Egal ob E-Mail, Suche nach Informationen, Einkaufen, Social Media oder Musik/Video-Streaming: das Internet ist aus unserem Alltag nicht mehr wegzudenken. Aktuelle Ereignisse rund um COVID-19 und dem folgenden sprunghaften Anstieg des Internet-Datenaufkommens (Home-Office, E-Learning, Gaming etc.) haben unsere digitale Abhängigkeit sehr deutlich vor Augen geführt.
Zahlen aus dem jüngsten Bericht der „International Telecommunication Union“ (ITU), einer Sonderorganisation der Vereinten Nationen mit Sitz in Genf, belegen auch das historisch starke Wachstum. So stieg zwischen 2005 und 2019 die globale Zahl der Internet-Nutzer im Schnitt um 10% pro Jahr. Während im Jahr 2005 die globale Verbreitung des Internets in der Bevölkerung bei knapp unter 17% lag, war es 2019 schon knapp 54%.
Das sollte jedoch nicht darüber hinweg täuschen, dass aktuell rund 3,6 Mrd. Menschen keinen (oder nur sehr eingschränkten) Zugang zum Internet haben – also über 46% der Weltbevölkerung.
Dabei gibt es enorme Unterschiede hinsichtlich Regionen und Einkommen: während in entwickelten Ländern knapp 90% der Menschen Zugang zu Internet haben, sind es in den ärmsten Ländern nur knapp 20%. Nach Regionen aufgeteilt ist die Internet-Nutzung in Europa am höchsten und in Afrika und einigen Staaten in Süd-Asien am geringsten (Quelle: ITU).
Internet-Nutzung nach Regionen und Wohlstand
„Digitale Inklusion“, die Möglichkeit zur Teilhabe an der digitalen Welt, unabhängig von Geschlecht, Bildung oder Einkommen stellt daher auch ein Ziel der Vereinten Nationen im Rahmen der Sustainable Development Goals (SDGs) dar. Genau genommen „Ziel 9: Industrie, Innovation und Infrastruktur“, sieht vor „den Zugang zu Informations- und Kommunikationstechnologie erheblich zu erweitern sowie in den am wenigsten entwickelten Ländern einen allgemeinen und erschwinglichen Zugang zum Internet bereitzustellen“ (Quelle: Vereinte Nationen).
Entlegene Gebiete mit geringer Bevölkerungsdichte sind beispielsweise mit konventioneller Telekom-Infrastruktur (Glasfaser- oder Kupferleitungen, Mobilfunk-Netze) sehr schwierig zu erschließen und auf Dauer kaum wirtschaftlich rentabel zu betreiben.
Einige Unternehmen haben es sich daher zum Ziel gesetzt, mit Hilfe neuer Technologie, dieses Problem zu überwinden und unabhängig vom Standort eine globale Versorgung mit Breitband-Internet zu ermöglichen.
Laser statt Funkwellen
Viele neue Lösungsansätze für eine möglichst großflächige Versorgung mit Breitband-Internet wurden durch Fortschritte im Bereich der Übertragungstechnik ermöglicht. Daten-Übertragung über weite Strecken mittels Laser, im Gegensatz zu Funkwellen, bietet beispielsweise deutliche Vorteile hinsichtlich Geschwindigkeit (höhere Bandbreite), Kosten (höhere Energieeffizienz, keine Lizenzen notwendig) sowie Sicherheit („Abhören“ unmöglich). Mynaric zum Beispiel ist ein technologisch führendes Unternehmen in der Herstellung von Laser-Kommunikationsgeräten.
Nach Jahren von Forschung und Entwicklung läuft aktuell die Serien-Fertigung an. Boden-gestützte Laser, angebunden an ein Hochgeschwindigkeits-Glasfasernetz, könnten Daten mit hoher Bandbreite an erdnahe Satelliten (LEO – low-earth-orbit) oder unbemannte Fluggeräte (Ballon, Dronen) weitergeben werden, welche wiederum über Funkwellen (RF – radio-frequency) mit einer Vielzahl von Endgeräten verbunden sind.
Laser-Kommunikation Darstellung
Endgeräte reichen vom klassischen Smartphone oder Laptop zu einer Vielzahl von „Internet of Things“ (IoT) Anwendungen, beispielsweise bei Produktionsbetrieben („Smart Factories“) oder in der Landwirtschaft („Smart Farming“). Eine Fülle von Sensoren, welche bei derartigen Anwendungen zum Einsatz kommen, generiern eine bis dato nie dagewesene Menge an Daten.
Schätzungen gehen davon aus, dass eine „Smart Factory“ bis zu 1 Petabyte (1,000 Terabyte) Daten am Tag generieren könnte (Quelle: Intel) – das wären ungefähr 1 Mrd. Minuten Musik im mp3-Format oder 160 Millionen E-Books).
Die Fluggeräte, wenn auch untereinander mittels Laser verbunden, können auf diesem Weg weite Distanzen überbrücken und daher auch entlegenste Regionen mit Breitband-Internet versorgen.
