Dämonen beim Namen zu nennen, hieß sie heraufzubeschwören und galt damit über Jahrhunderte als tabu. Man „malte den Teufel nicht an die Wand“. Damals.Heute darf das Risikomanagement nicht zum Aberglauben neigen und muss sich ausmalen, besser: ausrechnen, wie sich ein Fondsvermögen verändert, wenn die Zinsen steigen, die Aktien fallen, eine Finanzkrise ausbricht, sich – Gott behüte – 9/11 wiederholt….
Man nennt es Stresstesting. Für jede einzelne Position eines Fonds wird so täglich gerechnet, wie sie sich unter bestimmten Umständen – Stressszenarios – in ihrem Wert verändert und damit die gesamte Performance eines Fonds. Damit kann recht gut abgeschätzt werden, was in außergewöhnlichen Marktphasen passieren kann.
Stresszenarios rechnen
Man muss sich ja nicht gleich die schlimmsten Szenarien ausmalen, auch in „normalen“ Marktphasen kann es natürlich zu Rückschlägen kommen. Die Höhe dieser möglichen Verluste zu quantifizieren, ist ebenfalls Aufgabe des Risikomanagements.
Kann man mit einem Fonds ein, zwei, drei Prozent verlieren? Klar kann man. Doch wie wahrscheinlich ist das? Und in welchen Zeitraum? Diese Fragen werden ebenfalls täglich vom Risikomanagement für alle Fonds beantwortet. Standardmäßig in der Form:
Mit einer Wahrscheinlichkeit von 99 % verliert der Fonds XY innerhalb von 20 Tagen nicht mehr als x %. Und in dem einen Prozent der Fälle, wo er doch mehr verliert? Dann gibt es eine Abschätzung wie hoch die Verluste dann im Schnitt sein können.
Nun kann man viel behaupten. Der Gesetzgeber sieht jedoch vor, dass diese Behauptungen überprüft werden. Alle drei Monate muss ein Bericht vorgelegt werden, inwieweit diese Schätzungen der Realität entsprochen haben. Abweichungen von unseren Erwartungen müssen dabei genau analysiert und möglicherweise die Schätzmodelle und –methoden angepasst werden.
Alle diese Einschätzungen werden unter dem Begriff „Marktrisiko“ subsumiert und bieten sowohl dem Fondsmanagement als auch den Kunden eine Entscheidungshilfe.
Liquiditätsrisiken einschätzen
Es lassen sich jedoch noch ganz andere Dinge ausmalen. Denken wir an die Finanzkrise von 2008. Abgesehen von den Markteinbrüchen war ein seltsames Phänomen zu beobachten: Manche Wertpapiere hatten keine wesentliche Kursverluste zu verzeichnen, doch sie waren kaum noch handelbar.
Sie wurden illiquid. Als Folge davon mussten vereinzelt Kapitalanlagegesellschaften die Rücknahme von Fonds aussetzen. Oder stellen wir uns einen großen Fonds vor, der in einem engen Marktsegment agiert – wie das bei österreichischen Aktien der Fall sein kann.
Große Abflüsse aus einem derartigen Fonds würden dann zu massiven Problemen führen. Dieses Liquiditätsrisiko von Fonds einzuschätzen und darauf hinzuweisen, ist ebenfalls Aufgabe des Risikomanagements.
Zum Beispiel:
Eine Projektgesellschaft, die ein Apartmenthotel in einem Skigebiet errichten will. Sie nimmt einen Kredit dafür bei einem Vermögensverwalter. Der verkauft den Kredit an eine Luxemburger Zweckgesellschaft. Diese legt zur Finanzierung des Kreditkaufs eine Anleihe auf.
Ein Broker meint diese Anleihe wäre ein gutes Investment. Noch ist alles im Fluss, alles nur ein Projekt. Was allerdings nicht überzeugt ist der Business-Plan. So etwas kommt dann nicht in unsere Portfolios, niemals. Das Fondsmanagement muss gar nicht mehr darüber nachdenken, ob es dabei sein möchte. Dergleichen kommt nicht alle Tage vor, aber auch das geschieht im Risikomanagement.
Man kennt es von Unternehmen. Jährlich oder sogar quartalsweise wird dort Bilanz gelegt. Es wird bewertet, abgegrenzt, rückgestellt, abgeschrieben, zugeschrieben, eingebucht, ausgebucht, umgebucht, geprüft. All das wird auch bei einem Investmentfonds gemacht. Allerdings täglich.
