Vor genau 20 Jahren, am 11. September 2001, wurden die USA von den schlimmsten Terroranschlägen ihrer Geschichte erschüttert: An diesem Tag hatten islamistische Terroristen drei gekaperte Flugzeuge in das ikonische World Trade Center in New York und das Pentagon bei Washington gesteuert. Ein weiteres entführtes Flugzeug stürzte in Pennsylvania ab. Den Anschlägen fielen etwa 3.000 Menschen zum Opfer.
Die ganze Welt stand in Schock und wurde vor den Fernsehapparaten Zeuge, wie beim Einsturz der beiden ikonischen Türme des World Trade Center unzählige Menschen tragisch ums Leben kamen. Kriegsähnliche Bilder kamen direkt aus einem Zentrum der westlichen Welt. Zwischen dem Treffer des ersten und dem Einsturz des zweiten Turms lagen 102 Minuten. Gut eineinhalb Stunden, in denen auch das Gefühl vermeintlicher Sicherheit im Westen nachhaltig beschädigt wurde.
Terroranschläge lösten Panik auch an den Börsen aus
An den Börsen lösten die Anschläge des sogenannten „Nine Eleven“ zunächst Panikstimmung aus. Der deutsche Aktienindex DAX büßte am Tag der Terroranschläge 11,4 Prozent ein, der britische FTSE verlor fast sechs Prozent. Vor allem die Aktien von Fluggesellschaften und Versicherungen verzeichneten weltweit Kurseinbrüche. So verloren Aktien der Lufthansa bis zu 23 Prozent an Wert. Titel der Münchener Rück stürzten um mehr als zehn Prozent ab. Im zutiefst geschockten New York selbst wurde der Handel erst gar nicht eröffnet, die US-Börsenaufsicht SEC hatte sämtliche Börsen in den USA geschlossen.
Auch die Realwirtschaft trafen die Anschläge in einem ohnedies angeschlagenen Zustand zusätzlich hart. Nach einem zehn Jahre dauernden Wirtschaftsboom, war die US-Wirtschaft bereits im dritten Quartal geschrumpft. Mit den Terroranschlägen wurde nun ein noch schwächeres viertes Quartal und damit definitionsgemäß ein Abrutschen in die Rezession befürchtet.
Dafür sprachen direkte wirtschaftliche Auswirkungen, wie etwa der zeitweise Stillstand des Flugverkehrs, aber auch die rasante Talfahrt der Verbraucherstimmung unter dem Eindruck der Terroranschläge. Der vom Forschungsinstitut Conference Board ermittelte Index der Verbraucherstimmung lag im August noch bei 114,3 Punkten, nach den Anschlägen rasselte der Index bis November auf 82,2 Punkte und damit den ein Siebenjahrestief. Die US-Wirtschaft ist besonders stark vom Konsum im Inland abhängig, eine schwache Verbraucherstimmung ist daher ein unheilvolles Omen für die Wirtschaftsentwicklung in den USA. Auch für andere wichtige Wirtschaftsräume wie Europa und Japan wurde damals eine Rezession befürchtet.
Drohende Rezession abgewendet
In Folge erholten sich Verbraucherstimmung und Wirtschaft in den USA aber im vierten Quartal rasch und die Rezession wurde abgewendet. Und auch die US-Börsen legten nach Dreijahrestiefs im September im weiteren Jahresverlauf noch deutlich zu. Insgesamt dürften die Terroranschläge das Land im Jahr 2001 nur 0,5 Prozentpunkte Wachstum gekostet haben, geht aus einer Studie des US-Ministeriums für Innere Sicherheit („Homeland Security“) zu den wirtschaftlichen Folgen von 9/11 hervor. Während die durchschnittliche Prognose für das BIP-Wachstum 2001 knapp vor den Anschlägen noch bei 1,6 Prozent lag, fiel dieser Konsensus-Wert danach auf 1,1 Prozent. Aus der Differenz könne indirekt auf den Einfluss der Anschläge geschlossen werden, so die Studie.
Auch die Folgejahre waren von einer Erholung von Wirtschaft und Börsen geprägt: Das US-BIP wuchs angetrieben von einer deutlichen Erholung der Dienstleistungsindustrie im Jahr 2002 um 2,4 Prozent, im Folgejahr sogar um 3,1 Prozent. Die zunehmende konjunkturelle Belebung schlug sich allerdings nicht auf den Arbeitsmarkt nieder – ein Phänomen, das als „Jobless Growth“ bekannt ist. Bis Mitte 2003 kletterte die Arbeitslosenquote auf über sechs Prozent. Die US-Wirtschaft ist mit ihrem Fokus auf Inlandsnachfrage auch stark auf einen soliden Arbeitsmarkt angewiesen.
US-Präsident Bush reagierte mit Vergeltungsschlägen
Noch deutlich schwerer als die wirtschaftlichen waren allerdings die außenpolitischen Nachwehen der Terroranschläge. Der damalige US-Präsident George W. Bush hatte in Reaktion auf die Anschläge mehrere Vergeltungsschläge folgen lassen: Auf den Einmarsch in Afghanistan, wo die Taliban Al-Kaida Unterschlupf gewährt hatten, folgte 2003 der Einmarsch im Irak. Doch auch in zahlreichen weiteren Ländern schlugen die US-Streitkräfte mit ihren Drohnen zu, etwa in Pakistan, Somalia und im Jemen.
Die Bilanz: Einen weiteren Anschlag wie den vom 11. September haben die USA nicht mehr erlitten, Al-Kaida-Chef Osama bin Laden wurde 2011 in Pakistan von US-Elitesoldaten erschossen, der irakische Diktator Saddam Hussein wurde gestürzt und hingerichtet, und in Afghanistan wurden Wahlen und Frauenrechte eingeführt.
Doch die USA wurden im Laufe der Jahre kriegsmüde. Während Präsident Barack Obama die US-Truppen 2011 aus dem Irak abzog, vereinbarte sein Nachfolger Donald Trump 2020 mit den Taliban einen vollständigen Truppenabzug aus Afghanistan. Den vollzog schließlich sein Nachfolger Joe Biden. Mittlerweile haben in Afghanistan wieder die militant-islamistischen Taliban die Macht übernommen. Afghanistans neue Regierung wird am Samstag angelobt, und damit genau zum 20. Jahrestag der Anschläge.
Biden will sich stärker auf Herausforderung China konzentrieren
„Wir kommen jetzt am Ende eines strategischen Zyklus an, und es schließt sich eine Klammer, in welcher der internationale Jihadismus der einzige erklärte Feind war“, glaubt der französische Politikwissenschaftler Elie Tenenbaum. Der strategische Wettbewerb zwischen den Großmächten dürfte nun wieder verstärkt im Fokus stehen.
Der frühere Nationale Sicherheitsberater John Bolton warnte zwar kürzlich, dass Afghanistan wieder ein „Rückzugsort“ für Terrorgruppen werden könnte. US-Präsident Biden will aber 20 Jahre nach den Anschlägen eine neue Linie einschlagen. Die Außen- und Sicherheitspolitik der USA soll sich künftig stärker auf andere Regionen konzentrieren, insbesondere auf das aufstrebende China, das inzwischen als größte geopolitische Herausforderung angesehen wird.
Wichtige rechtliche Hinweise:
Prognosen sind kein verlässlicher Indikator für künftige Wertentwicklungen.