Was tut sich an den Märkten? In unserem Investment View geben die Expert:innen unserer Investmentabteilung regelmäßig Einblicke in das aktuelle Marktgeschehen und ihre Einschätzung zu den verschiedenen Anlageklassen.
Hinweis: Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet.
Volkswirtschaftlicher Ausblick
Das globale Wirtschaftswachstum liegt aktuell auf ihrem Potenzialniveau. Die Wachstumsfaktoren sind breiter angelegt: Leichte Abschwächung in den USA, Rückkehr zum Wachstum in Europa. Auf der Inflationsseite hat sich der Abwärtstrend des vergangenen Jahres seit Jahresbeginn nicht im gleichen Tempo fortgesetzt. Die Widerstandsfähigkeit des Wachstums und die Persistenz der Inflation verringern den Spielraum für Leitzinssenkungen. Das finanzielle Umfeld bleibt jedoch konstruktiv.
Bleiben die Notenbanken wachsam (also hawkish) oder lockern sie die geldpolitischen Zügel (dovish)? Eine zu frühe oder zu starke Senkung der Zinssätze könnte eine zweite Inflationswelle und Vermögenspreisblasen sowie nachfolgende Zinserhöhungen auslösen. Eine zu späte oder zu geringe Zinssenkung könnte die Wirtschaftstätigkeit unangemessen schwächen (eine Rezession auslösen). Das wahrscheinlichste Szenario: Hawkishe, also wachsame Notenbanken.
Szenarien:
1. Keine Landung: Ein stabiles Wachstum und eine anhaltende Inflation begrenzen den Spielraum für Leitzinssenkungen. Wahrscheinlichkeit nach unserer Einschätzung: 60%
2. Weiche Landung: Der Disinflationstrend setzt sich fort. Das Inflationsziel wird mittelfristig erreicht. Die Leitzinsen in den entwickelten Märkten können deutlich gesenkt werden. Wahrscheinlichkeit nach unserer Einschätzung: 20%
3. Harte Landung: Das geldpolitische Umfeld bleibt zu lange restriktiv. Die Kreditvergaberichtlinien werden weiter verschärft und die Schuldenlast steigt. Die am Markt eingepreisten Leitzinssenkungserwartungen sinken weiter. Dadurch würde sich das finanzielle Umfeld (finanzielle Bedingungen) verschlechtern. Im Falle einer Beschleunigung der Inflation könnten die Zentralbanken sogar unter Druck geraten, die Leitzinsen zu erhöhen. Wahrscheinlichkeit aus unserer Sicht: 20%
Anlageklassen
Im Einklang mit der allgemeinen Wirtschaftslage behalten wir unsere dynamische Positionierung bei. Die potenzielle Volatilität in den Sommermonaten, die häufig auf eine geringere Liquidität zurückzuführen ist, ist angesichts der wirtschaftlichen Lage kein Grund zur Sorge.
Unsere Aktienallokation bleibt neutral, und unsere Positionierung bei den Anleihen bevorzugt das Hochzinssegment. Um das Gleichgewicht des Portfolios zu wahren, erhöhen wir die Allokation in europäischen hochverzinslichen Unternehmensanleihen und europäischen Staatsanleihen (nur in einigen unserer Portfolios) auf Kosten des Geldmarktes, was zu einer leichten Erhöhung der Portfolioduration führt. Das Portfolio bleibt dynamisch und dennoch breit gestreut.
![](https://blog.de.erste-am.com/wp-content/uploads/2024/07/Positionierung_0624-1024x610.png)
Hinweis: Sofern in dieser Unterlage Portfoliopositionierungen von Fonds bekannt gegeben werden, basieren diese auf dem Stand der Marktentwicklung zum 1.7.2024. Im Rahmen des aktiven Managements können sich die genannten Portfoliopositionierungen jederzeit ändern. Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet.
Aktien
Die robuste US-Wirtschaft, positive Gewinnausblicke aus der Berichtssaison für das 1. Quartal und die nachlassende Besorgnis über die Anleiherenditen sorgten im Mai für ein günstiges Aktienumfeld. Daher halten wir an einer neutralen Gewichtung von Aktien fest, ohne unsere Allokation zu ändern.
Wir glauben, dass die aktuellen Aktienkurse eine vorsichtige Haltung erfordern, da viele Indizes neue Allzeithochs erreichen. Daher bevorzugen wir in den meisten Regionen eine neutrale Position. Unsere Strategie beinhaltet eine Übergewichtung in Europa und Lateinamerika, die durch ein geringeres Engagement in Asien ohne Japan ausgeglichen wird, wo wir weniger Wachstumspotenzial sehen. Insgesamt behalten wir eine neutrale Allokation in den Schwellenländern bei.
