In dieser Woche findet zwischen dem 25. und 27. August das jährliche Jackson Hole Economic Symposium statt, dass von der Federal Reserve Bank of Kansas City veranstaltet wird. Eingeladen sind Zentralbanker:innen, Finanzminister:innen, Ökonominnen und Ökonomen sowie Finanzmarktteilnehmer:innen. Im Zentrum des Interesses wird die Rede von Fed-Chair Jerome Powell am 26. August stehen.
Niedriginflationsumfeld
Bis vergangenes Jahr waren die meisten Zentralbanken in den entwickelten Volkswirtschaften noch von einem anhaltenden Niedriginflationsumfeld ausgegangen. Die damals ansteigende Inflation wurde als temporär angesehen. Doch innerhalb der vergangenen zwölf Monate hat sich viel geändert.
Hohe Inflation
Die Inflationsraten sind in vielen Ländern weiter auf hohe Niveaus angestiegen. Die anfänglichen Inflationstreiber waren pandemiebezogen. Mit dem schnellen Anstieg der Güternachfrage konnte das Güterangebot nicht mithalten. Dazu kamen kräftig angestiegene Energie- und Nahrungsmittelpreise, vor allem aufgrund des Krieges in der Ukraine, und der zunehmende Preisdruck im Dienstleistungssektor aufgrund der Lockerungsmaßnahmen. Mittlerweile sind Überwälzungseffekte auf zahlreiche andere Preiskomponenten erkennbar. Die Kernfrage ist, ob es zu Sekundärrundeneffekten kommen wird (also eine Lohn-Preis-Spirale).
Enger Arbeitsmarkt
Klassischerweise wird von den Zentralbanken versucht, die aktuelle Inflation mit der Phillips-Kurve zu erklären. Hierbei wird die Inflation mit zwei erklärenden Faktoren in Beziehung gesetzt. Erstens, der Arbeitsmarkt. Generell gilt, je mehr die aktuelle Arbeitslosenrate unter der Arbeitslosenrate liegt, die um den Wirtschaftszyklus bereinigt ist (strukturelle Arbeitslosenrate), desto größer ist der Inflationsdruck. Tatsächlich ist aktuell in vielen Ländern der Arbeitsmarkt sehr eng.
Inflationsschätzungen lagen meist falsch
Zweitens wird angenommen, dass die aktuelle Inflation entweder von den Inflationserwartungen oder der vergangenen Inflation beeinflusst wird. Die Methode für die Inflationsschätzungen, die langfristigen Erwartungen von Konsumentinnen und Konsumenten, Unternehmen, Ökonominnen und Ökonomen und den Marktpreisen heranzuziehen, wird immer stärker kritisiert. Auf der Theorieebene war das eine schöne Weiterentwicklung. In der Praxis hat sich das jedoch als eher unbrauchbar herausgestellt, weil die Schätzungen zu oft weit entfernt von den realisierten Werten lagen.
Persistenz
Vielmehr wird der Zusammenhang zwischen den vergangenen Inflationsraten und der aktuellen Inflation in einem zunehmenden Ausmaß als ein Erklärungsfaktor für die aktuelle Inflation akzeptiert. Hierbei spricht man von Persistenz. Aktuelle Schätzungen deuten darauf hin, dass die Persistenz zugenommen hat. Das bedeutet: Wenn die Inflation innerhalb einer bestimmten Zeitperiode, sagen wir, vier Quartale, niedrig war, bleibt die Inflation niedrig. Wenn die Inflation hoch war, bleibt die Inflation hoch. Wenn sich die aktuell angestiegene Persistenz verfestigt, kann sie wahrscheinlich nur gebrochen werden, wenn die Zentralbank sehr restriktiv agiert. Ähnlich wie der Fed-Vorsitzende Paul Volcker, der Anfang der 1980er mit kräftigen Leitzinsanhebungen eine Rezession (ansteigende Arbeitslosigkeit) ausgelöst hat, um die Inflation zu drücken. Obwohl die Inflation in den 1980ern tatsächlich einen fallenden Trend einschlug, blieb die Persistenz noch bis Anfang der 1990er hoch. Das sieht man auch daran, dass in diesem Zeitraum die langfristigen Inflationsprognosen immer zu hoch waren (siehe oben). Es kann also lange dauern, die Inflationsbefürchtungen zu bändigen, wenn sie erstmals zunehmen.
Restriktive Geldpolitik
Um eine Verfestigung des Zusammenhangs zwischen vergangener und aktueller Inflation (Persistenz) zu verhindern, heben die Zentralbanken derzeit möglichst schnell die Leitzinsen an. Doch auf welches Niveau? Zahlreiche Zentralbanken signalisieren, die Geldpolitik nötigenfalls auch restriktiv (wirtschaftsdämpfend) zu gestalten. Das um die Inflation bereinigte Zinsniveau (realer Zinssatz) soll positiv werden. Dabei gibt es jedoch eine wichtige Frage, die derzeit niemand zufriedenstellend beantworten kann. Welcher Wert für die Inflationsrate, mit dem der reale Zinssatz berechnet wird, soll veranschlagt werden?
Die aktuelle Schätzung der Erste Asset Management für die zugrundeliegende Inflation in den USA liegt bei 4% im Jahresabstand. Vergleichswerte: Deflator der persönlichen Konsumausgaben: 6,8% im Juni, Konsumentenpreisinflation: 8,5% im Juli, Zentralbankziel: 2%. Wenn die Inflationsschätzung stimmt, ist ein Leitzinssatz von über 4% nötig, um einen positiven realen Zinssatz zu erreichen. Die Marktpreise reflektieren jedoch ein Ende des Zinsanhebungszyklus im März 2023 mit einem Wert von knapp 3,7%. Am kommenden Freitag wird der Fed-Vorsitzende Jerome Powell die Gelegenheit haben, die Markterwartungen zu beeinflussen. Der Hoffnungen einiger Marktteilnehmer:innen, dass der Rückgang der Konsumentenpreisinflation von 9,1% im Juni auf 8,5% im Juli eine weniger kämpferische (hawkishe) Fed-Politik bedeutet, könnten enttäuscht werden. Denn der Arbeitsmarkt ist sehr eng und die Persistenz ist angestiegen.
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