Erste Asset Management Investment Blog

Das neue Zeitalter des Protektionismus

Das neue Zeitalter des Protektionismus
Das neue Zeitalter des Protektionismus
Beitrag teilen:

Der Pfad in Richtung einer deutlich fragmentierten Weltwirtschaft wird weiter beschritten. In letzter Zeit ist vor allem die Anhebung von Zöllen auf chinesische Elektroautos in den USA und der Europäischen Union aufgefallen. Wer sind dabei die Sieger? Wer die Verlierer? Allgemein betrachtet verlieren bei einem Handelskonflikt alle Seiten.

Was versteht man unter Protektionismus?

Protektionismus (im engeren Sinn) beschreibt eine Wirtschaftspolitik, die darauf abzielt, die Importe aus anderen Ländern durch Zölle, Quoten und andere Maßnahmen zu beschränken. Mit solchen Maßnahmen wird das Ziel verfolgt, die heimische Industrie vor ausländischer Konkurrenz zu schützen. Genauer betrachtet greift diese Definition zu kurz: Tatsächlich geht es auch um Maßnahmen, um bestimmte Exporte (zum Beispiel Halbleiter der letzten Generation) und Investitionen in ein nicht befreundetes Land zu beschränken beziehungsweise Standorte in diesem Land zu reduzieren (Friendshoring, Nearshoring). Dafür gibt es zwei Gründe: Erstens soll die nationale Sicherheit gestärkt werden und zweitens soll ein Land (wie z.B. China) an der Entwicklung gehindert werden (Containment). Im Folgenden soll für all diese Maßnahmen der Begriff Protektionismus (im weiteren Sinn) gelten. Die Auswirkungen sind eine Fragmentierung der Weltwirtschaft, die in einer Deglobalisierung enden könnte.

Treibende Kräfte

Die beiden wichtigsten treibenden Faktoren für diese Tendenz sind der Aufstieg des nationalistisch ausgerichteten Populismus in zahlreichen Ländern und der Aufstieg Chinas als Handelsgroßmacht. China hat im Jahr 2023 die Liste der Top-Exportnationen mit rund 3,4 Billionen US-Dollar sogar angeführt. Auf der Seite des zunehmenden Nationalismus in den westlichen Ländern sind vor allem die USA relevant. Der Slogan der Republikanischen Partei „Make America Great Again“ steht unter anderem für eine Reindustrialisierung der USA. Mit den jüngsten Ereignissen (Attentatsversuch auf den Präsidentschaftskandidaten) ist die Wahrscheinlichkeit für einen Wahlsieg von Donald Trump nochmals angestiegen. Auch in Europa sind bei den EU-Parlamentswahlen und den Wahlen zum französischen Parlament die integrativen EU-Kräfte tendenziell geschwächt worden.

China bleibt im Jahr 2023 Exportweltmeister. China exportierte Waren im Wert von rund 3,38 Billionen US-Dollar und ist damit mit weitem Abstand vor den USA (2,02 Billionen US-Dollar) und Deutschland (1,69 Billionen US-Dollar) das größte Exportland der Welt. Die Statistik zeigt die 20 größten Exportländer weltweit im Jahr 2023.

Die 20 größten Exportländer weltweit im Jahr 2023: China, USA, Deutschland, Niederlande, Japan, Italien, Frankreich, Südkorea, Mexiko, Hongkong (SAR), Kanada, Belgien, Großbritannien, Vereinigte Arabische Emirate, Singapur, Taiwan (Republik China), Indien, Russland, Spanien und die Schweiz. Quelle: WTO, Statista 2024.

Die Argumente der Befürworter und der Gegner

Die Befürworter von höheren Zöllen führen folgende Argumente an:

