Im Mai 2019 feierte der Blockbuster „Rocketman“ seine Premiere im Rahmen der Filmfestspiele von Cannes. Die Filmbiografie ist eine Hommage an Elton John und einen seiner größten Hits aus den 1970er-Jahren „The Rocket Man“. Inspiriert wurde der Song von Ray Bradburys Kurzgeschite „Der Raketenmann“ aus „The Illustraded Man“. Er handelt von einem Berufsasronauten, dessen Arbeit ihn monatelang von seiner verzweifelten Familie fernhält. Weiters traf das Lied den Zeitgeist Anfang der 70er-Jahre, hatte doch David Bowie 1969 den Song „Space Oddity“ aufgenommen.
Seit dem Mai 2019 hat sich auf der Erde einiges verändert. Inzwischen sind mehrere Kriege und Konflikte ausgebrochen und eine Pandemie bestimmte unseren Alltag über mehrere Jahre. Im Weißen Haus liegen zwischen damals und heute zwar vier Jahre Präsidentschaft unter Joe Biden – und doch scheint sich seit 2019 nicht geändert zu haben. Denn auch im Mai 2019 saß Donald Trump im Weißen Haus und verkündete damals wie auch in dieser Woche weitreichende Strafzölle.
Würde Elton John den heutigen Zeitgeist und nicht jenen der 70er-Jahre besingen, träge das Lied wohl eher den Titel „The Tariff Man“ mit den folgenden Lyrics:
And all these deals, they take too long
Can’ t trust the EU, man, they do us wrong
Mexico, they better pay
Or I’ ll tax them more today
[Chorus]
And I’ m the Tariff Man
Slappin’ taxes where I can, all night (all night)
Trade wars ain’ t as bad as they say
I’ ll just tweet it all away
I’ m the Tariff Man
Making China bend to my great might
They’ ll cave any day
Or I’ ll tax their savings away
Was ist in den letzten Tagen passiert?
Aber zurück an die Börsen: Am Sonntag machte Donald Trump seine Drohung aus dem US-Wahlkampf wahr und die US-Regierung kündigte neue Zölle für Waren aus Kanada, Mexiko und China an. Nachdem die Verunsicherung darüber die Börsen nach unten schickte, verlautbarte Trump schon am Montag eine 30-tägige Aussetzung der 25%-Zölle auf Importe aus Kanada und Mexiko. Dies geschah nach Gesprächen mit der mexikanischen Präsidentin Claudia Sheinbaum und dem kanadischen Premierminister Justin Trudeau.
Beide Länder sagten zu, ihre Grenzkontrollen zu verschärfen, um die illegale Einwanderung und den Drogenhandel, insbesondere Fentanyl, in die USA einzudämmen. Diese Pause gibt den drei Ländern Zeit, ein umfassenderes wirtschaftliches Abkommen auszuhandeln. Neben der EU, sind Mexiko und Kanada als direkte Nachbarländer die wichtigsten Handelspartner der Vereinigten Staaten. Allerdings ist Trump das Handelsbilanzdefizit mit diesen Ländern schon länger ein Dorn im Auge.
Mit China hingegen, bleiben die USA auf Konfrontationskurs. Während Mexiko und Kanada vorerst von Zöllen verschont bleiben, hat die US-Regierung eine neue 10 %-Zollrunde auf chinesische Importe verhängt. Die chinesische Regierung hat ihrerseits auch bereits Vergeltungsmaßnahmen angekündigt.
Chinas Reaktion auf die US-Zölle:
- Einführung neuer Zölle von 15 % auf US-Kohle und Flüssigerdgas (LNG)
- 10 %-Zölle auf US-Rohöl, große Fahrzeuge und Agrarmaschinen
- Einleitung einer Kartelluntersuchung gegen Google
- Exportbeschränkungen für kritische Mineralien, die für die Halbleiter- und Batterieproduktion wichtig sind
Was erwarten wir für die Finanzmärkte?
Uns haben die Vorkommnisse der vergangenen Tage und die an den Märkten entstandene Volatilität nicht überrascht, und wir haben an dieser und anderen Stellen im Vorfeld schon darauf hingewiesen 👉
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Donald Trump setzt um, was er im Wahlkampf aber auch in seiner Angelobungsrede angekündigt hat. Die Finanzmärkte reagierten hingegen nervös. Der US-Leitindex S&P-500 verlor am Montag im untertägigen Handel fast 2%, konnte diese Verluste aber teilweise wieder aufholen, nachdem das temporäre Aussetzen der Zölle auf mexikanische und kanadische Importe durchsickerte. Der Index schloss den Tag mit 0.8% im Minus. Ein ähnliches Muster zeigte sich auch bei europäischen Aktien, die den Handelstag am Montag mit einem Rückgang von 0.9% beendeten (die zwischenzeitlichen Verluste beliefen sich auf 1.5%).
Auch die Renditen von US-Staatsanleihen waren zum Wochenauftakt größeren Schwankungen unterworfen, genauso wie der Goldpreis. Der US-Dollar wertete gegenüber dem Euro untertags merklich auf, gab diese Gewinne aber wieder ab. Dies reflektierte die Erwartung der Marktteilnehmer:innen, dass Zölle zu einem weiteren Aufgehen der Zinsschere zwischen den USA und dem Euroraum führen könnte.
Märkte könnten bei weiteren Zöllen vorerst abwarten
Überrascht hat uns jedoch der Umstand, dass nun bereits zum dritten Mal (Kolumbien zuvor, jetzt Kanada und Mexiko) jene Länder, denen Zölle angedroht werden, eine rasche (vorläufige) Einigung mit den USA erzielen konnten. Dies deutet darauf hin, dass sich die Regierungen bereits auf derartige Maßnahmen vorbereitet haben.
Die Implikation dessen für die Märkte könnte sein, dass bei weiteren Zollankündigungen die Markteilnehmer:innen zuerst eine abwartende Haltung einnehmen könnten. Dies würde den Verkaufsdruck im Falle neuer Zölle, zum Beispiel gegenüber der EU, verringern und die Volatilität dämpfen. Man darf also auch aus Anlegersicht jedenfalls gespannt bleiben ob schon bald eine EU-Strophe von Tariff Man hinzukommt.