The new space race
Softbank – „HAPS“
„HAPS“ („High Altitude Platform Station“) beschreibt ein unbemanntes Flugobjekt mit einer Flugelspannweite von 78 Metern, welches, in einer Höhe von rund 20 Kilometern und mit einer Geschwindigkeit von rund 110 km/h über einem Ziel kreisend, ein Gebiet in einem Radius von rund 200 Kilometern mit Daten versorgen könnte.
Schichten der Atmosphäre
Die 10 Propeller werden über Solarpanele, welche sich an der Oberseite der Flügel befinden, mit Energie versorgt. Die Datenübertragung zwischen Basis-Station am Boden und Fluggerät, genauso wie die Verbindung mehrerer Fluggeräte untereinander, könnte mittels Laser über weite Distanzen ermöglicht werden.
Unter guten Bedingungen – in der Stratosphäre herrscht üblicherweise eine nur sehr geringe Windgeschwindigkeit – könnte der Hawk 30 bis zu 7 Monate ohne Unterbrechung im Einsatz sein (Quelle: Softbank).
HAWK 30
Alphabet – „Loon“
Einen etwas anderen Weg schlägt die Alphabet-Tochter „Loon“ ein: statt Flugzeugen werden mit Helium gefüllte Ballons verwendet an deren Ende Solar-Panele sowie das Equipment für die Datenübertragungen hängen. Die rund 12 Meter hohen sowie 15 Meter breiten Ballons steigen (genau wie der „HAPS“ Gleiter) auf eine Höhe von rund 20 Kilometern über dem Erdboden. Ein Algorithmus nützt durch gezieltes Auf- und Absteigen Änderungen bei Windströmungen um autonom über einen definierten Gebiet stationiert zu bleiben.
Ballon und mobile Startplattform
Die Reichweite für die Datenversorgung eines Ballons wird von Alphabet mit rund 40 Kilometern angegben. Jedoch besteht auch hier die Möglichkeit mehrere Ballons mittels Laser zu verbinden – entsprechende Tests wurden bereits erfolgreich absolviert.
Über eine Distanz von 100 Kilometern konnte eine Laser-Verbindung zwischen zwei Ballons über Stunden unterbrechungsfrei und mit sehr hoher Bandbreite (155 Mbit/s) aufrecht erhalten werden.
Die Ballons kamen auch bereits bei Katastrophen erfolgreich zum Einsatz z.B. im Oktober 2017 in Puerto Rico um nach dem Hurrican „Maria“ rasch eine Mobilfunk-Notversorgung für Hilfskräfte und Betroffene errichten zu können (Quelle: Loon).
SpaceX – „Starlink“
Den technisch vermutlich anspruchsvollsten Weg geht das private US-Raumfahrtunternehmen SpaceX: ein Netzwerk von hunderten erdnaher Satelliten (LEO – low-earth-orbit) soll in einer Höhe von rund 550 Kilometern die gesamte Erde abdecken.
Während geostationäre Satelliten (GEO – geostationary earth orbiter) sich in Umlaufbahnen in einer Höhe von rund 36,000 Kilometern synchron zur Erde bewegen, ermöglichen erdnahe Satelliten aufgrund der geringeren zurückzulegenden Distanz der Funkwellen eine deutlich schnellere Kommunikation.
SpaceX – Falcon 9 Trägerrakete
Im Moment befinden sich 538 „Starlink“ Satelliten im Orbit – die erste Ausbaustufe (geplant Ende 2021) sieht 1.584 Satelliten vor. Die rund 260 kg schweren Satelliten sind eine Eigenentwicklung von SpaceX, ebenso wie die Falcon 9 Trägerraketen, welche die Satelliten in die Erdumlaufbahn befördert.
Gegen Ende des Jahres ist weiters geplant, alle Satelliten mit Laser-Kommunikationsgeräten auszustatten, um einen schnellen Datenaustausch im Satelliten-Netzwerk zu ermöglichen. Die Kommunikation der Satelliten mit den Endgeräten am Boden erfolgt wiederum über Funkwellen. (Quelle: SpaceX).
Fazit:
Digitalisierung zählt zu einem der Megatrends im ERSTE FUTURE INVEST. Die COVID-19 Krise hat diesen Trend noch weiter beschleunigt, sei es im Bereich E-Commerce, E-Learning oder durch Cloud- und Streaming-Anwendungen. Gefragter denn je sind daher auch kreative technische Lösungen um die „digitale Kluft“ zwischen Ländern zu schließen und „Internet für Alle“ Wirklichkeit werden zu lassen.
INFO:
Der ERSTE FUTURE INVEST ist ein aktiv gemanagter, globaler Aktienfonds, der in Megatrends („zukunftsträchtige“ Themen) investiert. Im Zuge der Titelselektion werden Aktien ausgewählt, die einem oder mehreren der folgenden Trends zugeordnet sind: Gesundheit und Vorsorge, Lebensstil, Technologie und Innovation, Umwelt und saubere Energie sowie aufstrebende Märkte.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.