  • Die protektionistischen Maßnahmen sollen eine unfaire Wettbewerbssituation ausgleichen. Im konkreten Fall der chinesischen Elektroautos handelt es sich um behauptete ungerechtfertigte Subventionen auf der chinesischen Seite.
  • Zudem kann durch protektionistische Maßnahmen ein Druck auf das exportierende Land ausgeübt werden, die Umweltstandards und die ethischen Standards (ESG und Menschenrechte) dem importierenden Land anzugleichen. Dadurch soll ein Level Playing Field (faire Bedingungen) erreicht werden.
  • Ein weiterer positiver Anreiz ist die Verlagerung der Produktion vom Exportland (China) in das Importland (EU).
  • Die heimischen Firmen werden von der ausländischen Konkurrenz geschützt. Das verhindert einen Beschäftigungsabbau.
  • Das Argument „Schutz vor ausländischer Konkurrenz“ gilt verstärkt für Schlüsselindustrien (Technologie, Energie) und die nationale Sicherheit (Verteidigung). Die wirtschaftspolitischen Maßnahmen sind Export- und Investitionsbeschränkungen (Hinweis: Chips, die für militärische Zwecke verwendet werden können) sowie Friendshoring.
  • Die Zeit während der Corona-Pandemie hat gezeigt, dass die globalen Lieferketten vulnerabel sind. Als Reaktion darauf werden Maßnahmen für Nearshoring gesetzt. Diese sollen die globalen Abhängigkeiten reduzieren.
  • Klassischerweise soll mit höheren Zöllen ein Handelsbilanzdefizit abgebaut werden. Im Jahr 2023 betrug das Handelsbilanzdefizit der EU mit China 291 Milliarden Euro.
  • Der Untergang der Solarindustrie in Europa wird oft als Argument für Schutzmaßnahmen angeführt (Schutz von Branchen, die am Anfang einer Entwicklung stehen).
  • Der Vollständigkeit halber wird von nationalistischen Parteien der Erhalt der nationalen Identität angeführt.

Die Gegner von höheren Zöllen führen folgende Argumente an:

  • Höhere Zölle haben eine ähnliche Wirkung wie eine Anhebung der Steuern. Die Frage ist, ob dadurch die Gewinnspannen der exportierenden Unternehmen reduziert werden oder die Preise der Importgüter teurer werden. Das hängt vor allem von der Preissetzungsmacht der exportierenden Unternehmen ab. Es könnte zutreffen, dass die Motive der chinesischen Firmen nicht nur auf kurzfristige Gewinnmaximierung, sondern auf den langfristigen Aufbau von Marktanteilen ausgerichtet sind. Die empirischen Befunde deuten eher auf einen Preisanstieg bei den Importgütern hin.
  • Die Anhebung von Importzöllen könnte Vergeltungsmaßnahmen nach sich ziehen. Zum Beispiel könnte der Absatzmarkt für ausländische Unternehmen eingeschränkt werden (zum Beispiel für deutsche Autohersteller in China). Zudem könnte der Export von wichtigen Gütern (seltene Erden) ins Ausland stärker reguliert werden. Oder den Auslandsunternehmen in China könnte mit Vorschriften das Wirtschaften erschwert werden. Das letzte Argument hat etwas an Bedeutung verloren, weil die Auslandsinvestitionen nach China rückläufig sind und China selbige erhöhen möchte.
  • Eine protektionistische Politik reduziert die Wettbewerbskräfte (Marktverzerrung). Das Risiko liegt in einer ineffizienten Ressourcen-Allokation. Etablierte Branchen mit einer geringen Innovationskraft werden geschützt. Der Anreiz für Investitionen in neue Technologien bleibt zu niedrig.
  • Die Kriterien, die für die Bestimmung der schützenswerten Branchen und der Schlüsselindustrien herangezogen werden, sind nicht objektiv, sondern politischen Einflüssen ausgesetzt.
  • Im Fall der Elektroautos könnten die billigeren chinesischen Modelle die Dekarbonisierung beschleunigen.
  • Die volkswirtschaftliche Theorie würde vorschlagen, dass die Währung des Landes, das die Zölle erhöht, aufwertet. Das würde jedoch den Zweck der höheren Zölle egalisieren. Für den Versuch einer Reindustrialisierung ist eine Abschwächung der eigenen Währung nötig. Die Importe sollen teurer werden, die Exporte billiger. Damit das gelingt, ist eine im Vergleich zu den anderen Ländern lockere Geldpolitik nötig. Das würde jedoch inflationäre Folgen haben. Vor allem der US-Dollar ist im historischen Vergleich zurzeit teuer (real effektiv). Aber auch die real effektive Bewertung des Euro liegt leicht über dem Durchschnitt. Diese Betrachtung zeigt einmal mehr, wie gefährlich ein Handelskonflikt werden kann. Die Anhebung von Zöllen und Gegenzöllen könnte auch in einer Abwertungsspirale der Währungen münden.
  • Die erhöhte Unsicherheit, die ein Handelskonflikt erzeugt, könnte die Risikobereitschaft von Unternehmen dämpfen. Unternehmensinvestitionen könnten zurückgehalten werden.
Handelspolitik G20: Anzahl diskriminierender und liberalisierender Maßnahmen von November 2008 bis 2021. Quelle: GTA, Statista, 2024.

