Die „Meme Stocks“ an den Börsen sind zurück im Rampenlicht. Darunter versteht man Aktien von verhältnismäßig wenig bekannten Nebenwerten, die von spekulativen Privatanleger:innen durch in sozialen Medien konzertierten Kaufaktionen in astronomische Höhen katapultiert werden. Waren AMC und Gamestop die beiden Stars der ersten Meme-Stock-Welle im Vorjahr, standen zuletzt vor allem Bed Bath & Beyond mit einer Achterbahnfahrt im Rampenlicht.
Der Kurs des Einzelhändlers hatte sich im August zeitweise viervierfacht und damit vielen Anleger:innen auch Lust auf Wetten auf andere Nebenwerte gemacht. Das Unternehmen ist hochverschuldet und Analyst:innen zufolge von der Insolvenz bedroht, Nachrichten über mögliche Finanzierungslösungen schürten aber Wetten auf das Papier.
Bed Bath & Beyond brechen nach Cohen-Ausstieg ein
Nach dem Boom folgte allerdings rasch der Absturz, die Aktie von Bed Bath & Beyond brach in wenigen Tagen um mehr als die Hälfte ein, nachdem bekannt wurde, dass RC Ventures, das Unternehmen des aktivistischen Investors Ryan Cohen, seine gesamte Beteiligung an dem Wohnungsausstatter für 178 Millionen Dollar verkauft hatte.
Cohens Einstieg bei Bed Bath & Beyond im März hatte heuer einen Run auf die angeschlagene Aktie ausgelöst. Nun hat der Investor, der bei jungen Privatanlegern als Vorbild gilt, seinen Einsatz versilbert. Laut Berechnungen der Finanznachrichtenagentur Bloomberg hat Cohen mit seinem kurzfristigen Engagement in der Aktie einen Gewinn von 68 Mio. Dollar eingefahren.
Privatanleger:innen und professionelle Investor:innen werfen dem Investor nun Kursmanipulation vor und fordern Konsequenzen. So könnte Cohen als er bekannt gab, Call-Optionen zum Kauf von weiteren Bed Bath & Beyond-Aktien erworben zu haben, das Interesse vieler Anleger:innen an der Aktie absichtlich angestachelt haben. In sozialen Medien interpretierten Privatanleger:innen den Kauf als Zeichen, dass Cohen auf steigende Kurs setzt und schlossen sich mit Käufen an.
Gamestop-Rally stand am Beginn des Meme-Stock-Hypes
Dabei galt Cohen lange Zeit als Held der Meme-Stock-Szene. Im Vorjahr war der Investor mit seiner Firma bei dem Videospiel-Händler Gamestop eingestiegen und dort auch in den Verwaltungsrat eingezogen. Parallel dazu entwickelte sich eine Anleger-Fangemeinde in sozialen Medien wie Reddit, die darin ein positives Zeichen sah und der Aktie großes Kurspotenzial zutraute. In konzertierten Aktionen trieben die Anleger:innen die Gamestop-Aktie nach oben und brockten damit Hedgefonds massive Verluste ein.
Mit ihren Käufen zwangen die Kleinanleger:innen die Hedgefonds, ihre Wetten auf einen Kursverfall der Aktien aufzulösen. Das trieb die Aktien dann weiter in die Höhe und kostete die Fonds etliche Milliarden. Die Gamestop-Aktie konnte ihren Kurswert in Folge mehrmals vervielfachen und brach mehrmals ein. Mit Fundamentaldaten hatte das alles freilich wenig zu tun, das Videospieleunternehmen litt unter Umsatzrückgängen und Verlusten.
Scott Galloway, Professor an der wirtschaftswissenschaftlichen Fakultät der New York University, wählte damals einen drastischen Vergleich: Die damals bei Meme-Stock-Tradern angesagten Online-Broker wie Robinhood seien die neuesten Crack-Dealer, denen es darum gehe, bei den Kund:innen ständig die Ausschüttung des Glückshormons Dopamin auszulösen. Sie setzten alles daran, um mit Game-Elementen ständig neue Deals anzuschieben: „Konfetti fällt, um Transaktionen zu feiern. Die Broker-App sieht aus wie ein buntes Interface von Candy Crush“, so Galloway. Die neue Welt des Homeoffice während der Pandemie dürfte den Trend zum Zocken daheim noch zusätzlich unterstützt haben.
Manipulationsvorwürfe gegen Plattformen und Ryan Cohen
Auch andere Aktien wie etwa die Titel des Kinokettenbetreibers AMC Entertainment wurden 2021 zum Spielball von in sozialen Medien und auf Tradingplattformen für Privatanleger:innen organisierten Spekulant:innen. Angesichts der hohen Umsätze und Kurskapriolen führten Robinhood und andere bei Tradern beliebte Handelsplattformen temporäre Handelsbeschränkungen in einigen Meme-Stocks ein und zogen damit den Unmut der Community auf sich. Auch zahlreiche andere Online-Broker wie E-Trade oder TD Ameritrade, aber auch die Plattformen der großen Vermögensverwalter Charles Schwab und Fidelity konnten den großen Andrang der Spekulant:innen nicht mehr bewältigen und zogen die Reißleine, der Kurs der betroffenen Aktien stürzte darauf teilweise ab.
Einem Gerichtsentscheid von August zufolge muss sich Robinhood nun Marktmanipulationsvorwürfen stellen. Anleger:innen, die wegen der Beschränkungen Verluste erlitten haben, bekamen nun grünes Licht für eine Sammelklage. Ob die US-Wertpapieraufsicht SEC sich den Manipulationsvorwürfen gegen Ryan Cohen anschließt, bleibt abzuwarten. Viele Expert:innen erwarten aber, dass die Börsenaufseher:innen generell strengere Regeln aufstellen werden, um den Handel über soziale Medien zu regulieren und Privatanleger:innen zu schützen.
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