Nach einem überraschenden Austausch von Notenbankchef und Finanzminister hat der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan mit einem neuen Wirtschaftsprogramm der Inflation und dem Währungsverfall seines Landes den Kampf angesagt. „Wir befinden uns in einem historischen Kampf gegen diejenigen, die die Türkei durch die Fesseln der Zinssätze, der Devisenkurse und der Inflation zu einer neuzeitlichen Kapitulation zwingen wollen“, sagte Erdogan in seiner Rede. Erdogan setzt dabei auf Investitionen aus dem Ausland und geldpolitische Stabilität und kehrt damit radikal von seiner bisherigen wirtschaftspolitischen Linie ab.
Währungskrise seit Jahren
Die Türkei befindet sich inmitten einer massiven Währungskrise. Die türkische Lira hat heuer gegen den Dollar zeitweise schon rund 30 Prozent abgewertet. Keine Währung eines Schwellenlandes ist im Coronajahr 2020 stärker unter die Räder gekommen. Die dramatische Inflation mit Preissteigerungsraten von über zehn Prozent belastet die Währung zusätzlich. Auch die stark geschmolzenen Währungsreserven des Landes haben die Lira-Talfahrt beschleunigt. Zudem lasten Spannungen im Verhältnis zur EU und den USA sowie die Sorge über mögliche Sanktionen auf der Währung des Schwellenlandes.
Höhere Zinsen hätten die Inflation bremsen und die Währung attraktiver machen können, doch Erdogan und sein bisheriger Notenbankchef hatten sich entgegen den Forderungen von Ökonomen bisher vehement gegen Leitzinserhöhungen ausgesprochen. Der türkische Ministerpräsident bezeichnete sich in der Vergangenheit wiederholt als „Zinsfeind“.
Mit seiner Niedrigzinspolitik wollte Erdogan nicht nur die Konjunktur im Land ankurbeln. Er sah niedrige Zinsen bisher auch als Mittel gegen die Inflation und stand damit in krassem Widerspruch zu allgemein anerkannten Grundprinzipien der Ökonomie und der geldpolitischen Praxis anderer Länder. Auch auf die Geschäftsbanken soll Erdogan Beobachtern zufolge Druck ausgeübt haben, weiter billige Kredite zu vergeben – etwa um die Bauwirtschaft anzuschieben.
Notenbankchef und Finanzminister überraschend ausgetauscht
Doch damit könnte nun Schluss sein. Nachdem die Lira Anfang des Monats erneut auf ein Rekordtief gegen den Dollar gefallen war, hat Erdogan vor gut einer Woche überraschend Notenbank-Chef Murat Uysal entlassen. Dieser war 2019 an der Spitze der Notenbank installiert worden, nachdem sein Vorgänger mit Leitzinserhöhungen auf bis zu 24 Prozent in Ungnade gefallen war. Uysal hatte in Folge die Zinsen wieder gesenkt und erfolglos versucht, statt mit Zinserhöhungen mit massiven Dollar-Verkäufen aus den Währungsreserven die türkische Währung zu stützen. Einige Experten schätzen, dass die Türkei allein heuer über hundert Milliarden Dollar eingesetzt hat um den Lira-Verfall zu bremsen.
Zu Uysals Nachfolger bestimmte Erdogan per Erlass Ex-Finanzminister Naci Agbal. In einem ersten Statement hat Agbal unmittelbar nach der Amtsübernahme angekündigt, dass die Notenbank jetzt mit allen zur Verfügung stehenden Mitteln die Inflation bekämpfen und für Preisstabilität sorgen wird. Zudem versprach er transparente Kommunikation.
Kurz darauf hat auch Erdogans Schwiegersohn Berat Albayrak in einer überraschenden Mitteilung über die Social-Media-Plattform Instagram mit Verweis auf gesundheitliche Gründe seinen Rücktritt als Finanzminister erklärt. Der Posten wurde mit dem ehemaligen stellvertretenden Ministerpräsidenten Lütfi Elvan neu besetzt. Elvan hatte vor seiner Politkarriere Bergbau und Wirtschaftswissenschaften in Istanbul, Leeds und Delaware studiert und in mehreren internationalen Organisationen wie der OECD gearbeitet.
Finanzmärkte hoffen auf geldpolitische Wende
An den Finanzmärten wurden die Neubesetzungen in einer ersten Reaktion positiv aufgenommen und als mögliches Vorzeichen einer geldpolitischen Wende gewertet, die türkische Lira konnte zeitweise deutlich zulegen. Auch Erdogan selbst hat kurz nach den Personalrochaden eine neue Wachstumsstrategie ausgerufen. Sein Land soll alle Hindernisse aus dem Weg räumen, um Wirtschaftswachstum, Exporte und Beschäftigung zu steigern.
Der Präsident will jetzt auf Geldstabilität setzen und auch die Währungsreserven wieder stärken. Er kündigte zudem an, sich mit internationalen Investoren zu treffen, um ihnen die Chancen eines Engagements in der türkischen Wirtschaft näherzubringen. Auch damit rückt Erdogan von seiner früheren Rhetorik ab, in der er Auslandsinvestoren teilweise als Bedrohung von außen dargestellt hatte.
Mit Spannung erwartet wird an den Märkten jetzt, ob die am Donnerstag anstehende erste Zinsentscheidung unter der Führung des neuen Notenbankchefs die Hoffnung auf eine geldpolitische Wende erfüllt. Einige Analysten erwarten eine Erhöhung der Leitzinsen und zwar gleich um mehrere Prozentpunkte. Für Zuversicht sorgt, dass der Notenbank schon kurz nach Amtsantritt Beschränkungen des Lira-Handels für Auslandsinvestoren gelockert hatte. Zudem wird Erdogans Ankündigung, dass die Wirtschaft des Landes auf dem neuen Wachstumskurs einige „bittere Pillen“ schlucken muss, von Beobachtern als Hinweis auf eine geldpolitische Wende interpretiert.
ERSTE STOCK ISTANBUL: Chance auf Rebound
Türkische Aktien haben in den letzten 5 Jahren rund die Hälfte ihres Wertes eingebüßt. Mit der Ernennung neuer Persönlichkeiten für das Amt des Finanzministers und des Notenbankpräsidenten keimt Hoffnung auf, dass die Talfahrt der Wirtschaft und der Währung gestoppt werden können. Davon könnten türkische Aktien profitieren.
Der ERSTE STOCK ISTANBUL blickt auf eine fast 20-jährige Historie zurück, in deren Verlauf eine positive Wertsteigerung erzielt wurde – trotz aller politischer und wirtschaftlicher Turbulenzen. Wer an einen Rebound der an der Börse Istanbul gelisteten Aktien glaubt, investiert mit diesem Fonds in qualitativ hochwertige und wachstumsstarke Unternehmen. Zusätzlich besteht die Chance, von einer weiteren Aufwertung der Türkischen Lira zu profitieren. Die grundsätzlich hohen Kursschwankungen bei türkischen Aktien müssen freilich im Auge behalten werden.
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