China war als erstes Land von COVID-19 betroffen. Das Reich der Mitte hat die Gesundheitskrise nicht schneller als andere Länder gemeistert, aber früher. Die zweitgrößte Volkswirtschaft der Welt bereitet nun ihr Comeback vor.
Wie sehr ist Chinas Wirtschaft von COVID-19 betroffen?
2019 ist Chinas Bruttoinlandsprodukt noch um 6,1% gewachsen. Für heuer war ein Wachstum von ca. 6% vorgesehen, mit dem auch das Ziel erreicht worden wäre, das BIP auf Basis des Jahres 2010 zu verdoppeln und so eine „gemäßigt wohlhabende Gesellschaft“ zu schaffen.
COVID-19 hat diese Pläne zunichte gemacht. Nach einem Einbruch von 6,8% im ersten Quartal 2020 wird für das Gesamtjahr ein Wachstum von lediglich 1% bis 3% prognostiziert. Umsätze im Einzelhandel, einem wichtigen Wachstumstreiber, sind im Jänner und Februar um 20,5% eingebrochen. Hoffnungen auf „revenge shopping“ haben sich bislang nicht erfüllt, der Konsument übt sich (noch) in Zurückhaltung.
Während mit der nahezu vollständigen Wiederaufnahme der Produktion angebotsseitig für weitgehende Normalität gesorgt ist, bleibt nun Covid-bedingt die Nachfrage auf wichtigen Exportmärkten aus. Im März sind die Exporte um 6,6% geschrumpft, eine Erholung ist auch im April nicht in Sicht.
Welche Maßnahmen setzt China zur Stimulierung seiner Wirtschaft?
Der Werkzeugkasten für die Stimulierung der Wirtschaft setzt sich aus einem auch in anderen Volkswirtschaften nicht unüblichen Mix von geld- und fiskalpolitischen Maßnahmen zusammen. Dazu zählen die Senkung von Zins- und Mindestreservesätzen, Erleichterungen bei der Vergabe von Krediten, die Stundung von Abgaben und die Begebung von Anleihen zur Finanzierung von Infrastrukturinvestitionen.
Mit der Verteilung von Vouchers an die Bevölkerung in bestimmten Städten soll auch der Konsum angekurbelt werden. Insgesamt nimmt sich allerdings das Konjunkturpaket noch etwas bescheiden aus, vor allem im Vergleich zu dem anderer großer Volkswirtschaften und zu dem, das nach der Finanzkrise 2008 und 2009 nicht nur China zurück auf den Wachstumspfad gebracht hat.
Am 22. Mai soll nun die verschobene Sitzung des Volkskongresses stattfinden. Dann werden dringend notwendige Weichenstellungen für die nächsten Monate verkündet, mit hoher Wahrscheinlichkeit auch zusätzliche konjunkturbelebende Maßnahmen.
Nicht zuletzt die hohe Gesamtverschuldungsquote Chinas und der abnehmende Grenznutzen von Infrastrukturinvestitionen lassen mehr Zurückhaltung erwarten als vor zwölf Jahren.
Keine Krise ohne Chancen!
Folgt man der Anzahl von Deals chinesischen Investmentfonds in den letzten Wochen, zählen Biotech, Pharma und Medizintechnik sowie Smart Manufacturing und New Retail zu den Gewinnern der Krise. Beim Konsumenten macht sich – wenig verwunderlich – ein gesteigertes Gesundheitsbewusstsein bemerkbar, das den Sport- und Freizeitsektor beleben wird.
Unternehmen werden sich vermutlich noch stärker auf den Heimmarkt fokussieren und in die Digitalisierung investieren. Der Staat beschleunigt diese Trends durch den Ausbau des 5G-Netzes und des Gesundheitssystems.
Anmerkung im Namen der Redaktion:
Vielen Dank Dr. Martin Glatz, dem österreichischen Wirtschaftsdelegierten im Österreichischen AußenwirtschaftsCenter in Peking, für diesen Gastbeitrag.