Obwohl Wasserstoff für mehr als 90% der Atome im Universum verantwortlich zeichnet, wurde es erst 1766 „offiziell“ entdeckt. Und obwohl die Wasserstofferzeugung durch Dampfreformierung in Europa schon seit fast 100 Jahren praktiziert wird, wurden viele Anleger erst in jüngster Zeit auf die Branche aufmerksam, sodass einige Aktien wahrlich stratosphärische Höhen erreichten, bevor sie auf den Boden der Tatsachen zurückfielen.
In den letzten Jahren gab es in der Tat zahlreiche neue Marktteilnehmer in einem Sektor, der sich ständig zu verändern scheint. Während der Schwerpunkt zunächst auf leichten Nutzfahrzeugen lag (man denke an Wasserstoffautos), verlagert er sich nun auf größere Mobilitätsanwendungen (Busse, Schiffe, Flugzeuge). Wasserstoff wird auch bei der längerfristigen Energiespeicherung und bei der Dekarbonisierung von Schwerindustrien wie der Stahlproduktion oder Raffinerien eine große Rolle spielen.
In diesem Artikel wollen wir den Fokus auf die Erzeugung von grünem Wasserstoff legen, wo jüngste technologische Vorteile und Kostenreduktionen zu einer dramatischen Veränderung des Umfeldes geführt haben. Der gesamte adressierbare Markt für grünen Wasserstoff wird auf mehr als EUR 150 Mrd. geschätzt und könnte das fehlende Bindeglied sein, um die Energiewende zu ermöglichen.
Dieses Mal wird alles anders
Der Wasserstoffsektor war in der Vergangenheit anfällig für Hype-Szenarios, aber das Jahr 2022 brachte zahlreiche Entwicklungen an der politischen Front, die uns glauben lassen, dass der Fall diesmal anders gelagert sein könnte. Die EU kündigte im März das Programm RePower EU an, in dem Wasserstoff als eine der wichtigsten Säulen für die Dekarbonisierung der Industrie und die Abkehr Europas von der Abhängigkeit von russischem Gas genannt wird. Genauer gesagt, plant Europa bis 2030 die Produktion und den Import von jeweils 10 Millionen Tonnen (!) grünem Wasserstoff. Außerdem wurde eine sog. „Wasserstoffbank“ ins Leben gerufen, um, wie EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen es ausdrückte, „einen Market-Maker für Wasserstoff zu schaffen, der die Investitionslücke überbrückt und das zukünftige Angebot mit der Nachfrage verbindet“.
Um nicht hinter Europa zurückzufallen, haben die USA in diesem Sommer ihren Inflation Reduction Act angekündigt, mit dem Steuergutschriften von bis zu USD 3/kg für die Produktion von grünem Wasserstoff gewährt werden – für einige Produktionsstandorte ist die Produktion damit fast kostenlos. Im Gegensatz zu Europas Plan, der derzeit großteils nur auf dem Papier besteht, gibt es in den USA einen klareren Weg für die Hersteller von grünem Wasserstoff, wie sie an die Subventionen gelangen können. Dies hat zu einem „green rush“ geführt, bei dem sich viele Unternehmen in den USA niedergelassen haben und ihre Verkaufsambitionen dort verstärken.
Die Vielzahl an Ankündigungen und die Unterstützung der Regierung für Wasserstoff würde einen eigenen Blogbeitrag füllen. Jedenfalls sind das Entwicklungen, die für die gesamte Wasserstoffindustrie sehr positiv sein könnten.
Fusion Fuel – Pionier im Bereich grüner Wasserstoff
Ein Unternehmen, welches von den jüngsten Entwicklungen an der politischen Front profitiert, ist Fusion Fuel. Das portugiesische Unternehmen ist ein Innovator und steht an der Spitze der grünen Wasserstoffproduktion in Europa. Wir besuchten kürzlich die Produktionsanlagen des Unternehmens in der Nähe von Lissabon sowie die erste Solaranlage für grünen Wasserstoff in Evora (Portugal), die eine der ersten in Betrieb befindlichen Anlagen dieser Art in Europa ist.