Seit der Weltfinanzkrise 2007 ist die Anzahl protektionistischer handelspolitischer Maßnahmen in den G20-Staaten angewachsen. In allen G20-Staaten traten im Zeitraum November 2008 bis 2021 (Stand Oktober) mehr diskriminierende Maßnahmen als liberalisierende Maßnahmen in Kraft. Besonders viele diskriminierende Maßnahmen trafen die USA (7.376) und China (5.891).

Zusammenfassung

Zielgerichtete Zollanhebungen können bestimmte heimische Branchen vor billigen ausländischen Exportgütern schützen. Ein Eingriff in den freien Handel ist dann sinnvoll, wenn nicht alle Länder die gleichen Standards verfolgen. Die Preise für die betroffenen Güter werden im Inland jedoch vermutlich ansteigen. Dem steht der Fortbestand der heimischen Industrie gegenüber. Der Nettoeffekt könnte also durchaus positiv sein. Bei protektionistischen Maßnahmen gibt es vor allem zwei Risiken: Erstens könnten sie nicht zielgerichtet und wohlüberlegt gesetzt werden. Nicht schützenswerte Industrien könnten so subventioniert werden. Zweitens könnte ein Handelskonflikt eskalieren. Es droht eine Spirale von Zöllen, Gegenzöllen und anderen Vergeltungsmaßnahmen wie etwa eine Abwertungsspirale bei den Währungen. Diese Unsicherheit könnte sich negativ auf das Investitionsklima auswirken.

Erläuterungen zu Fachausdrücken finden Sie in unserem Fonds-ABC.

Wichtige rechtliche Hinweise:

Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.

DOSSIER

REAGIEREN SIE AUF DEN ARTIKEL

WICHTIGE RECHTLICHE HINWEISE

Hierbei handelt es sich um eine Werbemitteilung. Sofern nicht anders angegeben, Datenquelle Erste Asset Management GmbH. Die Kommunikationssprache der Vertriebsstellen ist Deutsch und jene der Verwaltungsgesellschaft zusätzlich auch Englisch.

Der Prospekt für OGAW-Fonds (sowie dessen allfällige Änderungen) wird entsprechend den Bestimmungen des InvFG 2011 idgF erstellt und veröffentlicht. Für die von der Erste Asset Management GmbH verwalteten Alternative Investment Fonds (AIF) werden entsprechend den Bestimmungen des AIFMG iVm InvFG 2011 „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“ erstellt.

Der Prospekt, die „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“ sowie das Basisinformationsblatt sind in der jeweils aktuell gültigen Fassung auf der Homepage www.erste-am.com jeweils in der Rubrik Pflichtveröffentlichungen abrufbar und stehen dem/der interessierten Anleger:in kostenlos am Sitz der jeweiligen Verwaltungsgesellschaft sowie am Sitz der jeweiligen Depotbank zur Verfügung. Das genaue Datum der jeweils letzten Veröffentlichung des Prospekts, die Sprachen, in denen das Basisinformationsblatt erhältlich ist, sowie allfällige weitere Abholstellen der Dokumente, sind auf der Homepage www.erste-am.com ersichtlich. Eine Zusammenfassung der Anlegerrechte ist in deutscher und englischer Sprache auf der Homepage www.erste-am.com/investor-rights abrufbar sowie bei der Verwaltungsgesellschaft erhältlich.

Die Verwaltungsgesellschaft kann beschließen, die Vorkehrungen, die sie für den Vertrieb von Anteilscheinen im Ausland getroffen hat, unter Berücksichtigung der regulatorischen Vorgaben wieder aufzuheben.