Weil so ein Fonds ja auch täglich gehandelt werden kann. Die Regeln sind streng, manchmal kompliziert und vor allem sehr vielfältig.
Veranlagungsgrenzen bei Aktien überwachen kann komplex sein
Wussten Sie, dass ein Fonds nicht so viele Aktien eines Emittenten kaufen darf, dass er damit einen nennenswerten Einfluss auf ein Unternehmen ausüben könnte? Maximal 7,5 % des Grundkapitals eines Unternehmens darf ein Fonds besitzen. Außer es handelt sich um stimmrechtslose Aktien, dann sind es 10 %. Außer natürlich das EU-Land, in dem sich das Unternehmen befindet, hat eine niedrigere Grenze als die 7,5 % festgelegt.
Dann gilt nämlich die niedrigere Grenze. Aber dann auch wieder nicht, wenn es sich um Aktien handelt, die ein Fonds an dem Kapital einer Gesellschaft eines Drittstaates besitzt, die ihr Vermögen im Wesentlichen in Wertpapieren von Emittenten anlegt, die in diesem Staat ansässig sind, wenn eine derartige Beteiligung für den Fonds aufgrund der Rechtsvorschriften dieses Staates die einzige Möglichkeit darstellt, Anlagen in Wertpapieren von Emittenten dieses Staates zu tätigen.
So klar sagt es das Investmentfondsgesetz im § 78. Im § 79 sind dann die Ausnahmen und Abweichungen geregelt.
Gesetzliche Vorgaben prüfen
Nun wie gesagt, die Bestimmungen des Investmentfondsgesetzes sind vielfältig. Und sie werden ergänzt durch jene des Alternative Investmentfonds Manager Gesetz und vor allem durch seine Durchführungsverordnung. Und sie werden abgerundet durch jene des Pensionskassengesetzes und jene des Betrieblichen Mitarbeiter- und Selbständigenvorsorgegesetzes sowie jene des Allgemeinen Sozialversicherungsgesetzes.
Um nur die wichtigsten zu nennen. Für jeden Fonds gibt es allerdings noch Fondsbestimmungen, die innerhalb all dieser Gesetze regeln, was er machen, worin er investieren darf. Und dann wären da noch die Regeln, die die Geschäftsführung oder der Kunde vorgibt.
All die Gesetze, Ober- und Untergrenzen, Warngrenzen, Bestimmungen, Anlagerichtlinien, zählt man das alles zusammen, für alle Fonds, man kommt dann auf einen Wert von etwa 30.000 Regeln. Ihre Einhaltung wird täglich geprüft. Und auf die sofortige Behebung hingearbeitet, falls es einmal zu einer Verletzung gekommen sein sollte. Auch das ist Risikomanagement.
Performance von aktiv gemanagten Fonds überwachen
Das Gewicht von Aktien kann man recht formalistisch sehen, so wie es das Investmentfondsgesetz verlangt und das Fondscontrolling es tut. Man kann es aber auch völlig anders betrachten, analytisch sozusagen. Stellen wir uns einen Fonds vor, der in US-Aktien investiert.
Und dann stellen wir uns den US-Aktienmarkt vor. Indem wir uns zum Beispiel den S&P 500 Aktienindex anschauen. Seine Entwicklung, seine Unternehmen. Und dann vergleichen wir. Warum hat sich unser Fonds anders entwickelt als der US-Aktienmarkt insgesamt. Hat unser Fondsmanager die „richtigen“ Aktien ausgewählt, Procter & Gamble übergewichtet, Caterpillar untergewichtet?
Mehr Technologietitel im Portfolio und weniger Bankaktien? Hoffentlich. Und wenn er auf die richtige Branche, Technologie, gesetzt hatte, war es gut mehr Microsoft als Apple zu haben? Wo weicht der Fondsmanager vom S&P 500 aktuell ab und sind diese Abweichungen möglicherweise zu hoch?
All das wird bis ins letzte Detail analysiert und die Entscheidungen des Fondsmanagements werden völlig transparent dargestellt. Auch das ist Risikomanagement.
FAZIT:
Das Risikomanagement, es ist manchmal unbequem, legt Finger in Wunden. Mahnt, verbietet, versteht nicht, fordert ein, sieht die Dinge viel zu eng und wie – verdammt noch mal – soll man gerade in solchen Märkten denn da noch Geld verdienen? Man möchte sie oft nicht vernehmen, die Botschaften des Risikomanagements. Würde man sie dann aber vielleicht lieber von unzufriedenen Kunden, dem Wirtschaftsprüfer oder gar der Finanzmarktaufsicht hören? Eben.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.