Der Historiker und Schriftsteller Philipp Blom hielt bei der diesjährigen Nachhaltigkeitskonferenz der Erste Asset Management am 28. April einen viel beachteten Vortrag. Und sparte nicht mit Kritik am Status Quo in Sachen Klimawandel und Klimapolitik. Wir bringen hier die wichtigsten Aussagen.
Weshalb die Welt aus den Angeln geraten ist…
Weil es nicht anders ist als Mitte des 17. Jahrhunderts. Wenn sich die Natur um uns herum ändert, dann ändert sie auch unser Leben. In Amsterdam wurde damals das Getreide knapp aufgrund strenger Winter, die als Kleine Eiszeit in die Geschichte einging. Was haben die Holländer:innen gemacht? Sie haben sich verändert, nach einer neuen Form der Bewirtschaftung ihrer Ressourcen gesucht.
Als Amsterdam zur Weltmacht des 17. Jahrhunderts aufstieg…
Die Holländer:innen kommerzialisierten Ackerbau und Fischfang und bauten eine Handelsflotte auf, die bald mächtiger war als die der zu dieser Zeit alles beherrschenden Spanier:innen. Das Fehlen einer feudalen Tradition, ein hoher Urbanisierungsgrad mit offener bürgerlicher Schicht und ein kräftiges Bevölkerungswachstum waren günstige soziale Faktoren. Amsterdam stieg zur Weltmacht des 17. Jahrhunderts auf.
Die Parallelen zu heute…
Wenn ich mir die Klimastrategien und die krampfhaften Versuche ansehe, dem Wandel zu begegnen, halte ich fest, und das ist meine Neuigkeit: Sie machen es falsch. Wir sind doch alle gleich, wenn es darum geht, lieb gewordene Traditionen über Bord zu werfen. Wir müssen an den Grundfesten rütteln, so wie die bürgerliche Mitte im 18. Jahrhundert, als es um die Erringung der individuellen Freiheiten und Aufklärung ging.
Klimakrise und nötiger radikaler Wandel…
Der Klimawandel kann einen Effekt auf die Gesellschaft haben, die Vorboten sehen wir bereits jetzt: Wie viele Menschen leiden unter Dürre und Hunger? Wie viele haben keinen Zugang zu sauberem Trinkwasser? Und selbst in unseren Breiten zeigen die Naturkatastrophen des Vorjahres, dass die Klimakrise keine Fiktion ist. Wenn sich die Natur um uns herum ändere, dann ändert sich auch unser Leben. Es ist kein sinnvolles Verhalten, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Im historischen Konnex sind 2 Grad Klimaerwärmung „verdammt viel“. 2 Grad weltweit bedeuten, dass es in Wien im Schnitt um 8 Grad wärmer wird. Die Finanzindustrie unterschätzt, wie existenziell diese Herausforderung ist.
Weshalb das bisherige System zum Scheitern verurteilt ist…
Sie müssen umdenken! Das ist schwierig, aber nötig! 3% Wachstum pro Jahr bedeutet, dass sich die Wirtschaftsleistung alle 24 Jahre verdoppelt. Aber um welchen Preis? Es ist kein sinnvolles Verhalten, die eigenen Lebensgrundlagen zu zerstören. Das System, das wir derzeit nützen, gibt uns keine sinnvollen Antworten. Menschen können nur lernen und werden offen, wenn sie Erfahrungen sammeln, die ihrem Wissen widersprechen.
Auch heute geht es darum, zu diversifizieren und ökonomisch ein Pionierland für eine grüne Wende zu werden.
Weshalb ein neues Energiegesetz nötig ist…
Ja, das ist die Tragik im Moment: Regime, die zufällig Kontrolle über fossile Brennstoffe haben, profitieren von der aktuellen Situation. Wollen wir das so fortschreiben? Wollen wir zusehen, statt zu handeln? Was im Moment passiert, ist das Gegenteil von vernünftigem Handeln. Wir brauchen ein neues Energiegesetz. Aber wir brauchen dafür tausende Elektroingenieur:innen, die wir nicht haben. Und dann fehlt die Infrastruktur, um den Strom von A nach B zu transportieren. Im Moment sind wir dort, wo die grüne Wende reine Rhetorik ist. Wir haben aber keine andere Wahl. Deswegen bin ich optimistisch, dass die momentane Situation wie eine Initialzündung sein kann.
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Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.