Das Hauptprodukt von Fusion Fuel ist der HEVO-Solar: ein Gerät, das 100 % der Sonnenenergie einfängt, um vor Ort grünen Wasserstoff aus Sonnenenergie zu erzeugen. Dies geschieht durch die Kombination sehr effizienter Sonnenkollektoren, die die Sonnenenergie mit einem Wirkungsgrad von über 40 % bündeln (im Vergleich zu herkömmlichen Sonnenkollektoren mit einem Wirkungsgrad von etwa 20 %). Die gewonnene Elektrizität und Wärme wird für die Elektrolyse verwendet. Jede HEVO-Solar-Einheit kann eine Tonne grünen Wasserstoff pro Jahr produzieren. Die H2Evora-Anlage von Fusion Fuels verfügt über 15 HEVO-Solar-Einheiten mit einer Nennkapazität von 15 Tonnen grünem Wasserstoff pro Jahr. Ein Vorteil der Technologie von Fusion Fuels ist, dass sie den Wasserstoff vor Ort produziert, was die Transportkosten senkt und sie besonders für kleinere Industriekunden und Wasserstofftankstellen attraktiv macht.
Das Geschäftsmodell von Fusion Fuel verfügt über zwei Standbeine: Zum einen den Verkauf der patentierten Technologie an Geschäftspartner und zum anderen die Projektentwicklung. Die H2Evora-Anlage dient als Demonstrationsanlage für potenzielle Geschäftspartner und, in unserem Fall, für Fondsmanager. Leider schien die Sonne während unseres Besuches nicht, sodass wir die HEVO-Solar nicht in Bewegung sehen konnten – aber es war dennoch sehr interessant, den Betrieb im wahrsten Sinne des Wortes vor Ort zu beobachten.
Die Zukunft von Fusion Fuel
Die Wasserstoffindustrie ist seit langem dem berühmten Henne-Ei-Problem ausgesetzt. Die Großindustrie beruft sich auf Beschränkungen der Produktionskapazität für Elektrolyseure, während die Hersteller von Elektrolyseuren auf Großaufträge warten, die eine Kapazitätserweiterung rechtfertigen.
Fusion Fuel ist derzeit auch damit beschäftigt, seine Produktion hochzufahren, und wir hatten die Gelegenheit, zwei Produktionsstätten in Benavente und Sabugo in der Nähe von Lissabon zu besuchen. Wir waren beeindruckt von der Größe und dem Entwicklungsstand des Unternehmens, insbesondere von der Anlage in Benavente, die vollständig automatisiert sein und als Vorbild für künftige Produktionsstätten weltweit dienen wird.
Es besteht genügend Spielraum, um die Kapazität von Benavente rasch zu erhöhen, sobald die Projekte unterzeichnet sind und das Geld fließt. Die Verkaufsaktivitäten fokussierten bis dato hauptsächlich auf Europa und insbesondere auf die Iberische Halbinsel, was Sinn ergibt, da dies der Heimatmarkt des Unternehmens ist, welcher sich auch sehr gut für die Produktion von grünem Wasserstoff eignet. Angesichts der sich verändernden Landschaft und der attraktiven Anreize in den USA hat Fusion Fuel seine Aktivitäten dort jedoch verstärkt und kürzlich ein Projekt in Kalifornien im Wert von bis zu EUR 175 Mio. angekündigt. Fusion Fuel hat sein Produktangebot auch auf Standalone-Elektrolyseure ausgeweitet, bei denen es gelungen ist, die Kosten um über 50 % zu senken und dabei gleichzeitig die Effizienz zu steigern.
Unser Besuch verschaffte uns einen guten Überblick über den Betrieb und stimmte uns sehr zuversichtlich, dass Fusion Fuel in der Lage sein wird, auf dem sich ständig verändernden Wasserstoffmarkt erfolgreich zu sein. Wir freuen uns auf eine glänzende Zukunft für das Unternehmen!
Dieser Beitrag ist Teil des ESGenius Letter zum Thema Die Energie der Zukunft. Die weiteren Artikel mit Informationen und Insights rund um nachhaltige Energienutzung finden Sie hier.
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