Die Coronavirus-Pandemie fordert aktuell die ganze Welt, aber auch die Klimakrise hat nichts an Dringlichkeit verloren. Denn die Welt steht an der Schwelle eines historischen Umbruchs. Die wissenschaftlichen Ergebnisse dafür sind eindeutig: Der Druck, den wir auf unsere Erde ausüben, ist größer denn je! Mit einem Klima, das aus dem Gleichgewicht geraten ist, mit überlasteten Flüssen und Ozeanen, mit degradiertem Land und leeren Wäldern gibt es keine Zukunft für uns. Wir alle erfahren täglich aus der Corona-Krise, wie wichtig vorbeugendes, entschlossenes Handeln ist. Wer rechtzeitig in den Schutz von Lebensgrundlagen investiert, schützt unsere Gesundheit und macht die Wirtschaft widerstandsfähiger gegenüber künftigen Bedrohungen, zu denen in vorderster Front die Klimakrise zählt.
Es ist daher höchste Zeit, uns dieser Dringlichkeit bewusst zu werden. Die Weltgemeinschaft muss handeln, einzelne Maßnahmen reichen nicht mehr aus. Es braucht einen konsequenten Richtungswechsel, um die drastischen Auswirkungen der Klimakrise und des Artensterbens abzuwenden. Mit den globalen Zielen der Vereinten Nationen für eine nachhaltige Entwicklung und dem Klimavertrag von Paris hat sich die internationale Gemeinschaft bereits ehrgeizige Vorgaben gesetzt. Alleine für die Umsetzung der Klima- und Energieziele der Europäischen Union müssen dabei jährlich 180 Milliarden Euro an Kapital mobilisiert werden.
Um diese notwendigen Investitionen zu stemmen, kommt der Wirtschaft und im Speziellen der Finanzbranche, als Treiber für nachhaltige Entwicklung eine essentielle Rolle zu. Der WWF Österreich ruft daher alle Finanzmarktakteure auf, ihre Verantwortung wahrzunehmen und eine dauerhaft faire Balance zwischen umweltbezogenen sowie gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Interessen herzustellen. Mit nachhaltigen Unternehmensstrategien, einem generationenübergreifenden Zeithorizont, ökologischen und sozialen Standards im Kerngeschäft sowie grünen Produkten und Dienstleistungen schaffen Finanzinstitute nicht nur einen finanziellen Wertzuwachs, sondern auch einen Mehrwert für Mensch und Natur.
Ein wichtiger erster Schritt ist die Schaffung von Transparenz und Vergleichbarkeit. Auch im Bereich der nachhaltigen Geldanlagen sind aktuell fehlende Standards, lückenhafte Impact-Kommunikation und mangelnde Transparenz hinderlich. KundInnen können dadurch die Nachhaltigkeitswirkungen der Produkte nicht vergleichen. Eine effektive Steuerung in nachhaltige Bereiche wird maßgeblich erschwert.
Im Weiteren muss der Ausbau von nachhaltigen Produkten gefördert werden. Das Nischendasein nachhaltiger Produkte muss beendet werden. Dies gelingt zum Beispiel, wenn bereits in der Produktentwicklung ExpertInnen mit eingebunden werden, um ESG-Faktoren grundsätzlich zu berücksichtigen und nachhaltige Produktinnovationen zu ermöglichen.
Auch die Aufklärung und Information von KundInnen spielt eine wichtige Rolle. So sollten Kunden-BeraterInnen in den Bereichen Sparen und Anlegen über die Nachhaltigkeitswirkungen (oder ESGImpacts) sowie die damit zusammenhängenden Risiken und Chancen ihrer Produkte aufklären. Die daraus gewonnenen Informationen können sogar systematisch ermittelt werden und daraus entsprechende nachhaltigkeitsorientierte Produkte entwickelt werden.
Gemeinsam mit der erhöhten Nachfrage von privaten und institutionellen Anlegern sind neue regulatorische Maßnahmen ein maßgeblicher Schlüsselfaktor für die steigende Dynamik am Markt. Mit den aktuellen politischen Maßnahmen und Initiativen im Bereich der Offenlegung (Disclosureverordnung), Vergleichbarkeit (EU Taxonomie) und international anerkannten Standards (Green-Bonds-Standards), aber auch im Bereich der Kundenberatung (MiFID II Amendment) wird ein wesentlicher Grundstein für eine effektive Transformation gelegt. Die finale Ausgestaltung der Vorgaben und deren Umsetzung in der Praxis ist zum jetzigen Zeitpunkt jedoch noch unklar. Umso mehr sind hier Finanzmarktakteure gefragt mit innovativen, praxisorientierten Lösungen voranzugehen und die Richtung für eine nachhaltige Transformation vorzugeben.
Von einer systematisch nachhaltigen Ausrichtung im Kerngeschäft profitiert nicht nur die Gesellschaft und die Natur, sondern auch das Finanzinstitut selbst. Durch ein breiteres Verständnis der möglichen Risiken werden diese besser steuerbar. Der Einfluss von neuen Geschäftsmodellen und innovativen Technologien auf die Wertentwicklung von Kapitalanlagen und Portfolios wird kalkulierbar. Gleichzeitig können Kapitalströme in nachhaltige Bereiche umgelenkt und zukunftsfähige Lösungen einer nachhaltigen Wirtschaft und Gesellschaft genutzt werden.
Eine klare Win-Win-Situation. Beginnen wir jetzt, diese für eine lebenswerte Zukunft zu nutzen.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.