Die Wahl ist geschlagen. Der nächste Präsident von Frankreich heißt Emmanuel Macron. Damit wird das Lager der liberalen EU-Befürworter gestärkt. Welche Bedeutung hat dieses Ergebnis für die Kapitalmärkte?
Zyklischer Aufschwung
Die Wahlen in Frankreich haben vor dem Hintergrund eines zyklischen Aufschwungs in der Eurozone stattgefunden. Für heuer wird ein reales Wachstum von 2,1% nach 1,7% im vergangenen Jahr erwartet. Auch in Frankreich deuten zahlreiche Wirtschaftsindikatoren auf eine Beschleunigung des realen Wirtschaftswachstums hin. Für heuer wird ein Wachstum von 1,4% nach 1,1% im vergangenen Jahr erwartet. Frankreich befindet sich damit klar in der Erholungsphase: Es wird zwar immer noch weniger produziert als produziert werden könnte, aber die sogenannte negative Produktionslücke wird geringer (vergangenes Jahr: knapp -2% vom Potenzial). Auch die unmittelbare Deflationsgefahr ist überwunden. Für die Konsumentenpreisinflation wird ein Anstieg von 0,3% auf 1,4% erwartet.
Strukturprobleme bleiben
Die strukturellen Probleme sind jedoch unverändert vorhanden: Das durchschnittliche Wachstum über den Wirtschaftszyklus betrachtet und die Wettbewerbsfähigkeit sind niedrig. Zudem sind die die Staatsausgaben (56% vom BIP), die Staatsverschuldung (knapp 100% vom BIP), die Arbeitslosenrate (10%) und die Regulierungsdichte hoch. Mit dem Wahlsieg von Macron hat zumindest das Potenzial für Strukturreformen und wirtschaftsfreundliche Maßnahmen in Frankreich zugenommen.
Hürde Parlamentswahlen
Die nächste Hürde sind die anstehenden Parlamentswahlen in Frankreich am 11. und 18 Juni. Es ist fraglich, ob die neue Bewegung von Macron eine Mehrheit erringen kann. Wenn nicht, geht es darum, ein tragfähiges reformfreundliches Arbeitsprogramm zwischen den Parteien zu erarbeiten.
EU gestärkt
Herr Macron ist ein klarer EU-Befürworter. Die Wahrscheinlichkeit für eine Fortsetzung des langen, zähen Integrationsprozesses um die Europäische Union und die Eurozone auf selbst tragende und nachhaltige Beine zu stellen hat zugenommen. Das reicht vom Ausbau von gemeinsamen Institutionen für eine gemeinsame Wirtschafts- und Finanzpolitik bis zur Adressierung des Legitimationsdefizits der Europäischen Union.
Anti-Globalisierungs-Welle nur kurzfristig gestoppt
Nach der Brexit-Entscheidung und der Wahl von Donald Trump zum US-Präsidenten ist die große Anti-Globalisierungs-Welle gestoppt. Allerdings nur vorerst. Der nächste zyklische Abschwung kommt bestimmt, die Parlamentswahlen in Frankreich könnten zu einem Stillstand in der Politik führen, der die Strukturprobleme in Frankreich vergrößern würde und der Hoffnungsschimmer für eine langfristig funktionierende EU kann leicht getrübt werden. Das alles würde letztendlich den nationalistischen Kräften weiteren Auftrieb verleihen.
Schlussfolgerung:
Das Zusammenspiel von guten Wirtschaftsindikatoren, gefallenen Befürchtungen für ein Auseinanderfallen der Europäischen Union und Hoffnungen auf Reformen in Frankreich und in der EU ist positiv für risikobehaftete Wertpapierklassen wie Aktien.