Was ist seit gestern passiert?
Ansteigender Ölpreis
Auf den Märkten war gestern vor allem der Anstieg des Ölpreises um rund 20% auf US Dollar 30 pro Fass (Marke: Brent) bemerkenswert. Diese Entwicklung hat jedoch (leider) nichts mit einer etwaigen absehbaren Erholung der Wirtschaft nach dem aktuellen großen Einbruch zu tun.
Der Auslöser dafür war ein Tweet von Präsident Donald Trump, der die Hoffnung auf Produktionskürzungen nährte. Die OPEC+ Ölallianz bestehend aus der OPEC und Russland ist im vergangenen Monat kollabiert.
Das hat unter anderem eine Aufhebung der Produktionsbeschränkungen bedeutet. Der Rohölpreis ist in den Keller gefallen und hatte zwischenzeitlich den niedrigsten Wert seit 2002 erreicht. Dieser Ölpreisschock ist zwar im Vergleich zur Ausbreitung des Coronavirus nur eine Kleinigkeit, bedeutet aber für manche Unternehmen wie Schieferölunternehmen in den USA existenzielle Problem und für manche Länder eine mögliche Herabstufung der Kreditwürdigkeit.
Kurz nach dem Tweet von Präsident Trump hat Saudi Arabien die Einberufung einer Dringlichkeitssitzung angekündigt. Man darf gespannt sein. Die Bildung eines neuen Oligopols, bestehend aus den USA, Russland und der OPEC wäre keine leichte Sache. Sozusagen OPEC 3.0. Man darf gespannt sein.
Selbst im Fall von Produktionskürzungen – im Trump Tweet war von 10 bis 15 Millionen Fass zu lesen – wäre ein Anstieg des Ölpreises keine ausgemachte Sache. Denn der Kollaps der Ölpreisnachfrage aufgrund der Maßnahmen zur Eindämmung der Ausbreitung des Coronavirus ist enorm. Manche Schätzungen belaufen sich bei rund einem Drittel des gesamten täglichen Produktionsvolumens von rund 80.000 Millionen Fass.
Auf der Seite Wirtschaftsindikatoren werden die Schätzungen für einen Einbruch der wirtschaftlichen Aktivität bestätigt. Die OECD geht von einem Rückgang des Bruttoinlandsproduktes als Reaktion auf die Eindämmungsmaßnahmen von 20% bis 25% aus. In den USA haben in den vergangenen zwei Wochen rund 10 Millionen Beschäftigte einen Antrag auf Arbeitslosenunterstützung gestellt. Für die Arbeitslosenrate würde das einen sprunghaften Anstieg auf rund 10% bedeuten.
Im Februar betrug sie noch lediglich 3,5%. Positiv betrachtet nimmt die Unsicherheit hinsichtlich des Ausmaßes des wirtschaftlichen Einbruchs ab. Jetzt geht es darum ein realistisches Szenario für die Dauer des Einbruchs sowie mögliche Sekundärrundeneffekte zu zeichnen. Letzteres beschreibt unter anderem, wie schnell die Arbeitslosenrate nach der Aufhebung der Eindämmungsmaßnahmen fällt.
Was werden wir in den kommenden Wochen beobachten?
Wie schon öfter angesprochen, wirken zur Zeit zwei große Kräfte auf die Kapitalmärkte. Einerseits die Eindämmungsmaßnahmen und deren wirtschaftliche Folgen und andererseits die raschen sowie starken Reaktionen der Regierungen (Fiskalpolitik) und der Notenbanken (Geldpolitik).
Wir gehen weiter von der Grundannahme aus, dass sich die Märkte nachhaltig stabilisieren werden, sobald die Eindämmungsmaßnahmen zu greifen beginnen, die wirtschaftlichen Folgen abschätzbarer werden und die Fiskal- und Geldpolitischen Instrumente zu arbeiten beginnen.
In allen dreien dieser Elemente haben wir in den letzten Tagen mehr Gewissheit bekommen. Die nun laufend eintreffenden Zahlen sehen dramatisch aus, Märkte reagieren aber nur noch teilweise darauf. Die Unsicherheit geht langsam zurück. Die Volatilität wird erhöht bleiben.
Unser Dossier zum Thema Coronavirus mit Analysen: https://blog.de.erste-am.com/dossier/coronavirus/
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.