Hinweis: Sie sind im Begriff, ein Produkt zu erwerben, das schwer zu verstehen sein kann. Bevor Sie eine Anlageentscheidung treffen, empfehlen wir Ihnen, die erwähnten Fondsdokumente zu lesen. Diese Unterlagen erhalten Sie zusätzlich zu den oben angeführten Stellen kostenlos am jeweiligen Sitz der vermittelnden Sparkasse und der Erste Bank der oesterreichischen Sparkassen AG. Sie können die Unterlagen auch elektronisch abrufen unter www.erste-am.com.

Wichtig: Die im Basisinformationsblatt angeführten Performance-Szenarien beruhen auf einer Berechnungsmethodik, die in einer EU-Verordnung vorgegeben ist. Die künftige Marktentwicklung lässt sich nicht genau vorhersagen. Die dargestellten Performance-Szenarien zeigen nur mögliche Erträge auf, basieren dabei aber auf den Erträgen in der jüngeren Vergangenheit. Die tatsächlichen Erträge könnten niedriger ausfallen als angegeben.

Unsere Analysen und Schlussfolgerungen sind genereller Natur und berücksichtigen nicht die individuellen Merkmale unserer Anleger:innen hinsichtlich des Ertrags, der steuerlicher Situation, Erfahrungen und Kenntnisse, des Anlageziels, der finanziellen Verhältnisse, der Verlustfähigkeit oder Risikotoleranz.

Bitte beachten Sie: Die Wertentwicklung der Vergangenheit lässt keine verlässlichen Rückschlüsse auf die zukünftige Entwicklung eines Fonds zu. Eine Veranlagung in Wertpapieren birgt neben den geschilderten Chancen auch Risiken. Der Wert von Anteilen und deren Ertrag können sowohl steigen als auch fallen. Auch Wechselkursänderungen können den Wert einer Anlage sowohl positiv als auch negativ beeinflussen. Es besteht daher die Möglichkeit, dass Sie bei der Rückgabe Ihrer Anteile weniger als den ursprünglich angelegten Betrag zurückerhalten. Personen, die am Erwerb von Investmentfondsanteilen interessiert sind, sollten vor einer etwaigen Investition den/die aktuelle(n) Prospekt(e) bzw. die „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“, insbesondere die darin enthaltenen Risikohinweise, lesen. Ist die Fondswährung eine andere Währung als die Heimatwährung des/der Anleger:in, so können Änderungen des entsprechenden Wechselkurses den Wert der Anlage sowie die Höhe der im Fonds anfallenden Kosten - umgerechnet in die Heimatwährung - positiv oder negativ beeinflussen.

Wir dürfen dieses Finanzprodukt weder direkt noch indirekt natürlichen bzw. juristischen Personen anbieten, verkaufen, weiterverkaufen oder liefern, die ihren Wohnsitz bzw. Unternehmenssitz in einem Land haben, in dem dies gesetzlich verboten ist. Wir dürfen in diesem Fall auch keine Produktinformationen anbieten.

Zu den Beschränkungen des Vertriebs des Fonds an amerikanische oder russische Staatsbürger entnehmen Sie die entsprechenden Hinweise dem Prospekt bzw. den „Informationen für Anleger gemäß § 21 AIFMG“.

In dieser Mitteilung wird ausdrücklich keine Anlageempfehlung erteilt, sondern lediglich die aktuelle Marktmeinung wiedergegeben. Diese Mitteilung ersetzt somit keine Anlageberatung und berücksichtigt weder die Rechtsvorschriften zur Förderung der Unabhängigkeit von Finanzanalysen, noch unterliegt sie dem Verbot des Handels im Anschluss an die Verbreitung von Finanzanalysen.

Die Unterlage stellt keine Vertriebsaktivität der Verwaltungsgesellschaft dar und darf somit nicht als Angebot zum Erwerb oder Verkauf von Finanz- oder Anlageinstrumenten verstanden werden.

Die Erste Asset Management GmbH ist mit den vermittelnden Sparkassen und der Erste Bank verbunden.

Beachten Sie auch die „Informationen über uns und unsere Wertpapierdienstleistungen“ Ihres Bankinstituts.

Druckfehler und Irrtümer vorbehalten.