USA, das Land der unbegrenzten Möglichkeiten, das Land mit dem Grand Canyon und dem Big Mac. Hier ist alles größer, schöner und höher. Doch trifft das auch für die Zinsen zu?
Anhand der Zinskurve für US Staatsanleihen möchten wir diese Frage diskutieren und auf einige interessante Aspekte hinweisen.
Die Zinskurve für US-Staatsanleihen (Treasuries)
Die Zinskurve (genauer gesagt: Renditestruktur-Kurve) zeigt die Rendite bezogen auf die Restlaufzeit. Üblicherweise ist bei längerer Bindung ein höherer Zinssatz zu erzielen (längere Laufzeit = höheres Risiko = höhere Rendite). Werfen wir daher einen Blick auf die aktuelle Zinskurve für US Staatsanleihen (engl.: Treasuries).
Die Grafik zeigt die US Zinskurve per 06.04.2017 (2 bis 10 Jahre Restlaufzeit):

Grafik: Renditestruktur-Kurve US Staatsanleihen (rot) vs. deutsche Staatsanleihen (blau), 2 bis 10 Jahre Restlaufzeit
Quelle: Datastream, per 06.04.2017
Im ersten Schritt analysieren wir die objektiv erkennbaren Aspekte der US Zinskurve:
- Für eine Restlaufzeit (RLZ) von 2 Jahren beträgt die Rendite aktuell ca. 1,3 %, bei einer RLZ von 10 Jahren liegt sie bei ca. 2,3 %. Das bedeutet, dass die Höhe der Zinsen für alle Laufzeiten positiv ist.
- Für längere Laufzeiten sind höhere Renditen zu erzielen als für kürzere. Somit handelt es sich um eine steile (normale) Zinskurve.
Der Vergleich der US Renditen mit jenen deutscher Staatstitel zeigt sich:
- In den USA werden für alle Laufzeiten höhere Zinsen bezahlt als für deutsche Staatsanleihen. Diese Zinsdifferenz nennt man „Spread“.
- Interessant ist, dass die US Zinskurve über alle Laufzeiten ziemlich exakt um 2 % (= 200 Basispunkte) über der deutschen liegt.
Doch warum liegen die Zinsen in den USA über jenen von Deutschland?
Dafür gibt es unterschiedliche Erklärungsansätze. Die häufigsten sind wie folgt:
- Volkswirtschaftlich gesehen könnte man argumentieren, dass die USA ein höheres Wachstum (und Inflation) aufweisen und höhere Zinsen damit plausibel und gerechtfertigt sind.
- Seitens der Notenbankpolitik kann man sagen, dass die US Notenbank (FED) bereits einen Zyklus steigender Zinsen begonnen hat. Der Leitzins liegt bei 0,75 % – 1 %, während der Leitzins in der Eurozone (EZB) bei 0,00 % liegt.
- Oder könnte es sein, dass die Marktteilnehmer einfach nur dann bereit sind, US Staatstitel gegenüber deutschen Bundesanleihen zu bevorzugen, wenn entsprechend höhere Renditen zu erzielen sind?
Wo liegt das Risiko von US Staatsanleihen im Vergleich zu jenen aus Deutschland?
Wir sprechen hier von unterschiedlichen Währungsräumen. Anlegerinnen und Anleger, die US Staatsanleihen kaufen, haben ein Investment in USD. Und dieser schwankt im Vergleich zum Euro doch beträchtlich – Währungsrisiko!
Der folgende Chart zeigt die Entwicklung des USD zum Euro seit Einführung des Euro.

Grafik: Entwicklung EUR/USD langfristig. Vor Einführung des EUR Entwicklung in ECU.
Quelle: Datastream, per 06.04.2017
Gut erkennen kann man die hohen Schwankungen des USD zum Euro. Im oberen Teil des Charts ist die absolute Entwicklung dargestellt. Eine steigende Kurve zeigt, dass der Euro fester gehandelt hat, der USD also im Wert verloren hat.
Der untere Teil der Grafik zeigt die prozentuelle Entwicklung jeweils in 12-Monats-Perioden (rollierend). Eine Änderung des Wechselkurses von +/- 20 % in einem Jahr war – aus Sicht des Euro-Investors – in der Vergangenheit keine Seltenheit.
Die Schwankungen des EUR/USD Wechselkurses überwiegen für den Euro-Investor bei weitem gegenüber den Kursschwankungen der Anleihekurse.
Kann man die Fremdwährung auch absichern?
Bei größeren Volumina (eigentlich nur für institutionelle Anleger wie z.B. Kapitalanlagegesellschaften) und entsprechendem Know-How besteht die Möglichkeit der Absicherung der Kursschwankungen des USD gegenüber dem EUR. Die Kosten dafür liegen erfahrungsgemäß ungefähr im Bereich der Zinsdifferenz.
Daraus folgt: Für Euro-Anlegerinnen und Anleger, die kein Währungsrisiko eingehen möchten, sind US Staatsanleihen im Vergleich zu den deutschen Staatsanleihen doch „kein Schnäppchen“.
Die Bedeutung für unsere Anlegerinnen und Anleger
Die Frage, ob in den USA – neben anderen Dingen – auch die Zinsen höher sind als in der Eurozone, kann mit einem „Ja – Aber“ beantwortet werden. Neben dem Zinsniveau muss auch immer die Währungskomponente berücksichtigt werden. Bedenken Sie dabei immer: In der Finanzwelt gibt es keinen „Free Lunch“ – höhere Chancen müssen mit höheren Risiken (z.B. Währungsrisiko) „erkauft“ werden!
Fazit:
Die US Zinskurve bietet über alle Laufzeiten eine positive Rendite. Auf den ersten Blick scheint eine Veranlagung in US Staatsanleihen gegenüber deutschen Staatstiteln deutlich attraktiver. Anlegerinnen und Anleger sollten immer bedenken, dass einzelne Volkswirtschaften sich natürlich unterschiedlich entwickeln und damit unterschiedliche Zinsniveaus haben. Für die Anlageentscheidung ist immer auch die Entwicklung der Währung entscheidend.
Aber: Die Finanzmärkte sind global – und wenn es Schnäppchen gäbe (ohne entsprechende Risiken), dann würden diese Anlagen sofort gekauft und im Preis steigen – und das Schnäppchen wäre keines mehr!
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Hinweis: Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.