Interview mit Peter Szopo, Chefaktienstratege Erste Asset Management zur aktuellen Lage an den Kapitalmärkten und der Positionierung im Flaggschiff-Aktienprodukt ERSTE STOCK GLOBAL und ERSTE FUTURE INVEST.
Peter Szopo ist seit März 2015 Chief Equity Strategist der Erste Asset Management. Zuvor war er bereits als Berater für das Aktienfondsmanagement der Erste Asset Management für Zentral- und Osteuropäische Aktienmärkte tätig. Von November 2009 bis April 2013 war er Leiter der Researchabteilung der Alfa-Bank in Moskau.
Die Aktienbörsen haben sich von den Tiefstständen am 23.3. wieder deutlich erholt. Sollte man sich mit Zukäufen bei Aktien noch zurückhalten, oder auf eine Korrektur warten und dann erst einsteigen?
Kurzfristige Marktzyklen sind systematisch, d.h. mit einer gewissen Zuverlässigkeit, nicht prognostizierbar. Der Index der US-amerikanischen Technologiebörse Nasdaq hat etwa trotz Krise das Jahresanfangsniveau bereits wieder erreicht, was nicht unbedingt zu erwarten gewesen wäre.
Aktuell gibt es beträchtliche Unsicherheiten über den weiteren Verlauf der Virusepidemie und wie Unternehmen und Konsumenten auf die Lockerung der Restriktionen reagieren werden. Die nach wie vor klügste Strategie ist es, regelmäßig und diszipliniert über Fondssparpläne in den Aktienmarkt zu investieren und damit die Einstiegskurse über verschiedene Marktphasen zu verteilen und von langfristig steigenden Kursen zu profitieren.
Wann werden sich die Märkte wieder soweit stabilisiert haben, dass ein Einstiegszeitpunkt in Aktien für vorsichtige und konservative Investoren gekommen ist?
Die Schwankungsfreudigkeit an den Börsen ist nach wie vor sehr hoch und wird noch in den nächsten Monaten über den langfristig gewohnten Niveaus bleiben. Der optimale Einstiegszeitpunkt lässt sich ohne die sprichwörtliche Kristallkugel nicht bestimmen, aber regelmäßige Investments in den Aktienmarkt stellen sicher, dass man von steigenden Kursen profitiert.
Mittelfristig, wenn sich die Wirtschaft vom aktuellen Schock erholt und vor allem die Unternehmensgewinne wieder nach oben drehen, bleiben die Aussichten für Aktien positiv. Bei den aktuell niedrigen Zinsniveaus ist davon auszugehen, dass Aktien über einen Drei- bis Fünfjahreszeitraum die attraktivste Anlageklasse bleibt.
Nicht nur Investoren warten auf einen Impfstoff gegen das Corona Virus. Wie stark sind Pharmaaktien im Portfolio gewichtet?
US-Aktien im Allgemeinen und Pharmaunternehmen in den USA und anderen Märkten haben einen signifikanten Anteil an den Positionen, die wir in unseren globalen Portfolios halten.
Im Erste Stock Global, unserem wichtigsten globalen Aktienprodukt, etwa halten wir aktuell fast ein Fünftel des Fondsvermögens in Pharma- und andere Medizinunternehmen. Unsere Positionen inkludieren Branchenriesen wie Abbott Laboratories und Thermo Fisher Scientific.
Ich möchte aber kein einzelnen Titel hervorheben, wichtig ist die Diversifikation nach Therapiefeldern, die Streuung zwischen reifen Pharmazieunternehmen mit einem breiten Arzneiportfolio und fokussierten Researchunternehmen wie Novo Nordisk, die in spezifischen, zukunftsträchtigen Pharma-Segmenten Forschung betreiben. Und auch Unternehmen, aus dem Bereich der Medizintechnik dürfen nicht fehlen und sind im Portfolio vertreten.
Wie wichtig ist die US-Börse in einem globalen Aktienportfolio?
Die US-Börse ist natürlich ein wichtiger Markt für einen globalen Aktienfonds. Aktuell hält der Stock Global, der seit Jahren von Andreas Rieger, dem EAM-Spezialisten für globale Aktienfonds, erfolgreich gemanagt wird, über 60% des Vermögens in den USA. Der Fokus liegt auf Qualitätsaktien mit überdurchschnittlichen Wachstumsaussichten. Technologieunternehmen wie Alphabet oder Microsoft, Online-Retailer wie Amazon oder Alibaba Group aber auch bekannte und spannende Konsumgüteraktien wie Nike sind vertreten.
Wichtig ist in jedem Aktienportfolio die Diversifikation zwischen Brachen und Regionen sowie zwischen Großunternehmen und mittelgroßen, oft nicht so bekannten Unternehmen, die erfolgreiche spezifische Marktnischen besetzen. Oft sind das gerade Unternehmen, die auch aus ESG-Sicht attraktiv sind, also bei Umwelt-, sozialen und Governancekriterien ausgezeichnet abschneiden.
Vielfach wird empfohlen bei Aktien auf dividendenstarke Papiere zu setzen. Aufgrund der aktuellen Krise schütten aber viele Unternehmen plötzlich keine Dividenden mehr aus?
Die Fähigkeit und Bereitschaft von Unternehmen, die Aktionäre durch Ausschüttung an den Gewinnen teilhaben zu lassen, wird auch künftig ein wichtiges Kriterium bleiben. Man darf die aktuellen, politisch motivierten Turbulenzen nicht überbewerten.
Wichtig ist es, Unternehmen im Portfolio zu haben, deren Geschäftsmodell nicht auf dauerhaften Staatsinterventionen und –zuwendungen beruht. Dividenden, die operativ verdient werden, wird es auch künftig geben, und sie werden in der Titelselektion für unsere Fonds eine Rolle spielen.
Aktienfonds der Erste Asset Management haben sich mehr oder weniger parallel zu den großen Aktienindizes aufgrund der Corona Krise nach unten bewegt. Warum ist das so?
Gerade in volatilen Krisenphasen steigt die Korrelation zwischen Aktien stark an, d.h. dass die massiven Kursausschläge mehr oder weniger alle Aktien erfassen. Sich den Marktturbulenzen völlig zu entziehen ist unmöglich. Allerdings hat sich gerade in dieser Krise der Fokus auf Qualitätsaktien mit einer soliden Bilanzstruktur und guter Profitabilität bisher positiv niedergeschlagen.
Der Erste Stock Techno etwa ist trotz aller Turbulenzen im Markt seit Jahresbeginn im Plus, und hat dabei besser abgeschnitten als das Aktiensegment, in dem er investiert. Und der Erste Stock Global oder auch der Erste Future Invest haben seit Jahresbeginn deutlich weniger verloren als es die Gesamtmarktentwicklung erwarten ließe.
Das ist in einer turbulenten Phase wie zuletzt durchaus beachtlich und bestätigt, dass mit der richtigen Titelselektion und Portfoliokonstruktion die Risiken aktiv gesteuert werden können.
Unser Dossier zum Thema Coronavirus mit Analysen: https://blog.de.erste-am.com/dossier/coronavirus/
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.