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Deutsche Bundestagswahl – Entscheidung über die Zukunft

Deutsche Bundestagswahl – Entscheidung über die Zukunft
(c) Unsplash

Deutschland wird am 26. September 2021 zur Bundestagswahl schreiten. Nach 16 Jahren allerdings erstmals ohne eine Option „Angela Merkel“. Das mediale Hauptaugenmerk liegt derzeit auf den 3 umfragestärksten Parteien SPD, CDU/CSU sowie den GRÜNEN. Nach 2 von 3 geplanten TV-Diskussionen („Trielle“) dürften bereits etwa 75% der Wähler eine Entscheidung getroffen haben.

Die SPD sowie die GRÜNEN würden in der Wählergunst im Vergleich zur letzten Bundestagswahl 2017 deutlich zulegen, die CDU/CSU müsste ein deutliches Minus zu Kenntnis nehmen. Aber wenn die vergangenen Wochen eines gezeigt haben, dann dass Höhenflüge in Umfragewerten sehr schnell beendet und das Potential für signifikante Änderungen durchaus vorhanden ist.

Trend und Trendumkehr

Im Verlauf des Wahlkampfs sind die drei führenden Parteien SPD, CDU/CSU und GRÜNE bereits durch Höhen und Tiefen geschritten. Die Umfragewerte von Annalena Baerbock (GRÜNE) sind von Höchstständen im April mit Aussicht auf Platz 1 deutlich eingebrochen (Korrekturen des Lebenslaufs, Nebeneinkünfte, Plagiatsvorwürfe). Der Wahlsieg dürfte trotz eines hohen Stellenwerts des Umweltschutzes als Wahlmotiv und der statistischen Schwankungsbreite kaum noch erreichbar sein.

Olaf Scholz (SPD, Finanzminister) genießt erst seit wenigen Wochen ein positives Stimmungsumfeld. In den letzten Tagen häuft sich jedoch Kritik (Versäumnisse im Wirecard-Skandal, Cum-Ex Geschäfte der Bank „Warburg, staatsanwaltschaftliche Ermittlungen gegen einen Finanz-Staatssekretär). Dies könnte ein rasches Ende seines Höhenfluges bewirken.

Armin Laschet (CDU/CSU, Ministerpräsident NRW) hatte seit der Wahl zum Spitzenkandidaten mit Querschüssen aus den eigenen Reihen zu kämpfen. Öffentliche Kritik am Corona-Kurs der Bundesregierung unter Angela Merkel als auch Fehler bei öffentlichen Auftritten während der Hochwasserkatastrophe in NRW im Juli haben ihn den Platz 1 in den jüngsten Wahlumfragen gekostet. 

Die anhaltend schlechten Umfragewerte für CDU/CSU sowie deren Kanzlerkandidaten haben kurz vor der Wahl zu einem „Sinneswandel“ bei dem Parteienbündnis geführt. Ein gemeinsamer Auftritt mit Dauerkontrahent Söder am CSU-Parteitag, ein 6-Punkte-Sofortprogramm sowie gemeinsame Wahlkampfauftritte mit Angela Merkel sollen die Trendwende bringen. Doch zumindest der Vorsprung bei Umfragen zur Eignung als Bundeskanzler/in (ähnlich wie bei Umfragen zur Sympathie) wird Olaf Scholz wohl nicht mehr zu nehmen sein.

Die Inhalte und Konzepte

In der Außenpolitik gibt es unter den 3 umfragestärksten Parteien im Kern der Sache kaum Unterschiede. Die Befürwortung internationaler Zusammenarbeit sowie eine pro-europäische Haltung in unterschiedlich ausgeprägter Form teilen die Parteien ebenso wie eine Ablehnung gegenüber der aktuellen Politik Russlands. Eine unmittelbare Kursänderung ist nicht zu erwarten.

Deutlich differenzierter fallen die Vorschläge im Bereich „Ökologisierung der Wirtschaft“ aus. Ein Urteil des Bundesverfassungsgerichts verlangt eine detailliertere Regelung zum Klimaschutz bis Ende 2022 und in der Bevölkerung ist das Thema Umweltschutz eines der wichtigsten Wahlmotive.

Die deutsche Wirtschaft wird sich nachhaltig verändern. Die Weichen für die Abkehr von fossilen Energieträgern hin zu erneuerbaren Technologien wie Solar bzw. Wasserstoff müssen gestellt werden. Unternehmen in Geschäftsfeldern wie Energiegewinnung (Kohle), Stahl- und Zementerzeugung, Automobilindustrie und Chemie werden gefordert sein, ihre langfristige Ausrichtung und ihre Geschäftsmodelle mehr oder weniger stark anzupassen. Dafür ist langfristige Planungssicherheit für die notwendigen Investitionen erforderlich.

