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Verschiebung der Risiken

Verschiebung der Risiken
(c) iStock / ilkercelik

Sowohl die Märkte als auch die Zentralbanken signalisieren eine Verschiebung der volkswirtschaftlichen Risiken von Inflation in Richtung Wachstum. Insbesondere die Abschwächung des US-Arbeitsmarkts, der global schwächelnde Fertigungssektor, Deflationsrisiken in China und die Schwierigkeiten der Eurozone, ihre Stagnationsphase nachhaltig zu überwinden, geraten verstärkt in den Fokus. Trotz einer gewissen Erholung der Aktienindizes nach den Einbrüchen Anfang August bleibt das Abwärtsrisiko bestehen. Dies wird auch durch den Rückgang der Renditen von Staatsanleihen sowie den fallenden Trend des handelsgewichteten US-Dollars deutlich.

Abschwächung am US-Arbeitsmarkt

Jedes Jahr im Februar werden die Beschäftigungsschätzungen der aktuellen Beschäftigungsstatistik (CES beziehungsweise Current Employment Statistics) mit umfassenden Zählungen der Beschäftigung für den Monat März verglichen (Benchmark Revisions). In der vergangenen Woche wurden die vorläufigen Daten dafür veröffentlicht. Normalerweise betragen die Schätzungen plus / minus 0,1 Prozent. Für heuer zeigt die vorläufige Benchmark-Revision für die Gesamtbeschäftigung außerhalb der Landwirtschaft eine Anpassung für den Monat März um minus 818 Tausend oder minus 0,5%. Auf zwölf Monate aufgeteilt impliziert die Revision ein um rund 70 Tausend niedrigeres monatliches Wachstum der Beschäftigung.

Die Arbeitslosenrate in den USA ist noch fest. Die Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten für den Monat August am 6. September werden für die Märkte ein wichtiges Ereignis sein. © unsplash

Insgesamt ist der Arbeitsmarkt in den USA noch fest. Die Arbeitslosenrate für den Monat Juli liegt bei einem niedrigen Wert von 4,3%. Sie ist aber bereits von 3,4% im Jänner 2023 angestiegen. Für statistisch basierte Rezessionsindikatoren wie die Sahm-Regel ist das beunruhigend, weil in der Vergangenheit auf einen moderaten Anstieg oftmals ein heftiger Anstieg gefolgt ist. Letzteres würde eine Rezession bedeuten. Die Veröffentlichung der Arbeitsmarktdaten für den Monat August am 6. September werden für Märkte ein wichtiges Ereignis sein. Die Kernfrage lautet: „Weiterhin moderate Abschwächung oder bricht der Arbeitsmarkt?“

Wirtschaftsfreundliche („dovishe“) Zentralbanksignale

Die Zentralbanken in den entwickelten Volkswirtshaften reagieren auf die Veränderung des volkswirtschaftlichen Umfeldes (fallende Inflation, zunehmende Wachstumsrisiken) mit einer Lockerung der Zinspolitik.

Laut dem Sitzungsprotokoll der US-amerikanischen Zentralbank vertrat am 31. Juli die überwiegende Mehrheit die Auffassung, dass eine Lockerung der Geldpolitik auf der nächsten Sitzung (18. September) wahrscheinlich sei, wenn die Daten weiterhin in etwa den Erwartungen entsprächen. Danach wurden ein enttäuschend schwacher Arbeitsmarktbericht und ein milder Inflationsbericht veröffentlicht.

Die Notenbanken in den USA und der Eurozone fokussieren in der Geldpolitik auf Wachstum und nicht mehr so sehr auf Inflation. © Angela Weiss / AFP / picturedesk.com

Am vergangenen Freitag meinte der Fed-Vorsitzende Powell in seiner Eröffnungsrede, dass die Zeit für eine Anpassung der Geldpolitik gekommen sei. Seine Zuversicht für einen nachhaltigen Inflationsrückgang zurück zu zwei Prozent ist gewachsen. Die Daten über die Inflation und den Arbeitsmarkt zeigen eine sich verändernde Situation. Die Aufwärtsrisiken für die Inflation haben abgenommen. Und die Abwärtsrisiken für die Beschäftigung haben zugenommen. Hinsichtlich der Geschwindigkeit hielt Powell sich bedeckt (datenabhängig). Implizit gab es doch Hinweise: „Eine weitere Abkühlung auf dem Arbeitsmarkt ist weder anzustreben noch zu begrüßen.“ Das bedeutet: Der Zinssatz soll auf ein neutrales Niveau abgesenkt werden. Die langfristige Fed-Schätzung liegt bei 2,8%.