Aus sektoraler Sicht haben wir eine aktive Wette: den US-Gesundheitssektor. Wir halten die defensiven Eigenschaften des Gesundheitssektors für attraktiv, so dass er in verschiedenen Marktszenarien eine gute Perspektive bietet.
Staatsanleihen
Die Renditen sind im Mai aufgrund des schwächer als erwarteten Wirtschaftswachstums in den USA und der an die Prognosen angepassten Inflationszahlen leicht gesunken. Das Marktumfeld ist nun dank der jüngsten Maßnahmen und Erklärungen der Zentralbanken ausgeglichener.
Die Zinserwartungen und die Wirtschaftsaussichten sind derzeit die wichtigsten Faktoren, die die Renditen bestimmen. Aber auch geopolitische Ereignisse und anstehende Wahlen könnten den Markt beeinflussen, wie etwa die unerwartete Forderung von Präsident Macron nach vorgezogenen Wahlen.
Da die Zinssenkung der EZB im Juni bereits beschlossene Sache war, sind künftige Zinsbewegungen weniger vorhersehbar und hängen stark von den kommenden Daten ab. Das Wirtschaftswachstum in Europa zieht nach fünf Quartalen der Stagnation wieder an, was sich auch an den steigenden Einkaufsmanagerindizes ablesen lässt. Insgesamt bleibt die Wirtschaftstätigkeit jedoch relativ gedämpft. Wir haben unsere Positionen in europäischen Staatsanleihen leicht aufgestockt, insbesondere in den Portfolios, in denen wir signifikante Geldmarkt-Positionen hielten.
Unternehmensanleihen
Im Juni haben wir unsere Allokation in Unternehmensanleihen, insbesondere europäischen Hochzinsanleihen, zu Lasten von Geldmarktinstrumenten erhöht. Mehrere Faktoren sprechen für diese Entscheidung:
- Obwohl sich die Spreads (Kreditrisikoaufschläge) aufgrund steigender Zinsen verengt haben, liegen die Renditen seit Dezember im Schnitt bei 6,75 %, was dem Portfolio Stabilität verleiht.
- Die Nachfrage bleibt robust, und das Nettoangebot ist begrenzt.
- Widerstandsfähigkeit: Auch wenn die Ausfallquoten aufgrund einer großen Zahl notleidender Anleihen leicht erhöht bleiben könnten, trägt der Zugang zu Kapital dazu bei, diese Risiken zu mindern.
- Die europäische Wirtschaft befindet sich in einem zyklischen Aufschwung, der solide Kreditkennzahlen unterstützt. Das Wachstum der Unternehmensgewinne trägt dazu bei, die steigenden Zinsaufwendungen auszugleichen.
Insgesamt bevorzugen wir innerhalb des Sektors der Unternehmensanleihen europäische und asiatische Hochzinsanleihen gegenüber Investment-Grade-Anleihen. Diese Präferenz ist auf die kürzere Duration, die attraktiven Gesamtrenditen, die günstigen Fundamentaldaten und die technischen Indikatoren, wie z. B. die starke Dynamik, zurückzuführen.
Geldmarkt
Im Juni haben wir unsere übergewichtete Position in Geldmarktinstrumenten geschlossen und eine negative Haltung eingenommen. Da die EZB ihren Zinssenkungszyklus beginnt, verlieren die Geldmärkte aufgrund des geringeren Zinspotenzials an Attraktivität.
Rohstoffe
Gold überstieg kurzzeitig die Marke von 2.400 USD, bevor es sich um 2.300 USD konsolidierte. Aufgrund seiner Rolle als Portfoliodiversifizierer haben wir Gold übergewichtet. Unsere Haltung zu Energie und Industriemetallen bleibt neutral. Die OPEC+ hat ihre Förderquotendisziplin reduziert. Die unterschiedlichen Break-even-Preise der OPEC+-Länder beeinflussen jedoch das Produktionsniveau und setzen die Rohölpreise unter Druck. Ein solides globales Wirtschaftswachstum dürfte einen signifikanten Einbruch der Nachfrage verhindern.
Erläuterungen zu Fachausdrücken finden Sie in unserem Fonds ABC: Fonds-ABC | Erste Asset Management