In der Türkei stehen am kommenden Wochenende Wahlen an. In einem vorgezogenen Urnengang werden am 24. Juni erstmals das Parlament und der Präsident des Landes gleichzeitig gewählt. Laut Umfragen ist dabei der Zustand der türkischen Wirtschaft eines der wichtigsten Themen für die Wähler. In den vergangenen Wochen hat das Land ein eher gemischtes Bild geboten.
Positiv fielen zuletzt die Zahlen zum Wirtschaftswachstum aus. Dieses hat im ersten Quartal 2018 verglichen mit dem Vorjahreszeitraum um 7,4 Prozent zugelegt. Zudem ist die Arbeitslosigkeit in der Türkei im Zeitraum von Februar bis April auf 10,1 Prozent gesunken und befindet sich damit auf dem niedrigsten Stand seit rund zwei Jahren.
Schwache Lira und hohe Inflation setzen die Notenbank unter Zugzwang
Zu schaffen macht dem Land dagegen die schwache Lira. Sowohl zum Euro als auch zum US-Dollar befindet sich die türkische Währung bereits seit längerem auf Talfahrt. Seit Jahresbeginn hat sie gegenüber dem Euro rund 20 Prozent und gegenüber dem US-Dollar nahezu 25 Prozent ihres Werts eingebüßt. Besonders steil ging es im Mai bergab, nachdem der amtierende Staatspräsident Recep Tayyip Erdogan in einem TV-Interview für den Fall seines Wahlsiegs eine stärkere Kontrolle über die türkische Notenbank in Aussicht gestellt hatte. Im Anschluss daran erreichte die Talfahrt ihren Höhepunkt: Am 23. Mai stieg der Dollar gegenüber der türkischen Lira um 5,4 Prozent auf ein Rekordhoch bei 4,9290 Lira, der Euro sprang am selben Tag auf fast 5,77 Lira nach oben.*
Der starke Verfall der Lira zwang die türkischen Währungshüter zu einer Krisensitzung, nach der die Leitzinsen deutlich von 13,5 auf 16,5 Prozent angehoben wurden. Der Abwärtstrend konnte jedoch nur kurzzeitig gestoppt werden. Dementsprechend reagierte die Notenbank bei ihrer regulären Sitzung am 7. Juni erneut und schraubte den Leitzinssatz um weitere 1,25 Punkte auf nun 17,75 Prozent nach oben. Damit konnte sie eine weitere Talfahrt der Lira vorerst verhindern. Am Donnerstagmittag stand der US-Dollar bei rund 4,75 Lira und der Euro notierte bei rund 5,5 Lira.
Die schwache Lira ist für die Türkei insofern ein Problem, als sie importierte Waren deutlich teurer macht und so die Inflation befeuert. Im Mai legte die Inflationsrate laut Angaben des türkischen Statistikamts um 12,15 Prozent zu und stieg damit auf ihren höchsten Stand seit November. Im April lag die Teuerung mit 10,85 Prozent noch deutlich tiefer. Darüber hinaus hat sich das Staatsdefizit des Landes deutlich ausgeweitet. In den ersten fünf Monaten des Jahres ist dieses um 78 Prozent auf umgerechnet 3,7 Mrd. Euro angewachsen. Diese Schieflage bei Währung und Teuerung schlägt sich außerdem im Verbrauchervertrauen der Türkei nieder. So hat das entsprechende Barometer der Statistikbehörde Tüik im Mai um 2,8 Prozent Punkte gegenüber April nachgegeben.
Rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein zuverlässiger Indikator für künftige Entwicklungen.
*Stand für alle Daten: 21.06.2018