Es fühlt sich an, als hätte der UN-Klimasekretär Simon Stiell die COP 28 in Dubai mit den Worten „Wir haben das Zeitalter der fossilen Brennstoffe zwar nicht beendet, aber dieses Ergebnis ist der Anfang von dessen Ende” (Original: „We didn’t turn the page on the fossil fuel era, but this outcome is the beginning of the end”) erst gestern beendet. Dabei ist das nun bereits fast ein Jahr her!
Mittlerweile ist aber nicht nur ein Jahr vergangen, sondern wir sind auch um eine UN – Klimakonferenz reicher, denn die diesjährige Klimakonferenz in Baku, Aserbaidschan gilt seit dem 24. November als offiziell abgeschlossen. Grund genug, sich also nicht nur die Ergebnisse der diesjährigen COP anzusehen, sondern auch, inwiefern man an die Errungenschaften des Vorjahres anschließen konnte.
Übrigens: Wer nochmal nachlesen möchte, was letztes Jahr in Dubai diskutiert wurde, oder was man unter COP eigentlich genau versteht, kann gerne hier alles nochmal ganz genau nachlesen.
Baku 2024
Die diesjährige UN-Klimakonferenz fand in Baku, Aserbaidschan, statt. Ursprünglich hätte die Konferenz bereits mit Freitag, dem 22. November zu Ende gehen sollen. Die Verhandlungen gingen aber mit knapp 30 Stunden Überzeit in die Verlängerung, sodass noch bis zum frühen Sonntagmorgen weiterverhandelt wurde.
Den Vorsitz übernahm Muxtar Babayev, der seit 2018 Minister für Ökologie und Naturressourcen der Republik Aserbaidschan ist. Sein Vorsitz führte im Vorfeld, ähnlich wie auch der Vorsitzende des Vorjahres, Sultan Ahmed Al Jaber, zu einigen Kontroversen. Denn auch Babayev kommt aus der Ölindustrie. Seit 1994 ist er für die SOCAR, den staatlichen Ölkonzern der Republik Aserbaidschan, tätig und war von 2007 bis 2010 sogar Vizepräsident für Ökologie. Seine Tätigkeit beim Konzern legte er erst mit der Übernahme des Ministeramtes als Umweltminister 2018 zurück.
Der aserbaidschanische Minister für Ökologie und Naturressourcen, Muxtar Babayev, übernahm den Vorsitz bei der diesjährigen COP. © STRINGER / AFP / picturedesk.com
Aber nicht nur der Vorsitzende, auch der Austragungsort selbst bzw. das Land stand heftig in der Kritik. Aserbaidschan gilt als ein Land, dessen Staatseinkommen sehr stark auf den Öl- und Gasexport angewiesen sind. Zudem ist auch das Land selbst äußerst abhängig von Öl und Gas zur Energieversorgung.
#BakuBreakthrough?
Aber was wurde nun wirklich in Baku besprochen und kam es tatsächlich zu den #BakuBreakthroughs, wie von der COP 29 selbst betitelt? Sehen wir uns die wichtigsten Ergebnisse einmal im Detail an:
Neue Ziele in der Klimafinanzierung
Baku bringt uns also das „Baku Finance Goal“ (formal: New Collective Quantified Goal on Climate Finance, NCQG) und die COP spricht von einem „Durchbruch“. Aber wovon ist hier genau die Rede? Das NCQG setzt ein neues, globales Ziel: bis 2035 sollen jährlich 1,3 Billionen US-Dollar von öffentlichen und privaten Quellen in Form von Klimafinanzierung an Entwicklungsländer fließen. Dabei sollen die Industrieländer eine Führungsrolle einnehmen. Diese sollen nämlich bis 2035 mindestens 300 Milliarden US-Dollar jährlich an Finanzierung für die Entwicklungsländer übernehmen. Das stellt eine Verdreifachung der Finanzmittel von den Industrieländern für die Entwicklungsländer von den bisher vorgesehenen 100 Mrd. US-Dollar auf die nun beschlossenen 300 Mrd. US-Dollar jährlich dar. Besonderes Augenmerk soll dabei vor allem auf die am wenigsten entwickelten Länder sowie die kleinen Inselentwicklungsländer gelegt werden.
Bei der Abschlussrede am 24. November hielt der UN-Klimasekretär, Simon Stiell, fest: „This new finance goal is an insurance policy for humanity”. Das neue Klimaziel sei also eine Versicherung für die Menschheit – und das inmitten der sich verschlimmernden Klimaauswirkungen, von denen mittlerweile jedes Land betroffen ist. Er betont aber auch: “But like any insurance policy – it only works – if premiums are paid in full, and on time. Promises must be kept, to protect billions of lives.” Die vereinbarten Klimaziele sind also nur dann etwas wert, wenn alle Versprechen auch wirklich eingehalten werden, von allen beteiligten Parteien.
