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Weiche Landung schlägt politische Unsicherheit

Weiche Landung schlägt politische Unsicherheit
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In den USA ist die Inflation überraschend gefallen. Damit ist das Szenario einer „weichen“ Landung der US-Wirtschaft wahrscheinlicher geworden. Diese wirtschaftsfreundliche Nachricht wird allerdings vom Attentatsversucht auf Donald Trump überschattet.

Attentatsversuch

Der US-Präsidentschaftskandidat Donald Trump wurde am Samstag bei einer Wahlkampfveranstaltung in Pennsylvania angeschossen. Weltweit zeigten sich hochrangige Politiker:innen entsetzt über die Tat. Für den laufenden Wahlkampf könnte der Attentatsversuch zumindest zwei Implikationen haben. Erstens könnte die Radikalisierung der politischen Lager weiter zunehmen. Das könnte wiederum die politisch motivierte Gewaltbereitschaft ansteigen lassen. Zweitens ist die Wahrscheinlichkeit für einen Sieg von Donald Trump bei der Präsidentschaftswahl im November wahrscheinlich (weiter) angestiegen. Der Mordanschlag erhöht die Sympathien und mobilisiert die Trump-Unterstützer zusätzlich, wodurch die Attraktivität des Herausforderers nochmals zunimmt. 

Auf der anderen Seite des Duells steht Präsident Joe Biden, dessen geistige Kompetenz zunehmend angezweifelt wird. Es ist nicht einmal klar, ob er tatsächlich zur Wahl antreten wird. Mittlerweile führt Donald Trump in den Umfragen, auch in Staaten, die von Mal zu Mal zwischen den beiden Parteien wechseln (sogenannte Swing States). 

MAGA

Damit ist in den USA die Stoßrichtung eines nationalistisch ausgerichteten Populismus (MAGA oder „Make America Great Again“) wahrscheinlicher geworden. Höhere Zölle und eine niedrigere Immigration erhöhen tendenziell die Preise und reduzieren das Potenzialwachstum (stagflationärer Einfluss). So wie in anderen Staaten auch ist der fiskalische Spielraum aufgrund des hohen Budgetdefizits (sieben Prozent vom Bruttoinlandsprodukt) niedrig. Die politische Polarisierung und der populistische Grundausrichtung reduzieren jedoch das Einsparungspotenzial.

Es steht im Raum, dass die Zentralbank (Fed) unter Druck gesetzt werden könnte – vielleicht unter einem neuen Zentralbank-Chef –, die Geldpolitik nicht nur nach den Kriterien niedrige Inflation und Vollbeschäftigung auszurichten. Eine hohe Inflation (über dem Zentralbankziel) ist zwar unpopulär, aber vor die Wahl gestellt zwischen staatlichen Einsparungen oder einer etwas erhöhten Inflation gewinnt wahrscheinlich letzteres. Zugegeben gilt diese Aussage für viele Parteien in vielen Ländern. Das Thema Deregulierung klingt zwar gut, war aber in der ersten Amtszeit Trump nicht systematisch erkennbar.

Die Bekämpfung des Klimawandels wird wahrscheinlich deutlich reduziert werden. Auf der geopolitischen Ebene könnte sich die Herabstufung der Bedeutung von internationalen Organisationen (UNO, NATO, WTO) materialisieren. Der Konflikt mit China wird – parteiunabhängig – wahrscheinlich weiter an Intensität gewinnen.

Der Einfluss von Trumpismus und Trumponomics ist eher negativ für Anleihen, weil die Inflation eher unterstützt als gedämpft wird. Es werden zwar Steuersenkungen versprochen, aber viel Platz nach unten ist nicht mehr. Zudem würden die niedrigeren Steuern wahrscheinlich von höheren Zöllen finanziert werden. Solange die Zölle nicht überwiegend von den exportierenden Ländern bezahlt werden – dafür fehlen klare Hinweise –, ist der positive Effekt einer geringeren Steuerbelastung auf die Aktienkurse überschaubar.

Fallende Inflation

Abgesehen von den theoretischen Überlegungen, was eine Präsidentschaft von Donald Trump bedeuten könnte, steht vor allem ein Wirtschaftsbericht des Bureau of Labor Statistics im Fokus. Die Konsumentenpreise in den USA sind im Monat Juni um 0,1 im Monatsabstand gefallen – damit liegt die Inflation im Vergleich zum Vorjahresmonat bei 3,0%. Ohne die traditionell schwankungsfreudigen Komponenten Nahrungsmittel und Energie betrug der Anstieg lediglich 0,1% (3,3% im Jahresabstand).

