Der Countdown zum Highlight des Super-Wahljahres 2024 läuft: In rund drei Wochen wird sich entscheiden wer als nächster US-Präsident – oder Präsidentin – die Geschicke der größten Volkswirtschaft der Erde in den kommenden vier Jahren lenken wird.
Der Wahlkampf hielt jedenfalls schon einige Überraschungen bereit. Erstmalig stieg ein amtierender US-Präsident aus dem laufenden Rennen um das Weiße Haus aus und der Kandidatenwechsel bei den Demokraten mischte die Karten gänzlich neu.
Hohe Volatilität bei Cleantech im Wahljahr
Thematisch dreht sich im Wahlkampf viel um die Bereiche Migration, Inflation und Wirtschaft. In welche Zukunft das Land nicht nur ideologisch, sondern auch energiepolitisch und wirtschaftlich steuert, wird heiß diskutiert. Vor diesem Hintergrund rückt die Rolle der erneuerbaren Energien und von Cleantech (also Technologien zur grünen Transformation der Wirtschaft) in den Fokus der Öffentlichkeit.
Anleger:innen dieses Sektors wird das bestimmt nicht entgangen sein – die Auswirkungen des US-Wahlkampfs wurden bei Cleantech-Aktien im bisherigen Jahr nämlich besonders deutlich, wie das Beispiel der Aktie des US-Solarunternehmens First Solar zeigt:
Unterzeichnung des Inflation Reduction Act
Quelle: MANDEL NGAN / AFP / picturedesk.com
Zunächst ein Blick in den Rückspiegel: Der 29. Juni 2022 markierte einen bedeutenden Beschluss in der Amtsperiode Joe Bidens. Die Corona-Krise war weitgehend überwunden und mit dem Inflation Reduction Act (IRA) wurde ein umfangreiches Maßnahmenpaket unterzeichnet, das nicht nur die Wirtschaft nach der Krise ankurbeln, sondern auch die grüne Transformation in den USA vorantreiben soll.
Welch bedeutender Schub sich aus den Maßnahmen für Unternehmen aus dem Bereich der erneuerbaren Energien ergeben könnte, erkannten auch viele Aktionär:innen – so stieg etwa die First-Solar-Aktie am Tag nach der Unterzeichnung des IRA um 30%! (Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Beachten Sie den langfristigen Kurschart am Ende des Beitrags.)
Biden vs. Trump
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Ziemlich genau zwei Jahre später sorgte am 28. Juni 2024 die erste TV-Debatte im US-Präsidentschaftswahlkampf für Aufsehen. Während der Herausforderer Donald Trump seine gewohnten Botschaften vermitteln konnte, legte Amtsinhaber Joe Biden eine denkbar schlechte Figur aufs Parkett. Trump, der in vorherigen Umfragen bereits deutlich vor Biden gelegen hatte, schien der Sieg bei der Wahl nur noch schwer zu nehmen.
Das nährte unter Anleger:innen im Cleantech-Bereich wiederum die Sorgen, dass Trump den Inflation Reducation Act rückgängig machen könnte. Die Aktien von First Solar fielen am Tag nach der TV-Debatte um 10%. (Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Beachten Sie den langfristigen Kurschart am Ende des Beitrags.)
Attentat auf Donald Trump
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Das nächste einschneidende Ereignis im Wahlkampf folgte nur knapp zwei Wochen darauf am 13. Juli. Auf Donald Trump wurde während einer Rede im US-Bundesstaat Pennsylvania ein Attentat verübt, welches er jedoch weitgehend unbeschadet überstand. Die Weltöffentlichkeit zeigte sich schockiert – gleichzeitig schien der Wahlkampf auch vor dem Hintergrund des ikonischen Bildes, das Trump mit blutverschmiertem Ohr nach dem Attentat zeigt – endgültig entschieden.
Die Aussicht auf eine Trump-Präsidentschaft lies die First-Solar-Aktie am darauffolgenden Tag um weitere 10% nach unten rauschen. (Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Beachten Sie den langfristigen Kurschart am Ende des Beitrags.)
