Börsenprofis bewerten die Aussichten für die deutsche Wirtschaft im nächsten halben Jahr weniger pessimistisch. Das vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung (ZEW) auf Basis von Umfragen unter Analysten und Anlegern ermittelte Barometer der Konjunktureinschätzung stieg im November überraschend deutlich um 10,9 Punkte auf plus 9,8 Zähler. Der an den Börsen viel beachtete ZEW-Index ist damit den vierten Monat in Folge gestiegen und liegt nun erstmals seit April wieder im positiven Bereich. Ökonomen hatten nur mit einem Anstieg auf plus 5,0 Punkte gerechnet.
Auch die Einschätzung der aktuellen Lage stabilisierte sich laut der ZEW-Umfrage. Der entsprechende Index stieg minimal um 0,1 auf minus 79,8 Zähler. „Es erhärtet sich somit der Eindruck, dass die Talsohle der konjunkturellen Entwicklung in Deutschland erreicht ist“, kommentierte ZEW-Präsident Achim Wambach die in der vergangenen Woche veröffentlichten Daten.
Auch das Geschäftsklima der kleinen und mittleren Unternehmen hat sich im Oktober nach fünf Rückgängen in Folge wieder etwas verbessert. Der entsprechende Index stieg um 2,1 Zähler auf minus 17,1 Saldenpunkte, wie die zuletzt veröffentlichte KfW-Ifo-daten zeigen. Dahinter steht eine verbesserte Lagebeurteilung. Auch die Erwartungen legten zu. „Das mittelständische Geschäftsklima bekommt im Oktober die Kurve. Damit verfestigt sich das Bild weiter, dass die konjunkturelle Talsohle endlich durchschritten ist“, konstatierte auch die KfW-Chefvolkswirtin Fritzi Köhler-Geib.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Entwicklung in der Vergangenheit kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen ist.
Konjunktur dürfte nach technischer Rezession 2024 in Schwung kommen
Deutschlands Wirtschaft war im Sommer um 0,1 Prozent geschrumpft. Sollte die Konjunktur wie von Ökonomen erwartet auch im vierten Quartal schwächeln, würde sie damit in eine vorübergehende, sogenannte technische, Rezession rutschen. Der Internationale Währungsfonds (IWF) prognostiziert in seinem aktuellen Bericht zur Weltwirtschaft für Deutschland heuer ein BIP-Minus von 0,5 Prozent. Damit würde Deutschland als einzige große Volkswirtschaft schrumpfen.
Auch das deutsche Wirtschaftsministerium sieht das Land vorerst weiter in einer Stagnation. Deutschlands Regierung geht aber davon aus, dass Europas größte Volkswirtschaft nächstes Jahr wieder Tritt fasst. Demnach dürfte es 2024 und 2025 dann Wachstumsraten von 1,3 und 1,5 Prozent geben. Auch der Experten-Rat der sogenannten „Wirtschaftsweisen“ sieht nach einem BIP-Rückgang von 0,4 Prozent im heurigen Jahr ab 2024 wieder ein Wachstum von 0,7 Prozent.
Rahmenbedingungen verbessern sich, Inflationsdruck lässt weiter nach
Die Rahmenbedingungen haben sich angesichts deutlich sinkender Inflationsraten, steigender Realeinkommen und einer leichten Aufhellung der Stimmung in der Wirtschaft zuletzt etwas verbessert, wie das Wirtschaftsministerium mitteilte. So indizieren die kürzlich veröffentlichten Daten zu den Großhandelspreisen weiter rückläufige Inflation.
Die Großhandelspreise fielen im Oktober im Vergleich zum Vorjahresmonat um 4,2 Prozent. Das ist der stärkste Rückgang seit Mai 2020, als die Coronapandemie für enorme ökonomische Verwerfungen gesorgt hatte. Hauptverantwortlich für den Preisrückgang waren die günstigeren Mineralölprodukte. Auch die Erzeugerpreise sind im Oktober den vierten Monat in Folge kräftig gefallen. Die Produzenten gewerblicher Produkte verlangten im Schnitt 11,0 Prozent weniger als ein Jahr zuvor. Im September hatte es mit minus 14,7 Prozent das größte Minus seit Beginn der Erhebung 1949 gegeben.
Die Erzeuger- und Großhandelspreise schlagen sich mit einer gewissen Zeitverzögerung in den Verbraucherpreisen nieder. Ökonomen erwarten daher, dass auch die Verbrauchpreise weiter zurückgehen. Im Oktober waren die Verbraucherpreise mit 3,8 Prozent so schwach gestiegen wie seit über zwei Jahren nicht mehr.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Entwicklung in der Vergangenheit kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen ist.
Positive Nachrichten kamen jüngst auch vom Arbeitsmarkt. Trotz Konjunkturflaute ist die Zahl der Erwerbstätigen in Deutschland im dritten Quartal erstmals über die Marke von 46 Mio. gestiegen und erreichte damit einen historischen Höchststand. Von Juli bis September waren 46,04 Mio. Personen beschäftigt, wie das Statistische Bundesamt in der vergangenen Woche mitteilte. Besonders die Dienstleister stellten im Sommer ein. Hier stieg die Zahl der Erwerbstätigen im Vergleich zum Vorjahresquartal um 299.000 oder 0,9 Prozent.
Regierung will Wirtschaft mit neuem Maßnahmepaket zusätzlich stützen
Auch die Regierung will die Konjunktur mit zusätzlichen Maßnahmen wieder in Schwung bringen. Der Deutsche Bundestag hat im November ein Maßnahmenpaket zur Ankurbelung der Wirtschaft beschlossen. Das sogenannte Wachstumschancengesetz, das noch vom Bundesrat gebilligt werden muss, sieht steuerliche Entlastungen für Unternehmen bis 2028 und eine Beschleunigung von Genehmigungsverfahren vor.
Die Entlastungen sollen jährlich 7 Mrd. Euro betragen. Ein Kernpunkt ist eine Prämie für Investitionen in den Klimaschutz. 15 Prozent der Aufwendungen für Energieeffizienzmaßnahmen von Unternehmen sollen als direkte finanzielle Unterstützung bezuschusst werden. Zudem sind steuerliche Anreize geplant, um den kriselnden Wohnungsbau anzukurbeln. Auch zusätzliche steuerliche Impulse für mehr Forschung sind vorgesehen.
Erläuterungen zu Fachausdrücken finden Sie in unserem Fonds-ABC.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.