Die Errichtung von Off-Shore Windparks, Solar- und Photovoltaikanlagen sowie der dafür notwendigen Infrastruktur zur Beförderung der Energie an die Konsumenten ist essenziell. Forschung und Entwicklung von Speichertechnologie sowie Investitionen im Bereich Digitalisierung und Ausbau des Breitbandnetzes müssen getätigt werden, um konkurrenzfähig und als Wirtschaftsstandort attraktiv zu bleiben.   

Der Gestaltungsspielraum der nächsten Regierung ist groß und wird weitreichende Lenkungseffekte entfalten können. Eine ausgewogene Aufteilung der Kosten zwischen allen Beteiligten ist für die nötige Akzeptanz der Maßnahmen unerlässlich. Die Konzepte jedoch könnten diverser nicht sein.

CDU/CSU:

  • Beibehaltung bzw. Abbau der Staatsverschuldung
  • Innovationskraft der Unternehmen fördern, weitere Verwendung des Verbrennungsmotors
  • Abbau der Bürokratie, keine Steuererhöhungen, Entlastung der Familien
  • keine staatliche Preisbestimmung bei der CO2 Besteuerung

SPD:

  • Investitionen in öffentlichen Verkehr, Digitalisierung und Wohnbau
  • CO2-Neutralität 2045
  • Erhöhung des Mindestlohns
  • Sicherung des Rentensystems (ohne Anhebung des Antrittsalters)

GRÜNE:

  • jährliche Investitionen in Höhe von 50 Mrd. € für die Ökologisierung, eigenes Ministerium für Umweltschutz, vorzeitiger Ausstieg aus Kohle (derzeit 2038)
  • Erhöhung des Mindestlohns, Transferzahlungen aus Einnahme der CO2-Steuer
  • ab 2030: Neuzulassungen nur mehr für emissionsfreie Autos
  • höhere Kapitalanforderungen für Banken

Auf Basis der aktuellen Umfrageprognosen könnten erstmalig 3 Parteien zur Bildung einer Regierung mit Stimmenmehrheit benötigt werden. Eine „AMPEL“, „JAMAIKA“ oder „Große“ Koalition mit einer 3. Partei (sofern notwendig) sind dabei noch die wahrscheinlichsten Szenarien aller rechnerischen Mehrheiten. Die Verhandlungen dürften schwierig werden und einige Zeit in Anspruch nehmen. Eine Links-Koalition aus SPD, GRÜNE und LINKE dürfte nach jüngsten Aussagen eher unwahrscheinlich sein (wenn auch mit hohem Potential an politischer Überraschung und Irritation). 

Sofern sich die Stimmenzuwächse für die Mitte-Links Parteien beim Wahlergebnis bestätigen, könnten sich deren Inhalte auch verstärkt im zukünftigen Regierungspaket widerspiegeln. Mögliche Auswirkungen wären eine expansivere Fiskalpolitik einerseits und eine stärkere Berücksichtigung sozialer Aspekte wie etwa eine Anhebung des Mindestlohns oder Transferleistungen. Beschränkungen bei Anstiegen der hohen Energiepreise (z.B. Indexierung) sind möglich.

Eine lockere Fiskalpolitik könnte das Wirtschaftswachstum weiterhin unterstützen. Unternehmen kämpfen aktuell mit Lieferengpässen, was in den letzten Monaten zu Kapazitätseinschränkungen und spürbaren Preiserhöhungen in vielen Bereichen geführt hat. Weitere Preissteigerungen für Güter und Dienstleistungen (z.B. aus Mindestlohnerhöhungen) könnten Inflationsängste weiter beflügeln, Erwartungen bei künftigen Lohnverhandlungen beeinflussen und letztendlich zu höheren Renditeerwartungen an den Kapitalmärkten führen.

Es gilt abzuwarten, welchen Einfluss die Nachfolge von Angela Merkel in den politischen Diskurs und die Entscheidungsfindung auf europäischer Ebene nehmen wird. Für viele, bevorstehende Probleme wird es einen gemeinsamen europäischen Weg brauchen, bei dessen Verhandlungen die politische Gesinnung der/des künftigen Regierungsvorsitzenden eine mehr oder weniger prägende Rolle spielen wird.

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