Wie jedes Jahr haben sich in der abgelaufenen Woche im Schweizerischen Davos wieder Staatschefs, hochrangige Wirtschaftsexperten und Unternehmenslenker getroffen um sich beim Jahrestreffen des Weltwirtschaftsforums (World Economic Forum) auszutauschen. Angesichts von Handelskrieg, Brexit und eines drohenden Wirtschaftsabschwungs wurde das WEF-Treffen heuer von zahlreichen Aufrufen zu verstärkter internationaler Kooperation dominiert.
Schon zu Beginn des Treffens hat der internationale Währungsfonds (IWF) in seinem viel beachteten „World Economic Outlook“ vor einer Eintrübung der Weltwirtschaft gewarnt. Vor dem Hintergrund des Handelsstreits und anderer Unsicherheiten haben sich die Aussichten für die Weltwirtschaft laut der aktuellen IWF-Prognose eingetrübt. Das globale Bruttoinlandsprodukt dürfte heuer nur noch um 3,5 Prozent und 2020 um 3,6 Prozent zulegen, prognostizierte der IWF. Im Oktober lagen die Prognosen noch bei jeweils 3,7 Prozent.
„Eine globale Rezession steht sicher noch nicht vor der Tür“, sagte IWF-Chefin Christine Lagarde bei der Vorstellung des Berichts in Davos. „Aber das Risiko eines stärkeren Rückgangs des weltweiten Wachstums ist sicherlich gestiegen.“
„Die Verlangsamung scheint früher zu kommen als erwartet“, sagte auch IWF-Vizechef David Lipton zu Reuters TV. Noch laufe die Konjunktur gut. Es gebe aber zahlreiche Risiken, von den Handelsstreitigkeiten bis hin zu schlechteren Finanzierungsbedingungen.
Merkel wirbt bei Weltwirtschaftsforum für multilaterale Zusammenarbeit
Mehrere Staatschefs haben in Davos vor diesem Hintergrund eine verstärkte internationale Zusammenarbeit und eine Abkehr vom Protektionismus gefordert. Sie suche nach Verbündeten für den Multilateralismus, sagte etwa Deutschlands Bundeskanzlerin Angela Merkel und sprach sich für weitere Freihandelsverträge aus: „Alles andere würde ins Elend führen.“ Gleichzeitig wünsche sich Merkel eine Reform der großen internationalen Organisationen um den massiv gestiegenen Einfluss von Volkswirtschaften wie China oder Indien widerzuspiegeln.
Auch Japan, das derzeit die Gruppe der 20 größten Industrie- und Schwellenländer (G-20) anführt, sprach sich für eine Stärkung der multilateralen Ordnung aus. „Japan ist entschlossen, die freie, offene und regelbasierte internationale Ordnung zu bewahren und weiterzuentwickeln“, kündigte Ministerpräsident Shinzo Abe auf dem Weltwirtschaftsforum an.
Ohne die USA zu nennen, forderte Abe dazu auf, das Vertrauen in die internationale Handelsordnung wiederherzustellen. Der Welthandelsorganisation (WTO) kommt dabei als Hüterin des Freihandels eine wichtige Rolle zu. Doch US-Präsident Donald Trump sieht sein Land von der WTO schlecht behandelt und hatte sogar mit einem Austritt gedroht.
Für Chinas Vizepräsident Wang Qishan gerät sogar die internationale Ordnung ernsthaft in Gefahr. Er kritisierte in Davos, dass viele Länder immer mehr nach innen schauten und Hürden für internationalen Handel und Investitionen, Unilateralismus, Protektionismus und Populismus zunähmen. Wang beschrieb die wirtschaftliche Globalisierung als „unausweichlichen Trend“. Es gebe enormes Potenzial, wenn die Wettbewerbsvorteile einzelner Länder ausgenutzt und die wirtschaftliche Verbundenheit verbessert würden. Als Antwort auf die Herausforderungen in der Welt müssten die Länder gemeinsam und aktiv dieser Linie folgen, forderte Wang.
Den andauernden Handelskrieg mit den USA erwähnte der Wirtschaftspolitiker in seiner Rede mit keinem Wort. Wang hätte in Davos auch mit US-Präsident Donald Trump, der kurzfristig absagte, zusammentreffen sollen, um über den Handelskonflikt zu sprechen. Generell war das Weltwirtschaftsforum heuer auch von prominenten Absagen geprägt. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron und die britische Premierministerin Theresa May waren heuer wegen innenpolitischer Probleme nicht nach Davos gekommen. Österreich war heuer mit Bundeskanzler Sebastian Kurz und Außenministerin Karin Kneissl vertreten.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.