Harris vs. Trump
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Das große Aber folgte hingegen im September: Nachdem Joe Biden seinen Rückzug aus dem Wahlkampf bekannt gab und Vizepräsidentin Kamala Harris in den Ring um die US-Präsidentschaft stieg, fand am 11. September die erste (und wahrscheinlich einzige) TV-Konfrontation zwischen Harris und Trump statt. Die demokratische Kandidatin machte dort einen guten Eindruck und den Umfragen der folgenden Tage zufolge wurde sie als Gewinnerin des Duells gesehen.
Wirkung zeigte das auch bei den Erneuerbaren-Aktien: First Solar stieg am Tag nach dem TV-Duell um 15%. (Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Beachten Sie den langfristigen Kurschart am Ende des Beitrags.)
Inflation Reduction Act bringt Investitionsschub
Der Grund für die hohe Volatilität der Umweltaktien rund um diese Ereignisse liegt in erster Linie am bereits erwähnten Inflation Reduction Act, der als das wichtigste Gesetz für erneuerbare Energien und Cleantech in den USA angesehen werden kann.
Bleiben wir, um das zu verdeutlichen, beim Beispiel von First Solar: Die folgende Grafik zeigt die erwarteten Gewinne (EPS, Earnings-per-Share, Gewinn je Aktie) des Unternehmens bis 2026 jeweils inklusive und exklusive der Steuererleichterungen aus dem Inflation Reduction Act. Die Entwickler von Projekten im Bereich der erneuerbaren Energie erhalten ebenfalls attraktive Steuervorteile aus dem IRA, allerdings nur dann, wenn ein sie einen ausreichend hohen Anteil an inländischer Wertschöpfung nachweisen können. Davon profitieren amerikanische Cleantechunternehmen im Allgemeinen und First Solar im Besonderen.
Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.
Wie die Zahlen zeigen, ist ohne den Maßnahmen des Inflation Reduction Act immer noch eine gute, jedoch viel flachere Gewinnentwicklung bei First Solar zu erwarten. Eine Abschwächung oder Aufhebung des IRA hätte also negative Auswirkungen auf die Gewinne im Cleantech-Sektor. Doch wie wahrscheinlich ist dieses Szenario?
Ist das Gesetz in Gefahr?
Werfen wir für diese Frage zunächst einen Blick auf die aktuellen Umfragedaten: Hier liegt Kamala Harris leicht vor Donald Trump (Stand per 23.10.2024). Diese Daten basieren auf dem Durchschnitt mehrerer bedeutender Umfragen in den USA. Jedoch ist der Zeitpunkt rund eineinhalb Wochen vor der Wahl noch viel zu früh, sowie der Abstand zwischen beiden viel zu gering, um daraus klare Tendenzen für den Wahltag abzuleiten.
Wichtig werden aufgrund des Wahlsystems in den USA vor allem die sogenannten Swing States sein. Das sind jene Staaten in denen sich die Vorherrschaft der beiden Parteien für gewöhnlich stark abwechselt. Daher sind diese Staaten und deren Wahlmänner traditionell besonders hart umkämpft. Der Kandidat bzw. die Kandidatin, der/die es schafft, die Swing States für sich zu entscheiden, hat daher gute Chancen ins Weiße Haus einzuziehen. In diesen Staaten liegt in den Umfragen per 23.10. Donald Trump weitgehend mit knappem Vorsprung voran.
Auch wenn die Umfragen weiterhin ein knappes Rennen vorhersagen, so hat sich zumindest das Momentum in den vergangenen Monaten gedreht. Mit dem Rückzug Bidens aus dem Wahlkampf schossen die Wahlkampfspenden an die Demokraten in die Höhe – die Kandidatur von Kamala Harris löste also im demokratischen Lager eine Art Aufbruchstimmung aus.
Gleichzeitig musste Trump seinen deutlichen Vorsprung auf Joe Biden einbüßen, da Harris in den Umfragen schnell Boden auf Trump gut machen konnte. Der Abstand zwischen den beiden hat sich zuletzt aber deutlich verkleinert und vor allem in den wichtigen Swing States scheint Trump derzeit die Nase knapp vorne zu haben.