Ermutigend ist vor allem der Rückgang der Preisveränderung im Dienstleistungssektor ohne die Komponenten Energie und Immobilien das zweite Monat in Folge (Mai: -0,04%, Juni: -0,05%, jeweils im Monatsabstand). Im Jahresabstand ist diese Kernrate für den Dienstleistungssektor zwar immer noch hoch, der rückläufige Trend bei der Preisveränderung im Monatsabstand spricht jedoch für einen deutlichen zukünftigen Rückgang der Jahresinflation.

Zunehmende Zuversicht

Der Fed-Vorsitzende Powell hat in seiner halbjährlichen Rede vor zwei Kongressausschüssen folgende Kernaussagen getätigt. Erstens: „Auf dem Arbeitsmarkt deutet eine Reihe von Indikatoren darauf hin, dass die Bedingungen in etwa wieder auf dem Stand vom Vorabend der Pandemie sind.“ Implikation: Der bis vor kurzem zu feste Arbeitsmarkt behindert keine Leitzinssenkungen mehr.

Download von www.picturedesk.com am 15.07.2024 (09:46). US Federal Reserve Chair Jerome Powell testifies before the Senate Banking, Housing, and Urban Affairs Hearings to examine the Semiannual Monetary Policy Report to Congress at Capitol Hill in Washington, DC, on July 9, 2024. (Photo by Chris Kleponis / AFP) – 20240709_PD6321 – Rechteinfo: Rights Managed (RM) Nur für redaktionelle Nutzung! Werbliche Nutzung erfordert Freigabe: bitte schicken Sie uns eine Anfrage.

Bildtext: Der Fed-Vorsitzende Jerome Powell bei seiner halbjährlichen Rede vor dem Bankenausschuss im US-Kongress. © CHRIS KLEPONIS / AFP / picturedesk.com

Zweitens: „Nachdem zu Beginn dieses Jahres keine Fortschritte in Richtung unseres Inflationsziels von 2% zu verzeichnen waren, haben die jüngsten monatlichen Messwerte weitere bescheidene Fortschritte gezeigt.“ Drittens: “[.. ] weitere gute Daten würden unsere Zuversicht stärken, dass sich die Inflation nachhaltig in Richtung 2% bewegt.“ Genau das ist mit dem Juni-Inflationsbericht geschehen. Die erste Leitzinssenkung für den Monat September um 0,25 Prozentpunkte (oberes Band von 5,5% auf 5,25%) und insgesamt etwas mehr als 0,5 Prozentpunkte bis Jahresende ist mittlerweile vollständig in den Märkten gepreist.

Positive Implikationen für das Wachstum

Der Inflationsbericht hat positive Implikationen für das Wirtschaftswachstum. Die Indikatoren zum Wachstum enttäuschen seit Anfang Mai. Auffällig ist vor allem der Anstieg der Arbeitslosenrate von 3,4% im ersten Quartal 2023 auf 4,1% im Juni. Das Niveau ist zwar immer noch tief, aber die statistische Eigenschaft der Arbeitslosenrate deutet auf das Risiko von weiteren Anstiegen hin. Ein starker Anstieg der Arbeitslosenrate wäre gleichbedeutend mit einer Rezession. Weil der Inflationsrückgang nun baldige Leitzinssenkungen zulässt, ist die Wahrscheinlichkeit für eine „harte“ Landung (Rezession) zugunsten einer „weichen“ Landung (Inflation in Richtung Zentralbankziel, Wachstum etwas unter dem Durchschnitt) angestiegen. Die Aussicht auf das Szenario „keine Landung“ (Inflation und Leitzinsen bleiben erhöht, aber die Wirtschaft läuft dennoch gut) scheint nun nicht mehr besonders plausibel.

Fazit

Insgesamt ist die Inflationsentwicklung positiv für die Märkte: Der Hauptfeind von Anleihen – die Inflation – sieht nun nicht mehr so bedrohlich aus, die Zuversicht für Leitzinssenkungen hat zugenommen, die positiven Wachstumsimplikation unterstützen die niedrigen Aufschläge für das Kreditrisiko und den Aktienmarkt. Auffällig ist die am Aktienmarkt stattgefundene Rotation von Growth-Titeln zu Value-Titeln. Die Marktpreise reflektieren die zugenommene Zuversicht für eine weiche Landung. Die zugenommen politische Unsicherheit in den USA stellt allerdings einen Wertmutstropfen dar.

Hinweis: Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen

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