In den 1990er Jahren meinte der demokratische Politikberater James Carville: „Früher dachte ich, wenn es eine Reinkarnation gäbe, wollte ich als Präsident oder als Papst oder als .400 Baseball-Hitter zurückkommen. Aber jetzt würde ich gerne als der Anleihenmarkt zurückkommen. Man kann jeden einschüchtern.“ Dies hat der Anleihenmarkt auch in den letzten Wochen abermals unter Beweis gestellt.
Die Wirtschaftsindikatoren für das vierte Quartal 2020 und für Anfang 2021 haben sich kräftiger als erwartet entwickelt , als Beispiel dient kräftiges Wachstum bei den Lieferungen für langlebige Kapitalgüter in den USA im Jänner.
Die Ausnahme bildeten die Einkaufsmanagerindizes in China, die im Jänner bereits das dritte Monat in Folge fielen. Gemeinsam mit dem angelaufenen Impfstoffprogrammen hat das zu einer Aufwärtsrevision der Erwartungen für das Wirtschaftswachstum für die mittlere Sicht geführt.
Weil auch die negative Produktionslücke geringer als erwartet ausfällt, wird der mittelfristige Inflationsausblick etwas nach oben genommen. Die Zentralbank-Ziele für die Inflation könnten in einigen Ländern früher als gedacht erreicht werden.
Dieses Umfeld hat zu einem Anstieg von Staatsanleiherenditen geführt. Die Renditen 10-jähriger Staatsanleihen in den USA stiegen von 1,0% Anfang Februar auf 1,4% per Monatsende an. Ähnlich verlief die Entwicklung in Deutschland, wo ein Anstieg von -0,5% auf -0,3% beobachtet werden konnte. Zwei Entwicklung waren dabei jedoch neu:
- Der Anstieg verläuft nicht mehr langsam sondern relativ schnell
- Der Anstieg der nominellen Renditen wird seit zwei Wochen nicht mehr von ansteigenden Inflationserwartungen (10Y US Breakeven Inflation Rates sogar leicht rückläufig auf zuletzt 2,15%), sondern von einem Anstieg der realen Rendite getrieben (10Y USA von -1% auf -0,75%).
Renditeanstiege betreffen nicht nur Staatsanleihen
Die Renditeanstiege betreffen aber nicht nur die Staatsanleihen. Grundsätzlich ergibt sich die Bewertung jedes Finanzinstruments (Aktien, Anleihen) aber auch von Immobilien aus der Summe der abgezinsten (diskontierten) zukünftigen Cashflows / Zahlungsströme.
Die Rendite kreditsicherer Staatsanleihen hat dabei einen direkten Einfluss auf die Höhe des Diskontzinssatzes. Steigen die Staatsanleiherenditen an, führt dies auch zu einem Anstieg des Diskontzinssatzes und (sofern die übrigen Erwartungen unverändert bleiben – ceteris paribus) fällt der Preis des Finanzinstruments.
Diesen Vorgang konnten wir letzte Woche auch an den Aktienmärkten beobachten. Der US-Leitindex S&P 500 verlor -2.4%, der EuroStoxx 50 schloss um 2% niedriger im Wochenvergleich (per Schlusskurs 26.2.2021, Quelle Bloomberg). Besonders betroffen von den Kursrückgängen waren Assets mit einer langen Duration und einer hohen Bewertung. Zu letzteren zählen z.B. US-Technologiewerte, die Verluste von fast 5% hinnehmen mussten (NASDAQ 100).
Für die nächsten Monat wird die Kernfrage sein, ob die Zinsen stärker ansteigen werden als die Wachstumserwartungen. Wir gehen aktuell davon aus, dass
- sich die Erholung der Wirtschaft weiter fortsetzten wird und auch positiv überraschen kann
- die Zentralbanken weiterhin ultraexpansiv bleiben werden, aber auch weiteren leichten Renditeansteigen nicht abgeneigt sind, weil dies das Risiko von Blasenbildungen reduzieren kann
- im Falle weiterer und starker Renditeanstiege das „Zinskurven-Management“ der Zentralbanken offensichtlicher werden wird.
Das Finanzumfeld wird somit im Durchschnitt unterstützend bleiben, aber die Volatilität wird zunehmen.
Markt-Korrektur für Zukäufe in den Green-Tech-Fonds genutzt
Mit den deutlich angestiegenen Zinsen in den vergangenen Wochen sind vor allem Wachstumsunternehmen deutlich unter Druck geraten und eine Rotation in zyklische „Re-Opening“ Unternehmen war ersichtlich. Trotz dieser Kurskorrekturen verzeichnen alle wichtigen Aktienmärkte eine positive Performance seit Jahresanfang.
Noch deutlich stärker von Gewinnmitnahmen betroffen waren die Bereiche Cleantech, Wasserstoff/Brennstoffzellen, Elektromobilität sowie vor allem Erneuerbare Energie. Diese Bewegungen wirkten sich auch auf die Performance des ERSTE GREEN INVEST und des ERSTE STOCK ENVIRONMENT aus, der in den letzten Tagen ungefähr 10% an Wert verlor. Dies wurde genutzt, um Zukäufe zu tätigen.
Am fundamentalen Umfeld und somit unserem langfristigen Ausblick hat sich nichts geändert, weshalb wir zuletzt begonnen haben, die Korrektur vorsichtig für Zukäufen in den von uns am meisten favorisierten Unternehmen zu nutzen.