigen) Investments höher als jene von grünen (=nachhaltigen) Investments sein.

War somit die Outperformance nachhaltiger Fonds in den letzten Jahren eine historische Ausnahme und werden ESG Investoren in Zukunft schlechter abschneiden? Die zuvor beschriebenen Annahmen bieten zum Glück wenig Grund zur Besorgnis:

  • Es gibt nicht DAS Vorzeigeunternehmen, das jeder nachhaltige Investor im Portfolio haben möchte. Je nach Nachhaltigkeitsverständnis der Fondsgesellschaft und globaler Ausrichtung sowie Schwerpunktsetzung des Fonds, qualifizieren sich unterschiedliche Titel für ein nachhaltiges Investment.
  • Werden bestimmte Unternehmen von einem nachhaltigen Investor als Vorreiter ihrer Branche identifiziert, behalten sie diese Zuordnung nicht auf Lebenszeit, sondern bleiben im ständigen Wettbewerb. Das heutige Vorzeigeunternehmen kann der morgige Nachzügler sein.
  • Es wird immer ESG-Skeptiker geben, genauso wie es Skeptiker in anderen, sehr gut erforschten Lebensbereichen gibt. Würde das zuvor beschriebene Paper eine große Anhängerschaft erreichen, würden diese Investoren bevorzugt braune Investments kaufen (in der falschen Annahme damit höhere Renditen zu erzielen) und dadurch (kurioserweise) zur Widerlegung der Grundannahme (alle Investoren streben nach nachhaltigen Investments) beitragen.


2. Hypothese: Nachhaltige Investoren verbessern nicht die Welt

Abseits von wissenschaftlichen Skeptikern war zuletzt auch aus der Branche selbst starker Zweifel zu hören. Der ehemalige Nachhaltigkeitschef der weltweit größten Fondsgesellschaft stellte eines Tages fest, dass das in seinem Haus gelebte Nachhaltigkeitsverständnis keinen positiven Beitrag auf die Welt hat. Statt über Investoren sollte lieber seitens der Politik entsprechender Druck auf die Unternehmen ausgeübt werden.

Wer übt auf wen Druck aus?

Der Austausch zwischen Politik und Wirtschaft ist sehr bedeutend für die Zukunftsausrichtung des jeweiligen Landes, denn es geht hier um Arbeitsplätze, Steuereinnahmen, Wettbewerbsfähigkeit und Investitionen. Die Annahme, dass nationale Regierungen einen großen Druck auf globale Unternehmen ausüben können, entspricht allerdings meist nicht der Realität. Es gibt vielmehr Druck in die andere Richtung, auch durch diverse Lobbyverbände, wo entsprechende Brancheninteressen gebündelt zum Ausdruck gebracht werden. Dies ist allerdings nicht zwangsweise im Interesse von langfristigen Investoren. Beispielsweise mag es kurzfristig profitabel sein, regional keine Maßnahmen gegen den Klimawandel zu setzen. Langfristig werden damit allerdings die Innovationskraft und die internationale Wettbewerbsfähigkeit aufs Spiel gesetzt, wenn in anderen Ländern strengere Maßnahmen beschlossen und von den Unternehmen erfolgreich umgesetzt werden.

Nachhaltiges Investieren wirkt!

Damit Unternehmen aus der Ölbranche nicht öffentlich „A“ und über Lobbyverbände geheim „B“ sagen können, haben wir, gemeinsam mit anderen Investoren, erfolgreich Transparenz zu den Mitgliedschaften und Beiträgen von Unternehmen bei Lobbyverbänden eingefordert. Dies ist ein Beispiel von vielen, wo wir als nachhaltige Fondsgesellschaft positive Veränderung erzielen konnten. Jährlich wird dies in unserem Engagement und Votingreport öffentlich dokumentiert. So kann sich jeder selbst davon überzeugen, dass nachhaltige Investoren die Welt ein Stück besser machen.

ESG ist leider noch nicht zu Ende

Gemeinsam mit meinen Kollegen blicke ich dem Tag, an dem ESG nicht mehr benötigt wird, sehr freudig entgegen. Das wird nämlich jener Tag sein, an dem der Klimawandel erfolgreich bekämpft und soziale Missstände in Unternehmen beseitigt sind. Es wird allerdings noch ein Zeiterl dauern.

Wichtige rechtliche Hinweise:

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