Fonds für die Bewältigung von Verlusten und Schäden (engl.: Loss and Damage Fund)
Auch wurde auf der COP 29 beschlossen, dass der Fonds für Verluste und Schäden nun endlich seine Arbeit aufnimmt und ab 2025 damit beginnt, Gelder auszuschütten. Diese historische Entscheidung wurde vor allem von Entwicklungsländern, einschließlich vieler kleiner Inselstaaten, den am wenigsten entwickelten Länder aber auch vielen Afrikanische Nationen schon lange erwartet.
Die Schaffung dieses „loss and damage fund“ war unter anderem ein Ergebnis der COP 27 in Jahr 2022 in Ägypten. Auf der COP 28 im Vorjahr in Dubai einigten sich die Teilnehmer auf die ersten Details zur Ausgestaltung des Fonds für die Bewältigung klimabedingter Schäden und Verlust in ärmeren Ländern und es wurde zudem beschlossen, nun die Tätigkeit des Fonds aufzunehmen. Ziel des Fonds ist es, den Ländern, die am stärksten von den Auswirkungen des Klimawandels betroffen sind, finanzielle Unterstützung zu gewähren.
Derzeit beläuft sich die zugesagte finanzielle Unterstützung für den Fonds auf insgesamt über 730 Millionen US-Dollar. Der Loss and Damage Fund wird nach den Verhandlungen auf der COP 29 ab nächstem Jahr, also ab 2025, mit der Finanzierung von Projekten beginnen. Übrigens: Die Philippinen wurden als Gastgeberland für den Vorstand des Fonds ausgewählt!
Oder doch #BakuNOBreakthrough?
Nachdem man letztes Jahr in Dubai offiziell beschlossen hatte, man wolle sich von den fossilen Brennstoffen ein für alle Mal verabschieden, waren die Erwartungen für einen konkreten Fahrplan groß. Leider konnte an den UAE-Dialog nicht angeschlossen werden. Die nächsten Entscheidungen und Schritte Richtung Emissionsminderung und zur Senkung des Treibhausgasausstoßes wurden vertagt. Zwar stellt das (zum Glück) keinen Rückschritt dar, leider aber gewiss auch keinen Fortschritt. Klimaschutzministerin Leonore Gewessler merkt an: „Auf die Verhandlerinnen und Verhandler warten im kommenden Jahr (Anmerkung: bei der nächsten COP) also noch größere Aufgaben zu!“.
© Armando Franca / AP / picturedesk.com
Auch die beschlossenen Klimafinanzierungsziele sind für viele „too little, too late“. Jon Kowalzig von der NGO Oxfam sagte zum Beispiel, dass die nun vereinbarten Klimafinanzierungsziele nicht mal ansatzweise ausreichen, um die einkommensschwächeren Länder tatsächlich im Kampf gegen die Klimakrise zu unterstützen.
Auch UN-Klimasekretär Simon Stiell übte „leichte Kritik” in seiner Abschlussrede, in dem er betont: “No country got everything they wanted, and we leave Baku with a mountain of work to do. The many other issues we need to progress may not be headlines but they are lifelines for billions of people. So this is no time for victory laps, we need to set our sights and redouble our efforts on the road to Belem.”
Der lange Weg will gegangen werden…
Wir halten also fest: Es liegt noch ein langer und steiniger Weg vor uns – aber der will auch gegangen werden!
Die Klimakrise schreitet unaufhaltbar voran und nicht nur Länder sondern auch Unternehmen sind unterschiedlich stark von verschiedensten Auswirkungen der Krise betroffen. Grund also, auch bei der Investition in Unternehmen auch auf potenzielle Klimarisiken zu achten. Im Gegensatz zu den Verhandlungen auf der diesjährigen COP, ist es mittlerweile bei einer Mehrzahl der Unternehmen bereits gang und gäbe, einen Dekarbonisierungsplan, also eine Strategie um das Netto-Null-Ziel bis zum Jahr 2050 zu erreichen, im Unternehmen zu implementieren.
Auch bei uns in der Ersten Asset Management spielt die Klimaresilience eines Unternehmens vor der Investition eine große Rolle. Dabei beschäftigen wir uns mit Themen wie den rechtlichen Herausforderungen, mit denen ein Unternehmen zunehmend konfrontiert ist, den steigenden Ausgaben durch Steuern und Emissionshandelssystemen, steigende Kapitalkosten oder auch Abschreibungen und Wertminderungen.
Seit dem Beginn dieses Jahres haben wir eigens dafür einen Climate-Score entwickelt, um so die nachhaltigen Spitzenreiter aber auch die Nachzügler einer jeden Sektors zu bestimmen.
… also lasst ihn uns gemeinsam gehen!
Mehr zum Thema Climate Score erfahren sie in diesen Beiträgen:
Climate Score: So können wir nachhaltige Vorreiter und Nachzügler identifizieren
Um die nachhaltige Unternehmensanalyse weiter zu verbessern entwickelte das Responsible Investments Team der Erste Asset Management im Vorjahr den Climate…
Climate Score? Bitte, nicht noch ein ESG-Faktor!
Klimarisiken sind auch für Anleger:innen ein wichtiges Thema. Ein Blick auf die Klimareife von Unternehmen kann potenzielle Risikofaktoren minimieren….