Die erste Berichtssaison des Jahres 2020 wird thematisch von der Coronakrise beherrscht. Obwohl die Lungenkrankheit abgesehen von China in den meisten Ländern mit März erst im letzten Monat des ersten Quartals zu einem massiven Problem wurde, wirken sich die wirtschaftlichen Einschränkungen durch die Pandemie bereits beträchtlich aus.
Nicht nur bereits veröffentlichte Ergebnisse fielen deutlich schwächer aus. Anleger und Analysten erwarteten wegen der Folgen des weltweiten Kampfs gegen das Virus auch noch mittelfristig weniger Gewinn.
Gedämpfte Erwartungen
Im Vorfeld der ersten Zahlenvorlagen in den USA zeichnete sich bereits ein starker Rückgang der Gewinne ab. Daten von Refinitiv zufolge wurden Mitte April beispielsweise für die Unternehmen im US-Leitindex S&P 500 durchschnittlich knapp 13 Prozent weniger Gewinn im ersten Jahresviertel verglichen mit der Vorjahresperiode erwartet.
Besonders hohe Gewinnrückgänge wurden im Energiesektor (-55 Prozent) erwartet. Industrie-, Konsumgüter- und Finanzkonzernen wurde um etwa ein Drittel weniger Gewinn zugetraut.
Vorsichtsmaßnahmen schlagen sich nieder
In den USA eröffnen traditionell die großen Banken den vierteljährlichen Zahlenreigen: Bei Goldman Sachs, Bank of America und Citigroup hatte sich der Gewinn im ersten Quartal halbiert. Beim Branchenprimus JPMorgan schrumpfte er um gut zwei Drittel, bei Wells Fargo um fast 90 Prozent.
Am besten schlug sich im Branchenvergleich noch Morgan Stanley mit einem Gewinnrückgang von 30 Prozent auf 1,7 Milliarden US-Dollar. Damit fiel die erste Runde der Geschäftsberichte auf den ersten Blick noch unerfreulicher aus als befürchtet. Doch noch sind die niedrigeren Gewinne vor allem auf Vorsichtsmaßnahmen der Banken zurückzuführen. Sie bildeten Rücklagen, um auf mögliche Kreditausfälle ausgelöst durch die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise vorbereitet zu sein.
Auch Gewinner im trüben Umfeld
Neben Schwierigkeiten für Unternehmen zeichnen sich besonders für Privathaushalte schwere Zeiten ab. So haben in den USA in den ersten fünf Wochen der Pandemie mehr als 26 Millionen Amerikanerinnen und Amerikaner ihre Jobs verloren. Dies wird wiederum die Umsätze konsumabhängiger Konzerne belasten.
Trotz der trüben Aussichten profitierten andere Unternehmen vorerst sogar von der aktuellen Situation. Ausgangbeschränkungen und Abstandsregelungen begünstigten etwa das Geschäft von Kommunikationsdienstleistern. Als plakatives Beispiel dafür dient der Videostreaming-Anbieter Netflix. Er meldete in der Vorwoche 15,8 Millionen neue zahlende Kunden und damit fast doppelt so viele Neukunden, wie von Analysten erwartet worden war.
Der Quartalsumsatz von 4,5 Milliarden im Q1 2019 auf 5,8 Milliarden Dollar. Der Nettogewinn lag bei 709 Millionen, mehr als doppelt so hoch wie im Vorquartal.
Pharmaunternehmen und Gesundheitskonzerne stehen angesichts der Corona-Herausforderungen ebenfalls im Fokus. So halfen etwa Bevorratung durch Konsumenten dem Arzneimittelhersteller Eli Lilly, dessen Umsatz um gut 15 Prozent auf 5,86 Mrd. kletterte. Beim französischen Branchenkollege Sanofi stiegen die Erlöse zum Jahresstart um rund 7 Prozent auf knapp 9 Mrd. Euro, wie der Konzern vor dem Wochenende mitteilte.
Das bereinigte Ergebnis je Aktie erhöhte sich ohne Wechselkurseffekte um fast 16 Prozent auf 1,63 Euro. Der Gewinn unterm Strich legte um 48 Prozent auf 1,7 Mrd. Euro zu. Etwa die Hälfte des Wachstums sei mit der Erhöhung von Lagerbeständen im Zuge der Covid-19-Krise zu erklären, hieß es.
Während die Regierungen weltweit mit Hilfspaketen und Konjunkturhilfen versuchen, die wirtschaftlichen Folgen der Coronakrise möglichst schnell einzudämmen, stehen in den kommenden Tagen Quartalsberichte weitere prominenter Aktiengesellschaften dies- und jenseits des Atlantiks auf dem Programm.
Auch darunter könnte sich die ein oder andere positive Überraschung finden. Den Daten von Refinitiv zufolge könnten sich diese neben dem Kommunikations- und dem Gesundheitssektor auch unter den Versorger-, oder Technologiewerten finden.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.