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Günstig oder teuer? Welche Kennzahlen bei Aktien Sinn machen

Günstig oder teuer? Welche Kennzahlen bei Aktien Sinn machen

Günstig kaufen, teuer verkaufen – dieses einträgliche Motto gilt nicht nur für den Transfermarkt im Fußball, sondern auch für Anleger:innen, die in Aktien investieren. Da wie dort geht es darum, unentdeckte Perlen mit Potenzial zu finden, die ihren Wert möglichst rasch vervielfachen und Geld in die Kassen spülen. Doch wie lassen sich chancenreiche Aktien finden? Es gibt Objektive Kennzahlen für Aktien die ein bewährtes Hilfsmittel darstellen, um ihren Wert zu beurteilen.

Individuelle Aspekte zur Kurseinschätzung

Da die Kurse vieler Aktien in den letzten Jahren stark gestiegen sind, stellen sich so manche Anleger:innen die kritische Frage, ob die aktuellen Kurse noch den echten Unternehmenswerten entsprechen oder nicht schon überhöht sind. Vor einer Kaufentscheidung sollten sich Anleger:innen jedoch mit mehreren Fragen beschäftigen:

  • Wie sehen die Chancen auf künftiges Wachstum aus?
  • Taugt das Geschäftsmodell des Unternehmens, um Umsatz und Gewinnanstiege auch weiterhin zu ermöglichen? Wie steht es im Gegensatz dazu um die Kostenstruktur?
  • Welche Aufwendungen hat das Unternehmen etwa für Rohstoffe zu tätigen, die es benötigt?
  • Laufen die Kosten aus dem Ruder oder gelingt es, diese durch das Wachstum bzw. die Wachstumsfantasie zu kompensieren?

Billig oder teuer? Objektive Kennzahlen zur Beurteilung von Aktien

Auf all diese Fragen gibt es keine allgemein gültigen Antworten, sie müssen von Unternehmen zu Unternehmen individuell beleuchtet werden. Und doch existieren daneben auch standardisierte Kriterien, die bei der Suche nach günstigen und erfolgversprechenden Aktien eingesetzt werden können. Einige dieser Kennzahlen stellen wir Ihnen hier kurz vor:

Kurs-Gewinn-Verhältnis (KGV) – der Klassiker unter den Kennzahlen

Das Kurs-Gewinn-Verhältnis, kurz KGV, stellt einen Klassiker unter den Bewertungskriterien dar und ist für Anleger:innen eine der wichtigsten Kennzahlen, wenn es um die Analyse von Aktien geht. Wie der Name schon sagt, beinhaltet dieser Wert das Verhältnis zwischen dem aktuellen Aktienkurs und dem Jahresgewinn des Unternehmens.

Um diesen Wert zu berechnen, dividiert man den Aktienkurs durch den prognostizierten Gewinn je Aktie. Das heißt allerdings nicht, dass eine Aktie mit einem KGV von 10 unterbewertet ist im Vergleich zu einer Aktie mit einem KGV von 20.

\[KGV = {Aktienkurs \over Gewinn je Aktie}\]

Es ist in etwa so, wie wenn man beim Autokauf einen Dacia mit einem Mercedes vergleicht und blindlings zum günstigeren Vehikel tendiert. Der Preis für einen Mercedes kann aber durchaus gerechtfertigt sein, weil die Käufer:innen mehr Qualität und Leistung bekommen.

Was heißt das nun beim Aktienkauf?

Eine Aktie kann ein günstiges KGV haben, weil das Unternehmen kaum ein Gewinnwachstum ausweist und/oder über eine niedrige Qualität verfügt. Das heißt, es gibt einen Grund für die günstige Bewertung.

Deshalb setzen viele Anleger:innen das KGV in Relation zum langfristigen Gewinnwachstum. Nehmen wir als Beispiel zwei Unternehmen:

  • Unternehmen A: KGV 10, Ø Gewinnwachstum 2%
  • Unternehmen B: KGV 20, Ø Gewinnwachstum 8%

Unternehmen A hat ein „Preis/Leistungsverhältnis“ von 10/2 = 5, Unternehmen B 20/8 = 2,5

Das heißt, Unternehmen A kann trotz günstiger Bewertung überbewertet sein, während Unternehmen B unterbewertet sein kann.

Wichtig: ein günstiges KGV heißt nicht automatisch, dass ein Unternehmen unterbewertet ist

Im ersten Fall haben wir die Bewertung in Relation zum Wachstum (Leistung) gesetzt, im zweiten Fall berücksichtigen wir nun die Qualität eines Unternehmens.

