Der Leiter der Nachhaltigkeitsabteilung in der Erste Asset Management, Walter Hatak, spricht über über nachhaltiges Investieren und wieso Ihr Geld die Welt verändern kann. Gesetzlicher Hinweis.
Kann eine Fondsgesellschaft zur Verbesserung der Welt beitragen? Ist es überhaupt die Aufgabe einer Fondsgesellschaft die Welt zu verbessern? Der Ökonom und Nobelpreisträger Milton Friedman sah die gesellschaftliche Verantwortung von Unternehmen auf den folgenden Zweck beschränkt: die Erzielung von Gewinnen für deren Aktionäre.
Das wurde vielerorts so interpretiert, dass soziale Engagements, die Auseinandersetzung mit dem Klimawandel und der schonende Umgang mit natürlichen Ressourcen dem Unternehmenszweck zuwider laufen, da sie potentiell den Gewinn schmälern. Und dadurch das Management nicht im Interesse seiner Eigentümer agiert, sondern mit fremden Geld Charity betreibt. Aber ist dem wirklich so?
Es kommt auf den Zeithorizont an
Nehmen wir an, Sie sind der CEO eines Energieunternehmens und erzeugen Strom aus Kohle. Das Energieunternehmen ist börsennotiert wodurch Sie keinen vollständigen Überblick über die Eigentümer haben. Ihnen ist allerdings bekannt, dass es darunter langfristige Investoren gibt, die auch regelmäßig mit Ihnen in Kontakt treten.
Ihr Planungshorizont ist dadurch deutlich länger als ein Jahr, wodurch Sie sich auch mit zukünftigen Regularien sowie politischen Programmen wie den European Green Deal auseinandersetzen. Sie wissen, dass in den daraus resultierenden Zukunftsszenarien kein Platz für Kohlestrom ist, weshalb sie der Umstellung des Energiemixes die höchste Priorität zuordnen.
Da Sie in einem Land tätig sind, wo viele Arbeitsplätze und damit auch viele ihrer Kunden eng mit dem Kohleabbau verbunden sind, unterstützen sie Sozialfonds für Umschulungsprogramme.
Dadurch soll die Zahlungsfähigkeit ihrer Kunden langfristig gesichert werden. Haben Sie nun gegen Milton Friedman’s Maxime verstoßen oder den Fortbestand ihres Unternehmens gerettet und damit Shareholder Value maximiert? (Leider können wir Milton Friedman diese Frage nicht mehr stellen, da er 2006 verstorben ist.)
Wer sind diese Aktionäre, für die das Management arbeitet?
Das sind womöglich Sie selbst, durch Ihren Fonds(-sparplan), Ihre Altersvorsorge oder Ihre fondsgebundene Lebensversicherung. Mit den Aktien, die durch Ihr zur Verfügung gestelltes Kapital erworben werden, sind zugleich auch Stimmrechte verbunden.
Diese Stimmrechte ermöglichen es, den Aufsichtsrat zu wählen, gegen die Entlastung des Vorstandes oder des vorgeschlagenen Bonusprogramms zu stimmen oder selbst Anträge einzubringen. Bei Publikumsfonds obliegt die Ausübung der Stimmrechte der jeweiligen Fondsgesellschaft.
Weil’s nicht egal ist
Wir in der Erste AM sorgen dafür, dass die Stimmrechte nicht irgendwie (oder gar nicht) ausgeübt werden sondern haben eine nachhaltige Abstimmungsrichtlinie bei Hauptversammlungen, die öffentlich einsehbar ist und für sämtliche unserer Publikumsfonds gilt.
Wir tun dies nicht nur weil es uns ein großes Anliegen ist, die Welt zu verbessern. Wir tun dies in Erfüllung des uns entgegengebrachten Vertrauens unserer Kunden, um langfristig gute Performance in unseren Fondsprodukten zu erzielen. Die Corona-Pandemie hat erneut gezeigt, dass jene Unternehmen, die aus Nachhaltigkeitssicht zu den führenden ihrer Branche gehören, besser mit unerwarteten Ereignisse zurechtkommen.
Sie haben sich schon vor der Krise Gedanken zu ihrer Zulieferkette gemacht, Arbeitsbedingungen geschaffen, die ein vertrauensbasiertes Remote-Arbeiten ermöglichen und den Klimawandel in ihre Unternehmensstrategie eingebaut, sodass sie von einem grünen Wiederaufbau der Wirtschaft profitieren werden.
ESGenius, das Ratingmodell der Erste AM
Wie erkennen wir in der Erste AM ob ein Unternehmen zu den Vorreitern seiner Branche zählt? Seit der Auflage unsers ersten Nachhaltigkeitsfonds im Jahr 2001 haben sich zwei unterschiedliche Sichtweisen zur Nachhaltigkeitsbeurteilung von Unternehmen herausgebildet:
- Der ethisch-moralische Ansatz, der philosophisch geprägt ist und tendenziell davon ausgeht, dass kein Unternehmen die hohen Nachhaltigkeitsstandards erfüllt, was wiederum eine schiefe Verteilung zur Folge hat.
- Der risikoorientiere Ansatz, der auf die Risiken aus einer nicht-nachhaltigen Unternehmensführung abstellt und in einer gleichmäßigen Verteilung der Ratings resultiert.
Würden diese beiden Ansätze nun ohne statistische Anpassungen in einem Streudiagramm gegenübergestellt werden, hätten wir als Resultat eine Wolke. Die Aussage wäre, dass es keine einheitliche Meinung am Nachhaltigkeitsmarkt gibt und ESG-Ratings keinen Mehrwert liefern.
Tue Gutes und werde dafür belohnt!
Dabei stehen die unterschiedlichen Ansätze nicht zwingend im Widerspruch zueinander. Man kann aus ethisch-moralischen Überlegungen zu denselben Investitionsentscheidungen wie aus Risikoüberlegungen kommen. Oder anders formuliert, man wird selbst am Kapitalmarkt nicht dafür bestraft, wenn man Gutes tut[1].
Deshalb fließen nach einer statistischen Aufbereitung der unterschiedlichen Verteilungen beide Signale gleichwertig in unser hauseigenes Ratingsystem ein. Wir möchten jene Unternehmen identifizieren, die sowohl aus ethisch-moralischer Sicht als auch aus Risikosicht zu den Branchenbesten zählen. Das Ergebnis ist ESGenius, das Ratingmodell der Erste AM, das zugleich ab sofort namensgebend für unsere ESG Dossiers ist.
Wir wünschen Ihnen eine spannende Lektüre unseres ESGenius Letter und bitte bleiben Sie gesund. Einerseits, weil uns etwas an Ihnen liegt (ethisch-moralische Sicht), aber auch um die weitere Verbreitung des Virus zu verhindern (Risikosicht).
[1] https://papers.ssrn.com/sol3/papers.cfm?abstract_id=2699610
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.