In Schweden hat in der vergangenen Woche die Zentralbank (Riksbank) bereits zum zweiten Mal in diesem Jahr den Leitzinssatz gesenkt (aktuell: 3,5%). In der Anleitung der Markterwartungen (Forward Guidance) werden die möglichen weiteren Zinssenkungen angehoben (auf drei bis vier). Für die Eurozone geht aus dem EZB-Sitzungsprotokoll hervor, dass die September-Sitzung als ein guter Zeitpunkt für eine Neubewertung des Umfangs der geldpolitischen Beschränkung angesehen wurde. Für den 12. September ist bereits eine weitere Leitzinssenkung vollständig gepreist (Zinssatz für die Einlagenfazilität von 3,75% auf 3,5%). Der Markt ist sogar auf dem Weg, bis Jahresende insgesamt drei Leitzinssenkungen einzupreisen (aktuell: minus 0,7 Prozentpunkte).

Laut EZB-Protokoll ist die Inflationspersistenz im Dienstleistungssektor nach wie vor das wichtigste Element, das die Inflationsaussichten bestimmt. Tatsächlich weisen die Inflationsraten einen rückläufigen Trend auf (Verbraucherpreisindex im Juli: 2,6% im Jahresabstand, Kerninflation: 2,9%), aber die Inflation im Dienstleistungssektor ist nach wie vor hoch (4,0%). In diesem Zusammenhang liefert der Rückgang der Lohnsteigerung bei den Tariflöhnen (Negotiated Wages) von 4,7% im Jahresabstand im ersten Quartal auf 3,6% im zweiten Quartal ermutigende Hinweise für einen Rückgang der gesamten Lohnpreissteigerung (Compensation per Employee) und damit auch für die Inflation im Dienstleistungssektor. Allerdings ist der Indikator (Negotiated Wages) mit Vorsicht zu genießen, weil er einige Schwächen aufweist.

Schwacher Fertigungssektor, schwache Eurozone

Die vorläufigen Einkaufsmanagerindizes für den Monat August für wichtige entwickelte Volkswirtschaften schlagen eine Fortsetzung des leicht unterdurchschnittlichen Wachstumspfades vor (Resilienz). Die Gesamtschau der Berichte über die Sektoren (Fertigung, Dienstleistungen) und Länder beziehungsweise Regionen hinweg ist mit einem um die Inflation bereinigten Wachstum des Bruttoinlandsproduktes von rund 1,3% vereinbar. Auffällig ist der Rückgang der Gesamtzahl in den USA. Während der Wert in den anderen Ländern beziehungsweise Regionen (Eurozone, UK, Japan, Australien) angestiegen ist.

Die Hinweise für eine regionale Konvergenz bleiben jedoch insgesamt schwach. Zudem weisen mit 54,1 die USA nach wie vor den höchsten Wert auf. Am unteren Ende des Spektrums liegt die Eurozone mit 51,2. Innerhalb der Eurozone liegt Deutschland nochmals deutlich unter dem Wert der Eurozone mit 48,5, wobei im August sogar ein Rückgang zu verzeichnen ist. Negativ ist vor allem der zugenommene sektorale Unterschied. Während der Einkaufsmanagerindex für den Dienstleistungssektor angestiegen ist (54,1), ist jener für den Fertigungssektor weiter gefallen (47,4). Bemerkenswert ist auch der Rückgang der Beschäftigungskomponente auf leicht unter den neutralen Wert (49,9 vs. 50).

Fazit: Weiche Landung mit Abwärtsrisiken

Insgesamt bestätigen die jüngsten volkswirtschaftlichen Daten das Basisszenario „weiche Landung mit Abwärtsrisiken“. Positiv ist, dass nach den überraschenden Inflationsanstiegen Anfang des Jahres die Inflation wieder fällt. Das erleichtert es den Zentralbanken auf die zunehmenden Wachstumsrisiken mit Lockerungsschritten zu reagieren. Aktuell bleiben wir in unserer taktischen Asset Allokation defensiv positioniert. Das Untergewicht von Aktien gegenüber Anleihen und Gold bleibt vorerst.

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