Wie misst man die Qualität eines Unternehmens?

Es gibt viele Methoden, die Qualität eines Unternehmens zu beschreiben. Hier gibt es keinen allgemein gültigen Ansatz, allerdings haben sich in der Finanzwelt vor allem drei Faktoren als praktikabel erwiesen:

  • Je profitabler ein Unternehmen, desto höher die Bewertungskennzahlen
    Die Kennzahl Return on Equity (Eigenkapitalrendite) misst die Profitabilität eines Unternehmens. Je höher diese ist, umso mehr Qualität hat ein Unternehmen.
  • Je stabiler die Gewinnentwicklung, desto höher die Kurse
    Je weniger die Gewinne eines Unternehmens schwanken, umso leichter ist es für Investor:innen und Analyst:innen die Entwicklung einzuschätzen. Deshalb werden stabile Gewinne mit einer höheren Qualität gleichgesetzt. Messbar ist die Entwicklung z.B. durch die Standardabweichung der Gewinne.
  • Ein geringer Verschuldungsgrad spricht für Qualität
    Je weniger Schulden ein Unternehmen hat, umso besser ist die Qualität einer Aktie. Ein Unternehmen leidet weniger, wenn die Zinsen ansteigen sollten. Statt Zinszahlungen zu leisten, kann ein Unternehmen z.B. Dividenden ausschütten.

Qualität hat seinen Preis

Investor:innen tendieren dazu, für mehr Qualität einen höheren Preis zu zahlen. Wie im ersten Beispiel kann somit eine Aktie mit einem KGV von 20 angemessen bewertet sein, weil die Qualität hoch ist (sehr profitables Business Model, sehr stabile Gewinnentwicklung und kaum Schulden). Unternehmen B ist mit einem KGV von 10 bewertet, ist aber kaum profitabel, die Gewinne sind zyklisch, schwanken stark und die Verschuldung ist hoch. Auch in diesem Fall kann Unternehmen B angemessen bewertet sein und Unternehmen A trotz günstigem KGV überbewertet sein.

Akademische Untersuchungen haben gezeigt, dass es sich langfristig auszahlen kann, wenn man auf Qualitätsaktien setzt. Warren Buffet ist bekannt dafür, dass er Qualitätsunternehmen bevorzugt. Für die Anleger:innen heißt das, dass man das Gewinnwachstum und die Qualität mitberücksichtigen muss, wenn man ein Aktieninvestment beurteilen möchte.

Manche Manager:innen haben einen sogenannten GARP (Growth at a reasonable price) Ansatz. Bei diesem Ansatz geht es darum, qualitativ hochwertige Wachstumsaktien zu finden, allerdings zu einem vernünftigen Preis. Naturgemäß ist dies kein einfaches Unterfangen.

Kurs-Cashflow-Verhältnis (KCV) – beurteilt Finanzkraft und Liquidität

Während bei der Gewinnermittlung eines Unternehmens gewisse Spielräume bestehen, sagt der Finanzüberschuss (Cashflow) deutlich mehr über dessen Finanzkraft und Liquidität aus. Ein positiver Cashflow gibt an, dass das Unternehmen mehr Geld eingenommen als ausgegeben hat – und somit über gute Voraussetzungen verfügt, um zukünftige Investitionen oder auch Dividendenzahlungen aus eigener Kraft zu bestreiten.  

Um das Kurs-Cashflow-Verhältnis zu bestimmen, dividiert man den Kurs durch den Cashflow je Aktie. Wie bei der Gewinnrendite gilt auch hier: Je niedriger das KCV, desto preiswerter ist eine Aktie – und umgekehrt.

\[KCV = {Aktienkurs \over Cashflow je Aktie}\]

In vielen Fällen weisen Aktien mit niedrigem KGV auch ein niedriges KCV auf. Doch es gibt auch Ausnahmen – zum Beispiel, wenn ein Unternehmen einen Großteil seines Finanzüberschusses investiert. In diesem Fall wird das KCV niedriger ausfallen als das KGV, denn durch die hohen Abschreibungen fällt der Gewinn gering aus, obwohl das Unternehmen gute Geschäfte macht.

Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV) berücksichtigt immaterielle Werte und Humankapital nicht

Eine weitere Kennziffer, um die Bewertung einer Aktie zu betrachten, ist das Kurs-Buchwert-Verhältnis (KBV). Der Buchwert errechnet sich aus der Bilanz, aus Vermögen minus Verbindlichkeiten. Man spricht auch vom ausgewiesenen Eigenkapital. Bei einem KBV von 1,0 ist ein Unternehmen an der Börse so bewertet, wie es dem sichtbaren Wert in der Bilanz entspricht. Stille Reserven oder zu niedrig angesetzte Vermögenswerte kommen hier nicht zum Tragen.

\[KBV = {Aktienkurs \over Buchwert je Aktie}\]

Ein KBV kann hoch sein und dennoch keine Überbewertung anzeigen. Das könnte z.B. der Fall sein, wenn Maschinen oder Grundstücke in der Bilanz keine Rolle spielen, weil die Produktion ausgelagert wurde. Wenn das KBV unter 1,0 rutscht, also wenn die Investor:innen dem Unternehmen nicht einmal den Buchwert zumessen, sollte man als Investor:in hellhörig werden und das Geschäftsmodell oder die Branche hinterfragen. Es kann aber auch eine Chance darstellen, wenn ein Unternehmen zu skeptisch betrachtet und unter dem Buchwert bewertet wird.

Generell ist die Betrachtung des Kurs-Buchwerts etwas aus der Mode gekommen. Grund ist unter anderem die Tatsache, dass intellektuelles Kapital mit der Bedeutung der Technologiewerte zugenommen hat und die KBV-Betrachtung somit den tatsächlichen Wert mancher Unternehmen unzureichend erfassen kann.

Dividendenrendite: Cash ist fesch

Die Dividendenrendite ist eine weitere populäre Messgröße, um Aktien zu bewerten. Sie gibt das Verhältnis der Dividende zum Aktienkurs an und wird nach folgender Formel berechnet:

\[Dividendenrendite = {Dividende je Aktie\over Aktienkurs}\]

Eine hohe Dividendenrendite zeigt, dass das Unternehmen Geld verdient, den Gewinn aber nicht für sich behält, sondern an die Anleger:innen weitergibt. Im Gegensatz zu anderen Kennziffern lässt sie jedoch keine verlässlichen Schlüsse zu, die die Profitabilität oder die Qualität der erwirtschafteten Gewinne betreffen.

Die Dividendenrendite kann bei steigender Dividende und bei fallendem Aktienkurs steigen. Umgekehrt kann sie sinken, wenn der Aktienkurs steigt und die Dividende niedriger ausfällt. Die Dividendenrendite ist somit ein Wert, der börsentäglich schwankt und sich laufend durch die Kursveränderungen der Aktie verändert.

Eine hohe Dividendenrendite sagt somit über den Wert eines Unternehmens wenig aus. Nichtsdestotrotz können Unternehmen mit einer stabil hohen Rendite attraktiv für bestimmte Anleger:innen sein, die Interesse an einem regelmäßigen Einkommen haben.

👉 Alles was man als Anleger:in über Dividenden wissen muss, erfahren Sie in unserem Dividenden-Einmaleins

Anleger:innen, die gezielt Dividendenwerte suchen, müssen sich somit ein Bild darüber machen, wie nachhaltig eine Dividendenzahlung ist. Unternehmen mit zyklischen Gewinnen werden weniger in der Lage sein, die Dividenden kontinuierlich zu steigern. Unternehmen, die in den letzten 25 Jahren immer eine Dividende bezahlt haben und diese zusätzlich nie reduziert haben, nennt man Dividenden-Aristokraten (Bsp.: Johnson& Johnson, Coca Cola, Procter Gamble, u.a.). für so viel Qualität sind Investor:innen naturgemäß bereit, ein höheres KGV zu zahlen.

Fazit: Kennzahlen erhöhen Transparenz und Vergleichbarkeit bei der Auswahl von Aktien

Kennzahlen schaffen bei Aktien Transparenz und Vergleichbarkeit. Dadurch sind sie ein wertvolles Hilfsmittel, um Anleger:innen bei der Aktienauswahl zu unterstützen. Doch Kennzahlen alleine sollten nicht die einzige Entscheidungsgrundlage sein bei Aktien – genauso wichtig ist es, diese Werte im Zusammenhang mit der aktuellen Lage eines Unternehmens und seinen Wachstumsambitionen zu betrachten.

Außerdem müssen Anleger:innen das aktuelle makroökonomische Umfeld im Auge behalten. Wer das nicht selbst machen möchte, überlässt diese verantwortungsvolle Aufgabe am besten den Profis bei den Fondsgesellschaften und entscheidet sich für einen Aktien-Investmentfonds.

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