„Red wave“ unwahrscheinlich
Neben der Entscheidung, wer neuer Präsident (oder Präsidentin) der USA wird, gelten auch die Sitzverteilung im Senat und im Repräsentantenhaus als richtungsweisend. Der Präsident beschließt nicht per se die Gesetze. Er kann sie zwar unterschreiben oder sein Veto einlegen. Um den IRA abzuändern oder gar abzuschaffen bräuchte es allerdings eine „red wave“, also neben einer Präsidentschaft Trumps auch eine republikanische Mehrheit im Senat und im Repräsentantenhaus. Ein Blick auf die Umfragedaten zeigt, dass die Chance darauf nur bei 30% liegt.
Dass der Inflation Reduction Act also gänzlich abgeschafft wird, ist aus heutiger Sicht unwahrscheinlich. Noch dazu wäre auch bei einer republikanischen Mehrheit in beiden Häusern nicht automatisch gesagt, dass es zu einer kompletten Rücknahme des IRA kommt. Hierzu reicht ein Blick auf die Zahlen des Gesetzes.
Vor allem republikanischen Staaten profitieren
Interessanterweise profitieren nämlich traditionell republikanische Staaten besonders von dem Gesetz, indem ein Großteil der bisherigen Investitionen durch den IRA in Bundesstaaten wie Texas, Florida, Ohio, Louisiana oder Alabama fließt. Insgesamt gingen bisher rund 180 Milliarden Dollar der Gelder in republikanische Staaten, während es in den vorwiegend demokratischen nur rund 10 Milliarden Dollar waren.
Mit diesen Investitionen sind viele neu geschaffene Stellen verbunden (bislang 175.000). Die vorwiegend in republikanischen Staaten neu geschaffenen Arbeitsplätze hängen also in gewisser Weise auch an den Maßnahmen und Investitionen durch den Inflation Reduction Act.
Das wird auch in den Reihen der Republikaner erkannt: So haben Ende September insgesamt 18 republikanische Abgeordnete einen gemeinsamen Brief an den Sprecher der eigenen Partei im Repräsentantenhaus gerichtet, der sich dafür einsetzt den IRA selbst bei einer „red wave“ nicht abzuschaffen.
Fazit
Eine „red wave“ ist unwahrscheinlich da die Umfragezahlen derzeit eine andere Sprache sprechen. Doch selbst wenn es zu einer republikanischen Mehrheit in allen Häusern und einem Comeback Donald Trumps als US-Präsident kommen sollte, sind Änderungen in vielen Bereichen des IRA längst nicht ausgemacht. Die Steuererleichterungen und Investitionen des Pakets sind in der US-Wirtschaft angekommen, wodurch viele neue Stellen geschaffen werden konnten – speziell in traditionell republikanischen Staaten.
Die milliardenschweren Investitionen in grüne Technologien wackeln aus unserer Sicht also nicht. Aufbauend darauf scheinen auch die kurzfristigen Rückgänge bei Umweltaktien in Reaktion auf Ereignisse im Wahlkampf überzogen. „Politische Börsen haben kurze Beinen“, lautet eine alte Börsenweisheit. Gerade in politisch unsicheren und damit oft auch an den Finanzmärkten volatilen Wahlkampfzeiten lohnt es sich „rauszuzoomen“ und den Blick auf das „big picture“ zu legen. Oder um es auch hier wieder in Form unseres altbekannten Beispiels auszudrücken: Trotz der zwischenzeitlichen Volatilität hat die First-Solar-Aktie seit Jahresbeginn um über 30% zugelegt und aus Sicht der vergangenen 5 Jahre liegt das Plus bei mehr als 300%.
Hinweis: Die Entwicklung in der Vergangenheit ist kein zuverlässiger Indikator für künftige Wertentwicklungen. Bitte beachten Sie, dass eine Veranlagung in Wertpapiere neben Chancen auch Risiken beinhaltet.
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